Vom Größenwahn: Pommes a la Heston Blumenthal, Burger mit Lachs und mit Weißwurst

„Ich hab gesagt, ich mach‘ die Heston-Blumenthal-Pommes!“ – Stille, Grillenzirpen im Hintergrund, eine verdörrte Steppenhexe rollt durch’s Bild. ich blicke mit hochgezogener Augenbraue in die (imaginäre) Kamera. Der bEdW hatte sich in den Kopf gesetzt, in unserer Küche gemeinsam mit Kollegen ein paar besondere Burger zu kredenzen. Und weil sich Kollege A. komplett um die Burger kümmern würde, macht der bEdW eben die Pommes. Logisch, oder? Einzige Schwierigkeit: wir frittieren so gut wie nie! Wir haben auch noch nie Pommes selbst zubereitet! Aber wir machen gleich mal die triple-cooked Chips von 3-Sterne-Koch und Küchengott Heston Blumenthal! Aber bei allem Größenwahn: Das waren (für mich) die besten Pommes EVER!

Wir machen nicht einfach Pommes. Wir machen DIE Pommes!

Mit „Heston Blumenthal at home“ hat Küchenmagier B. ein Kochbuch für die gepflegte Alltagsküche herausgebracht (Link führt zu meiner Buchvorstellung). Von Shrimpcocktail über Shepherd’s Pie bis Rinderfond werden mehr oder weniger alltägliche Gerichte für ambitionierte Hobbyköche nach Blumenthal-Manier so aufbereitet, dass sie die geniale Handschrift des Meisters tragen. Eben alles noch ein bisschen besser, aufwendiger, köstlicher – mit einer Prise irrem Alchemistenkichern im Hinterkopf! Nicht fehlen darf das „Signature dish“, die triple-cooked Chips. Denn diese dreifach zubereiteten Pommes waren eines der ersten Gerichte, mit denen Blumenthal bekannt wurde. Plötzlich war so etwas Profanes wie Pommes (engl.: Chips) auf Sterneniveau. Und endlich hatten wir Gelegenheit, sie selber mal zuzubereiten. Vor Publikum sozusagen. Nicht etwa erstmal nur für uns zwei, quasi zum Ausprobieren. Nö, das wäre ja keine Herausforderung!

Blumenthal Pommes dreifach zubereitet Rezept Foodblog

Die Zubereitung ist kein Spaziergang. Am besten fängst Du am Vortrag an. Aber der Aufwand lohnt sich. Denn Du wirst mit wahnsinnig knusprigen (außen!) und unfassbarsaftigen (innen) Pommes belohnt, die Du besser an keiner Fish-and-Chips-Bude und in keinem Imbiss serviert bekommst. Versprochen!

Die 3 Geheimnisse der Blumenthal-Pommes

Das Sympathische an Meister Heston: Er erklärt Dir die Zusammenhänge und Vorgänge in seiner Zauberküche. Warum er was wie und weshalb tut. Und an diesen Ergebnissen seiner teils jahrelangen Herumprobiererei lässt er uns eben teilhaben. Alleine dafür könnte ich ihn knutschen! Also teilt er auch die Geheimnisse seiner Pommes-Zubereitung:

  1. Nimm die mehligste Kartoffelsorte, die Du kriegen kannst: So wird die Oberfläche fast glas-artig und das Innere schön soft!
  2. Koch‘ die geschälten und in Stücke geschnittenen Kartoffeln so lange, bis sie fast (!) auseinander fallen. Dadurhc bricht die Oberfläche auf und das Frittierfett haftet besser für super knusprige Pommes!
  3. Friere die abgekühlten, gekochten Kartoffeln mindestens eine Stunde lang ein. Wiederhole den Vorgang nach dem ersten Frittieren. So entweicht möglichst viel Feuchtigkeit für ein NOCH knusprigeres Ergebnis.

Natürlich erklärt Blumenthal auch sehr genau, welche chemischen Reaktionen in der Kartoffel beim Kochen stattfinden. Aber ich will Euch nicht mit Chemie langweilen. Nur so viel: Das Buch ist ein absolutes Aha-Erlebnis für alle Kochbegeisterten. Hätte mein Chemie-Lehrer damals so mit mir geredet, hätte ich vermutlich mehr Punkte in seinem Fach erhalten. Just sayin‘!

Aber Schritt für Schritt:

Rezept für Heston’s triple-cooked Chips:

Zutaten:

  • 1 kg mehlig kochende Kartoffeln, geschält und in Deine Lieblings-Pommesform geschnitten
  • Grobes Salz
  • Frittieröl (z.B. neutrales Pflanzenöl wie Sonnenblumen-, Ernuss- oder Rapsöl. Wichtig: Es muss sehr heiß werden können und möglichst geschmacksneutral sein. KEIN Olivenöl!!)

Zubehör:

Großer Topf zum Kochen bzw. später zum Frittieren der Kartoffeln (alternativ Fritteuse!); Schaumkelle, Küchenrolle, Blech oder Brett zum Einfrieren, Küchenthermometer.

Zubereitungszeit:

Vorbereitung der Kartoffeln ca. 20 min; Kochen: ca. 15-20 min (je nach Kartoffelsorte!); Frittieren: jeweils rund 5-7 Minuten; Zwischenzeitlich mindestens 1 Std. einfrieren! Tipp: Du kannst nach dem ersten Frittieren die Kartoffeln auch bis zu drei Tage im Gefrierer lassen. Die Pommes lassen sich also gut vorbereiten!

So geht’s:

  1. Kartoffeln schälen und in etwa fingerdicke Stücke schneiden.
  2. Unter fließendem Wasser möglichst viel von der Stärke abspülen.
  3. Kartoffelstücke in einen großen Topf mit mindestens 2 l Wasser geben und bei mittlerer Hitze so lange kochen, bis sie fast auseinanderfallen – das dauert je nach Kartoffelsorte etwa 20 Minuten!
  4. Mit einem Schaumlöffel die Kartoffeln vorsichtig (sie zerbrechen leicht!) herausheben und auf einem Gitter abtropfen und abkühlen lassen.
  5. Die abgekühlten Kartoffelstücke frierst Du jetzt mindestens eine Stunde im Gefrierfach ein – notfalls länger.
  6. In einem großen Topf (oder in Deiner Fritteuse, falls Du eine hast) etwa 10 cm Öl (max. die Hälfte des Topfes!) auf 130 Grad erhitzen.
  7. Die Kartoffelstücke jetzt in kleinen Portionen frittieren, bis sie hellbraun und leicht knusprig sind. Das dauert etwa 5-6 Minuten.
  8. Jede Portion herausnehmen und auf Küchenrolle abtropfen lassen.
  9. Wenn Du alle Pommes frittiert hast, lässt Du sie wieder abkühlen, legst sie auf ein Blech oder Tablett und frierst sie für eine weitere Stunde ein.
  10. Du kannst sie jetzt maximal drei Tage im Gefrierfach lassen.
  11. Vor dem Servieren erhitzt Du wieder ausreichend Öl in Deinem Topf – diesmal auf 180 Grad!
  12. Jetzt frittierst Du die Pommes erneut portionsweise, bis sie die gewünschte Farbe haben – das dauert etwa 6-7 Minute.
  13. Auf Küchenrolle abtropfen lassen und salzen. Fertig!
Blumenthal Pommes Rezept Foodblog German Abendbrot
Weg wie nix: Pommes a la Heston Blumenthal!

Und was ist mit den Burgern? Der Fisherman’s Friend:

Die Pommes gab’s quasi zur Vorspeise, wenn ich es richtig im Kopf habe – oder als Zwischengang. Denn alle Komponenten gleichzeitig zuzubereiten, hätte die Kapazitäten unserer Küche komplett überfordert. Glücklicherweise war noch Grill-Wetter, so dass A. die Lachsfilets für den köstlichen Lachs-Burger auf Holzplanken auf dem Grill zubereiten konnte. Die Weißwurst-Patties für den Weißwurst-Burger gab’s dann aus der Pfanne, was dem Genuss keinen Abbruch tat. Aber der Reihe nach:

Lachs Burger Pumpernickel
Lachs-Burger mit Pumpernickel-Crumble, Honig-Dill-Mayonnaise und Gurkenrelish

Das Rezept für den Lachsburger aka „Fisherman’s Friend“ stammt aus dem Kochbuch „Burger: Homemade Fast Food“ von Oliver Brachat. Hieraus stammt auch das Rezept für die köstlich hausgemachten Buns. Du kannst aber auch diese Buns dafür verwenden.

Für den Lachs-Burger bereitest Du zuerst das süßlich-herzhafte Pumpernickel-Crumble zu. Dafür zerbröselst Du Pumpernickel und brätst ihn in einer Pfanne mit Butter an. Mit Puderzucker bestäubt lässt Du ihn vorsichtig karamellisieren und anschließend auf Küchenkrepp abtropfen. Für die Honig-Dill-Mayo, die unbedingt zum Rezept gehört, kannst Du eine Basis-Mayonnaise (oder die Ei-freie Variante) mit fein gehacktem Dill, 4 TL flüssigem Honig und 6 TL mittelscharfem Senf verfeinern. Für das Gurkenrelish würfelst Du Gewürzgurken und Zwiebeln sehr fein, vermischst beides mit Salz und lässt die Mischung drei Stunden ziehen – idealerweise in einem Sieb, so dass die Flüssigkeit gleich abtropfen kann. Anschließend bringst Du etwas Gurkenwasser, Zucker, Senfsaat und Kurkuma sowie die Gurken-Zwiebel-Mischung zum Kochen und lässt das Relish etwas einreduzieren. Zum Schluss schmeckst Du mit Weißweinessig ab und gibst gehackten Dill darunter. Abkühlen lassen, fertig!

Das Lachsfilet (etwa 150 gr pro Portion; ohne Haut) würzt Du mit Salz und Pfeffer. Jetzt kannst Du ihn entweder auf dem Grill (auf gewässerten Holzplanken!) oder in der Pfanne mit Butter glasig braten. Währendessen bestreichst Du die Buns mit etwas Butter und erhitzt sie noch mal in einer zweiten Pfanne, indem Du sie „auf dem Gesicht“ kurz anröstest. Danach streichst Du auf jede Hälfte etwas von der Honig-Dill-Mayo, gibst ein Blatt Eichblattsalat darauf und etwas Gurken-Relish (oder Du nimmst dieses Relish hier). Den Lachs aus der Pfanne nehmen, auf Küchenpapier abtropfen lassen und auf den Burger legen. Mit Pumpernickel-Crumble und noch mehr von der Mayonnaise garniert servieren!

Saftig, süßlich-herzhaft – Hammer! Ich bin gar kein Lachs-Fan. Aber dieser Burger dürfte mir gerne öfter serviert werden!

Der Saupreis: Weißwurst – Rotkohl – Laugenbrötchen!

Aber Pommes und Lachsburger machen gestandene Mannsbilder und mich ja noch nicht satt! Deshalb gab es eine zweite feine Burger-Variante, die A. komplett vorbereitet hatte. Was für ein Luxus! Das Rezept stammt aus „Burger unser“ aus dem Callwey-Verlag.

Saupreiss Burger Weißwurst Rotkohl Laugenbrötchen Rezept Foodblog German Abendbrot
Der Saupreiss mit Laugensemmel, Rotkohl-Relish, Radieschen, Kresse und Weißwurst-Patty!

Entwarnung! Wer an Laugengebäck ähnlich verzweifelt wie ich, darf natürlich Laugenbrötchen als Buns kaufen. Du musst Dir das Leben nicht unnötig schwer machen.

Für das Weißwurst-Patty pellst Du 3-4 Weißwürste und hackst das Brät. Anschließend vermischst Du es mit 200 gr Schweinehackfleisch und etwa 50 gr Geflügelfarce oder Wurstbrät. Jeweils 1/4 Bund Schnittlauch, Kerbel und glatte Petersilie werden sehr fein gehackt. Mit schwarzem Pfeffer und Meersalz gut vermischt und in Form gebracht, brätst Du die Patties auf dem Grill oder in der Pfanne (mit etwas Öl!) außen schön knusprig, innen saftig.

Für das Rotkohl-Relish schneidest Du 1/4 Kohlkopf in feine Streifen. In einem Topf bringst Du Rohrzucker, Honig, Piment, Lorbeer, Knoblauch, Chili und Meersalz leicht zum Karamleisieren. Mit Balsamessig und Apfelsaft löschst Du alles ab und lässt das Ganze auf die Hälfte einreduzieren. Orangenzeste, Zitronensaft und etwas Rapsöl hinzugeben. Alles durch ein Sieb passieren und über die Rotkohlstreifen gießen. Einarbeiten und mindestens über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen. Vor dem Servieren herausnehmen und erwärmen.

Zum Servieren schneidest Du die Laugensemmeln auf und erhitzt sie kurz in der Pfanne in etwas gesalzener Butter. Mit Honigsenf bestreichen und das Weißwurst-Patty darauflegen. Jetzt mit dem Rotkohl-Relish, feinen Radieschenscheiben und Kresse garnierene und servieren.

Einen herzlichen Dank an die Kollegen des bEdW für diesen herzhaft-köstlichen Burger-Pommes-Abend! Es war uns ein Fest, das hoffentlich bald wiederholt wird! Wir können jetzt auch Pommes 🙂

Was es übrigens zu essen gibt, wenn man bei Heston Blumenthal im 3-Sterne-Restaurant „The Fat Duck“ isst, habe ich Euch Gang für Gang hier dokumentiert.

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  1. Thecookingknitter says:

    Klingt fantastisch!

    1. Julia Author says:

      Ja, es war echt ein toller Abend!

  2. na, das war aber ein Aufwand! Wobei mein „Alchemisten“ Gehirn etwas die Stirne runzelt ob der vorgekochten Kartoffeln, sorgt doch der Trick mit dem roh fritieren für bessere Verdaulichkeit der Kartoffel-Proteine. Aber phänomenale Geschmack ist einfach ein unschlagbares Argument….

    1. Julia Author says:

      Ich würde den vollen Magen und das Völlegefühl nach diesem Abend jetzt nicht zwingend auf die Kartoffelproteine schieben 😉 Aber natürlich stimmt, was Du sagst: Was schmeckt, hat recht!

  3. Heston ist halt einfach der Beste.

    Seine Pommes habe ich auch schon so gemacht. Ein Traum. Auch wenn ich den Aufwand nicht immer haben muss für meine Pommes. Da tun es dann auch ab und an die Kartoffelschnitze aus dem Ofen 😉

    1. Julia Author says:

      Stimmt! Bei Dir hatte ich sie, glaube ich, auch schon mal gesehen. Der Aufwand ist schon etwas größer. Aber das Ergebnis war echt umwerfend. Vor allem, wenn man auch kapiert, WARUM man den Aufwand betreibt. Ich habe hier glücklicherweise einen tollen Currywurst-Laden mit super Pommes um die Ecke. Falls ich also mal Bock auf Pommes kriege, gehe ich einfach schnell dorthin. Noch unkomplizierter geht es nicht!

  4. Ein Wort: gespeichert! Schade, dass gerade nur festkochende Kartoffeln da sind. Nach deinen Hymnen setze ich jetzt fest auf mehr Erfolg als mit der Slow-Frying-Variante von Robuchon…

    Herzlich:
    Charlotte

  5. Wahrlich echte Meisterwerke – und Meister am Werk.

    1. Julia Author says:

      Das geht nur mit der richtigen moralischen Unterstützung! 🙂

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