Wirtshausgulasch für die Eisheiligen

Eisig ist’s! Während der Regen an meine Scheiben klopft, sich vorm Fenster die Pflanzen im Sturm biegen und ich mir schnell mal Socken an die Füße ziehe, wärmt ein herrliches Wirtshausgulasch auf, das wir vor einigen Wochen gekocht und eingefroren haben. Ihr friert auch gerade dank der Eisheiligen? Dann macht Euch so ein wunderbar warmes, saftiges Gulasch und dreht der Kalten Sophie eine lange Nase!

With a little help from my Austrian friends

Das allerköstlichste original Wiener Wirtshausgulasch haben der bEdW und ich – natürlich! – in Wien gegessen. Am Vorabend einer Hochzeit haben wir am Abend eines brüllend heißen Tages vor zwei Jahren den Tipp der Wiener Bloggerin Susi aka „Turbohausfrau“ befolgt und sind im Restaurant „Rebhuhn“ im 9. Bezirk, schräg gegenüber vom Freud-Museum, eingekehrt. Das Wirtshausgulasch gab es damals dort als Vorspeisenportion, die wir uns geteilt (!) haben, um noch Platz für ein echtes Wiener Schnitzel zu haben (wir sind solche Food-Touristen!).

Das Wirtshausgulasch im 9. Wiener Bezirk im Abendlicht.

Was soll ich sagen? Beides war unfassbar köstlich uns seit jeher die Benchmark für original Wiener Wirtschausgulasch bzw. Schnitzel. Das Schnitzel haben wir längst in unser Küchenrepertoir aufgenommen. Aber an das Wirtshausgulasch haben wir uns jetzt erst herangetraut. Und auch wenn die Zubereitung viel Zeit in Anspruch nimmt: Es ist jede Minute wert! Und Ihr fühlt Euch direkt nach Wien versetzt. Versprochen!

Zwischen Jugendstil und Bürokratie-Irrsinn: Wien!

Wiener Wirtshausgulasch: Rezepte und Tipps

Die wunderbare Welt der Food-Blogger spült mir immer wieder ebenso wunderbare Bloggerinnen in die Timeline, die mit ihrem Schmäh und ihrem Obers, Germ, Kren und Powidltatschkerln ein bisschen Alpenfeeling ins heimische Wiesbaden bringen und das Fernweh stillen, wenn man wie aktuell wegen Corona nicht reisen kann. Neben Susi Turbohausfrau freue ich mich ganz besonders, dass ich Claudia aka Geschmeidige Köstlichkeiten in Salzburg kennen (und lieben) lernen durfte. Unser Besuch in Salzburg unter ihrer fach- und genusskundigen Führung müssen wir dringend wiederholen – nicht nur wegen der original Mozartkugeln! Sina aka Giftige Blonde ist eine echte Institution. Sarah aka Gaumenpoesie verführt mit wunderschönen Fotos und feinsten Rezepten. Und Susanne aka Ziiii kocht hat sogar ein ganzes Kochbuch mit Wiener Wirtshausküche veröffentlicht!

Gegen akute Wien-Sehnsucht helfen Fotos – und ein Wirtshausgulasch!

Wie sehr ich es liebe, meinen Horizont und meine Küchenfähigkeiten zu erweitern! Dafür ist dieses Internet eine wunderbare Inspiration! So bin ich auch bei Sarah und Susanne fündig geworden auf meiner Suche nach passenden Rezepten. Denn wer wäre besser geeignet, mir das Wiener Wirtshausgulasch beizubringen, als diese beiden? Das Rezept von Sarah findet Ihr hinter diesem Link. Das zeitaufwendige aber absolut Anfänger-tauglich step-by-step erklärte Rezept von Susanne gibt’s an dieser Stelle.

Beide Rezepte beziehungsweise eine Mischung aus beiden haben uns sehr gute Dienste erwiesen für unser erstes eigenes Wirtshausgulasch. Herzlichen Dank dafür, liebe Wiener Food-Blog-Kolleginnen!

Nicht fotogen aber unfassbar gut: Wiener Wirtshausgulasch

Tatsächlich sind folgende Punkte gaaaaanz wichtig:

  1. Fleisch und Zwiebeln im Verhältnis 1:1 verwenden. Also 1 kg Zwiebeln auf 1 kg Fleisch. Die Zwiebeln geben Bindung und Geschmack und sind deshalb so wichtig wie das richtige Fleisch.
  2. Schwein gehört in ein ungarisches Gulasch, das dann konsequenterweise Pörkölt heißt. Für das Wiener Wirtshausgulasch bitte ausschließlich Rindfleisch verwenden!
  3. Das beste Fleisch für das Wirtshausgulasch ist die Rinderwade. Das zweitbeste Fleisch (und falls Du kein Wadenfleisch bekommst oder einfach zu blöd warst, VORHER ins Rezept zu gucken *hüstel*) ist vom Hals. Muskulös und sehnig muss es halt sein. Dafür ist die Wade perfekt und der Hals eine Notlösung.
  4. Zeit. Zeit ist der entscheidende Faktor. Ein gescheites Wirtshausgulasch braucht nicht Stunden, sondern TAGE. Dafür habt Ihr gleich für weitere kalte Eisheiligen-Abende vorgesorgt, an denen Ihr das Gulasch nur noch aufwärmen müsst. Es wird immer köstlicher.
  5. Die Wahl des Bieres ist wichtig! Ein dunkles, süffiges Bier. Die Wiener*innen mögen mich schlagen, aber ein Düsseldorfer Altbier fanden wir perfekt – für’s Gulasch und für die Köche! (Und wir brauchten fürs Gulasch deutlich mehr Flüssigkeit als in den Rezepten angegeben!)
  6. Ein Löffel brauner Zucker ist dem Geschmack, eine Handvoll Fenchelsamen der Verdauung zuträglich. Auch das eine Abweichung vom Original. Keinesfalls herumexperimentieren mit weiteren Zutaten wie Rotwein, Tomatenmark oder obskuren Gulaschgewürzmischungen! Das Gulasch gewinnt alleine durch Fleisch, Zwiebeln, Bier und Zeit. Viel Zeit.
  7. Klassisch essen unsere Nachbar*innen gerne helle Semmeln dazu. Aus rheinischen Brauhäusern kenne ich zum Krüstchengulasch dunkle Röggelchen oder eine dicke Scheibe Sauerteigbrot. Himmlisch!
  8. Vertraut bei Rezepten fremder Küchen denen, die sich damit auskennen. Natürlich ist das Gulasch nach dem Rezept meiner Mutter wunderbar. Wer Schwein und Paprika liebt, den macht das Pork Goulash glücklich. Eine schnelle Gulaschsuppe wärmt bei wenig Zeit wohltuend von innen. Und vom Szegediner Gulasch mit Kraut haben wir da noch gar nicht gesprochen! Aber für das Wiener Wirtshausgulasch vertraut den Wiener Köchinnen. Damit liegt Ihr niemals falsch.

Und jetzt wünsche ich Euch, dass Ihr kuschlig durch die Eisheiligen kommt, Eure Balkon- und Terrassenpflanzen alles gut überstehen, Ihr die Chilis und Tomaten noch nicht nach draußen gestellt habt und Euch einen großen Topf Wiener Wirtshausgulasch macht!

Guten Appetit!

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  1. margot S. says:

    Hallo und DANKE fürs Rezept – das ist gleichzeitig eine schöne Erinnerung an unsere Wienreise im Mai 2019. Die Zubereitung eines Gulasch übernimmt mein Mann, seit er vor einiger Zeit mal ein Rezept von Sina – „GIFTIGE BLONDE“ mit großem Erfolg für uns gekocht hat. Seitdem „muss“ er dafür immer an den Herd.
    Übrigens habe ich beim Wien-Besuch auch Sina + Susi (Turbohausfrau) kennengelernt, wir haben uns einfach auf einen Kaffee im Wiener Hauptbahnhof verabredet, das war ein sehr schönes Treffen mit den beiden Bloggerinnen.
    So, jetzt lese ich aber erst mal voller Genuss Deinen schönen Beitrag zum Thema Wien, ich freue mich sehr darüber.
    Dir und Deinem Mann wünsche ich, dass Ihr weiterhin gut und gesund durch die Corona-Zeit kommt.
    Alles Liebe und Gute und Grüße von der Nordseeküste,
    Margot

    1. Julia Author says:

      Liebe Margot, das ist ja wunderbar, dass mein Post Dir schöne Erinnerungen zurückbringt! Lass uns gemeinsam ein bisschen an Wien denken! Liebe Grüße an Euch beide und an die Nordsee, die ich sehr vermisse! Alles Gute!

  2. Liebe Julia, danke für die nette Verlinkung. Ja, ihr müsst unbedingt wiederkommen, es gibt wieder schöne, neue Wirtshäuser. Liebste Grüße aus Silent Mozartkugeltown, Claudia

  3. Hallo Julia, ich finde es herrlich, dass auch Du zu den Vertretern gehörst, die Wadenfleisch als das beste für’s Gulasch propagieren. Ich bin da ganz bei Dir! In dem Zusammenhang aber noch ein Tipp: Wer kein Wadenfleisch bekommt (meist gibt es das ja auch höchstens nach Vorbestellung), der nimmt schöne dicke Beinscheiben vom RInd. Das ist ja quasi Wade am Knochen. Das kann man roh auslösen und sogar den Knochen mitkochen. Für noch mehr Geschmack und Bindung.

    1. Julia Author says:

      Danke für den Tipp. Wir waren auch mit Hals sehr zufrieden. Wichtig ist, wie ich, glaube ich, geschrieben hatte, dass das Fleisch Muskeln und Sehnen hat. Aus einem Filet bekommt man halt kein Gulasch 🙂 Den Knochen für den Geschmack mitzukochen ist immer eine gute Idee. So machen wir es z.B. beim Ragù für Spaghetti Bolognese.

      1. Mit Hals habe ich keine Erfahrungen. Aber Sehnen ist immer gut! Und sind ein schönes Maß für die Kochzeit. Erst, wenn sie geschmolzen sind, wird das Gulasch gut. Das kann schon mal etwas länger dauern. Ich hatte mal ein recht mageres Suppenfleisch (also für ein Suppenfleisch war es mager, aber ansonsten doch recht gut durchzogen), das ergab auch ein schönes Gulasch. Da gilt es, aus dem Fleisch schöne Stücke rauszuschneiden, das Auge isst ja auch mit.

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