Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen: Wir sehen Klein-Juli auf dem Küchenboden sitzen. Als Kind der Siebziger trägt sie Strumpfhosen und Nicki-Pulli. Und während Mama Gerlinde den Teig für ihren Gewürzkuchen rührt, freut sich Klein-Juli schon wie das später sprichwörtlich werdende Schnitzel darauf, die Rührschüssel mit Kuchenteigresten gleich ausschlecken zu dürfen. Aber, oh weh! Zu Klein-Julis Erinnerung gehört auch eine große, sehr furchteinflößende Schwester, die mit strengem Blick aus stahlblauen Augen Klein-Juli klarmacht, wer zuerst die Rührschüssel in die Finger bekommt. Und, oh weh! Der Schreck wird NOCH größer, wenn beide sehen, wie akribisch Mama Gerlinde die Schüssel auskratzt, um möglichst viel Teig in die Kastenform zu wischen. NEEEEEEEEEEEEEEEIIIIIINNNNNNNN! Wie soll denn da genug Teigrest für die große, sehr furchteinflößende Schwester UND Klein-Juli bleiben? Na, egal. Klein-Juli spielte schon immer lieber im Team Käsebrot.
Gewürzkuchen nach Mama Gerlinde
Kaum 20 Jahre später *hüstel* kann ich selber backen und mit großem Genuss die Rührschüssel auslecken. Wenn, ja, wenn da nicht der bEdW wäre… Na, egal. Schmier ich mir halt ein Käsebrot! Und verrate Euch endlich das Rezept meiner Mama für ihren Gewürzkuchen „Gerlindes Bester“! Denn das ist er: schokoladig, herb, würzig und mit einem fetten Schuss Rum. Dieser Kuchen ist also quasi „Mother’s Little Helper“ und damit perfekt, um Eure Mama oder die Mutter Eurer Kinder am Muttertag zu verwöhnen (oder auch an jedem anderen Tag in dieser crazy Corona-Situation).
(Und falls die zu beglückende Dame auch eher im Team Käsebrot spielt, kannst Du alternativ auch meine köstlichen herzhaften Käse-Muffins backen!)
Rezept für eine 26-cm-Kastenform
- 250 gr weiche Butter
- 200 gr brauner Zucker
- 2 EL Vanillezucker
- 200 gr Weinzenmehl (alternativ: je 100 gr Weizen- und Weizenvollkornmehl mischen)
- 50 gr Kakaopulver (also ECHTES Kakaopulver, keine Milchmixgetränkezuckerpulvermischung)
- 1 Päckchen Backpulver (etwa 1 gehäufter EL)
- 5 Eigelb
- 5 Eiweiß, steif geschlagen
- eine Prise Salz
- 1/2 Kaffeebecher (etwa 150 ml starker Kaffee oder Espresso)
- 3 EL brauner Rum
- 100 ml flüssige süße Sahne
- 1/2 EL gemahlener Zimt
- 1 TL Nelkenpfeffer, gemahlen
- eine Prise Muskatnuss, gemahlen
- 1 TL Abrieb einer (Bio-)Zitrone
- 100 gr gemahlene Mandeln (Gerlindes Tipp: die kalifornischen, weißen nehmen!)
- 100 gr geraspelte dunkle Schokolade (ich habe stattdessen Kakaobohnensplitter verwendet)
- Butter zum Fetten der Form
Trotz der laaaaangen Zutatenliste ist die Zubereitung für den Gewürzkuchen wirklich kinderleicht und geht auch Back-Deppen wie mir gut von der Hand:
- Backofen auf 195 Grad Unter- und Oberhitze vorheizen
- Eiweiß mit einer Prise Salz steifschlagen
- Alle restlichen Zutaten mit dem Küchenquirl zusammenrühren
- Eiweiß vorsichtig unterheben
- Kastenform gut (!) ausfetten und, damit der Kuchen nicht überläuft, mit etwas zurechtgeschnittenem Backpapier den Rand „verlängern“ und – falls Ihr wie ich Eurem Backpapier nicht traut – auch dieses nochmals einfetten.
- Auf der untersten Schiene 50 min backen und mit einem Holzstäbchen prüfen, ob der Teig schon durch ist.
- Gerlindes Tipp: Nur 45 min backen und die letzten 5 min mit leicht geöffneter Tür nur noch zu Ende backen lassen. Das liegt aber an der Backleistung Eures Ofens. Der Kuchen darf (und kann eigentlich gar nicht) trocken werden, muss aber natürlich durchgebacken sein.
- Auskühlen lassen und vorsichtig aus der Form kippen.
- Wer mag, kann den kalten Kuchen noch mit etwas Puderzucker bestäuben oder mit dunkler Schokoglasur verzieren.
Fertig ist der wunderbar saftig-schokoladiger Gewürzkuchen, der herrlich duftet und auch Menschen schmeckt, die nicht so gerne Süßes essen. In einer Aufbewahrungsdose oder in ein Bienenwachstuch geschlagen hält sich der Kuchen fast eine Woche – falls man ihn nicht vorher aufisst.
Und bitte beim Ausschaben der Teigschüssel nicht zu akribisch vorgehen. Es könnte nämlich sein, dass da jemand auf dem Küchenboden sitzt und sehnsüchtig darauf wartet, die Schüssel ausschlecken zu dürfen!
Leider haben wir überhaup niemand dem wir das Etikett „Mama“ anheften könnten…. so ein kuchen schmeckt aber trotzdem und ich kann ihn ja einfach für mich selber backen.
Vielen Dank für das tolle Rezept.
Ich habe es am Wochenende nachgemacht und meine Familie war beeindruckt. Deine Schritt-für-Schritt Anleitung hat es mir sehr erleichtert.
Nochmals Dankeschön!