Nicht nur für echte Seemänner: Labskaus

Kennst Du Labskaus? Oder „Scouse“, wie das Gericht in einer englischen Variante heißt? Das Gericht findest Du an der Nordsee in zahlreichen Restaurants und Kneipen – immer anders zubereitet, meist irgendwie unansehnlich und ziemlich „strange“ für eingefleischte Landratten.

Da ich aber einen gewissen Hang habe zu Seemansgarn und Kombüsen-Essen und selber ein Fisch bin, habe ich stets todesmutig Labskaus probiert, wann immer sich die Gelegenheit ergab. Zum ersten Mal in einer hausgemachten Variante bei Eltern eines Ex-Freundes. Ich war überrascht, wie gut mir schmeckte, was mir angekündigt wurde als „sehr speziell und nicht jedermanns Sache“. Dann gab es eine seeeeehr lange Lücke. Denn Labskaus ist Vertrauenssache. Wissen, was drin ist, eben! Und wer könnte schon sagen, was in dieser Labskaus-Masse ist, die auf den Tellern landet? Horror-Stories von Küchenabfällen und anderem Gruselzeug gehören zum Labskaus wie das Schifferklavier zum pensionierten Kapitän.

Aber dann, im letzten Jahr, saß ich in der wunderhübschen Seekiste in Sankt-Peter-Ording, blickte über den weiten Horizont, hörte die Möwen meckern und die Wellen rauschen und sagte: „That’s a day for Labskaus!“.

Dort wird der Labskaus nämlich selbst gemacht, Du kannst ihn sogar in Gläsern mit nach Hause nehmen. Das Rezept ist natürlich streng geheim, aber die Zutatenliste liest sich vertrauenswürdig. Dazu ein gut gekühltes Bier aus Flensburg und was soll ich sagen: Köstlich!

Dann, wieder ein paar Monate später, saß ich in Hamburg in Tim Mälzers windschiefer Oberhafenkantine, wo man Landratten die Möglichkeit einer Labskaus-Probierportion bietet. Eine großartige kleine Vorspeise und immer noch ein Gericht, das in meinen Augen völlig unterschätzt ist. Es ist herzhaft, schnell zubereitet, lässt sich aus Vorräten bestreiten, ist günstig und deshalb:

ESST! MEHR! LABSKAUS!

Meine Labskaus-Erfahrungen waren und sind also ausschließlich positiver Natur. Warum dann nicht selber machen? Denn dann weiß ich WIRKLICH, was drin ist, und muss keine blöden Würgegeräusche vom Nachbartisch ertragen oder Bemerkungen wie „Naja, das muss man schon mögen, um es zu essen!“.

Also, was Seeleute essen, um keinen Skorbut zu bekommen, kann doch gar nicht schlecht sein! Ich liebe dieses herzhafte Essen mit seinen günstigen und haltbaren Zutaten, seinem erdig-fleischig-kartoffeligem Geschmack, dem appetitlichen Spiegelei, säuerlich Eingelegtem und der Tatsache, dass all das in den Lagerräumen dickbauchiger Segelschiffe vorhanden war und die Crew vom Meutern abhalten sollte. Dazu ein Schluck Rum, ein Smutje, der sich regelmäßig die Hände wäscht und alles ist gut! Ein besseres Gericht für Seefahrer-Geschichten-Fans wie mich gibt es gar nicht. Wie sang Captain Flints Mannschaft immer? „Hojaho und ne Buddel voll Rum!“

Das Problem: Es gibt ungefähr 1001 Rezept für Labskaus. Wichtig ist natürlich: Was hast Du im Vorratsschrank? Magst Du es lieber grob gehackt oder fein zerstampft? Isst Du generell gerne Rollmops oder lieber Brathering? Ich habe aus vielen Rezepten, dem kriminalistischen Gespür nach dem Genuss in den beiden o.g. Restaurants und einem Blick in die Speisekammer eine für uns wirklich köstliche Variante gefunden. Aber probier‘ am besten selber aus, womit Du Deine Schiffsmannschaft glücklich machen kannst!

Zutaten für Labskaus für 2 hungrige Seefahrer:

350 gr gutes Corned Beef (gepökeltes Rindfleisch, idealerweise aus der Dose.)

Kurzer Hinweis: Nimm das Corned Beef aus der Dose. Das in Scheiben aufgeschnittene, das Du an der Wursttheke beim Metzger bekommst, hat m.E. zu viel Gelatine für die Zubereitung meines Labskaus. Und das Pökelfleisch in der Dose hält sich ungefähr 100 Jahre. Unsere Corned-Beef-Dose stammte noch aus München, wo wir bis 2011 wohnten. Ja, zweitausendELF! Und es wäre noch ein weiteres Jahr haltbar gewesen! Dabei ist nichts drin außer Rindfleisch und Pökelsalz. Highfive!

500 gr mehlig kochende Kartoffeln

3 mittelgroße Rote Bete, selbst gekocht oder gekauft (die aus dem Vakuumbeutel, nicht die eingelegten!)

beliebig viele Cornichons

2 EL Gurkenwasser aus dem Cornichon-Glas

1 dicke, weiße Zwiebel, geschält und fein gehackt

1 Lorbeerblatt

4 Wacholderbeeren

Muskat

Pfeffer

Salz

mind. 2 Rollmöpse, gerne mehr

2 Eier

2 EL Butter

Zubehör: Große Pfanne, Kartoffelstampfer, Topf für die Kartoffeln, kleine Pfanne für die Spiegeleier

Zubereitungszeit: 30-45 min

So geht’s:

Kartoffeln mit Schale gar kochen, schälen und im Topf bei geschlossenem Deckel warm halten.

Währenddessen in der großen Pfanne Butter erhitzen und die Zwiebelstücke darin anbraten, bis sie schön weich sind. Dabei nicht zu braun werden lassen!

Wacholderbeeren und Lorbeer hinzugeben. Salzen, pfeffern, Muskat hinzugeben und alles gut vermischen.

Jetzt das Corned Beef in Scheiben schneiden und nach und nach in die Pfanne geben. Bei mittlerer Hitze „schmelzen“ lassen, mit dem Kochlöffel etwas nachhelfen und alles zu einer Masse verrühren.

Jetzt die Kartoffeln in die Pfanne geben und mit dem Kartoffelstampfer ordentlich zerstampfen. Lass die Masse so grob wie Du sie magst. Ob geschmeidig oder grobstückig, ist Dir überlassen!

Für eine schönere Farbe würfelst Du eine der Roten Beten sehr fein und hebst sie unter die Masse.

Etwas Gurkenwasser hinzugeben, gut vermischen und alles abschmecken: Fehlt Salz? Pfeffer? Noch etwas Säure?

Rollmops, Rote Bete in Scheiben und Cornichons auf einem Teller anrichten.

Jetzt die Spiegeleier braten. Labskaus in die Mitte des Tellers geben und das Spiegelei darauf legen.

Alles sofort – und mit einem eiskalten, friesischen Bier! – servieren.

Spielst Du mit im Team Labskaus? Oder hast Du vielleicht sogar ein eigenes Rezept?

Ich freu‘ mich über Dein Feedback!  Guten Appetit!

 

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  1. puhh, also ob ich mich damit anfreunden könnte- ich weiß nicht. Interessanterweise bin ich Fischin eher geneigt die Artgenossen leben zu lassen und nicht zu verspeisen, – überwiegend.

    1. Julia Author says:

      Dann lass den Bismarckhering einfach weg! 🙂

  2. Also nää, ich bin ja `n Hamburger Jung nää……. 1. Rote Bete kommt nur als Beilage dazu und nicht ins Labskaus. 2. Labskaus verhinderte nicht Skorbut, sonder wurde wegen der Skorbuterkrankung gekocht, denn bei Skorbut kommt es zum Zahnausfall ud Labskaus mußte man nicht unbedingt kauen. Nehmt keine Cornichons sondern richte Gewürzgurken. Die Farbe im Labskaus kommt durch das Pökelfleisch oder das Corned Beef was untergemischt wird. Und es gehört eine große Portion gebratener Speck und Zwiebeln hinein. Labskaus wird duch vile Köche, vor allem TV Köche immer wieder versaut! *grins*
    Hier mal mein deftiges Rezept:

    Heiner`s Labskaus

    Hamburger Seemannsschmaus

    Zutaten für 4 Personen:
    5 Pfd Kartoffeln. 4 Dosen Cornedbeef,
    1 Glas Gewürzgurken, 3 mittelgroße Zwiebeln,
    4 Scheiben durchwachsenen Speck,
    ca. 16 Eier, je nach Bedarf.
    Bei Bedarf 1 Glas rote Beete und Rollmöpse.

    Zubereitung:

    Die geschälten Kartoffeln in einem großen Topf kochen. Im Topf muss noch Platz für das Cornedbeef, Speck und die Gurken sein!

    Die Gurken, die Zwiebeln und den Speck würfeln.
    Achtung, das Gurkenwasser nicht weggießen!!!!!

    Den Speck ausbraten und zum Schluss die Zwiebeln zugeben und glasig braten.

    Wenn die Kartoffeln gar sind, das überschüssige Wasser in ein Gefäß geben, es wird vielleicht noch benötigt.

    Die Kartoffeln im eigenem Wasser stampfen und anschließend das Cornedbeef und den Speck mit Zwiebeln hinzu geben.

    Etwas von dem Gurkensaft hinzugeben, deshalb am Anfang nicht zuviel Wasser im Topf lassen! Soviel Wasser und Gurkensaft hinzugeben, bis es nicht mehr pampig ist!

    Die klein gewürfelten Gurken hinzugeben und unterheben.

    Das Ganze ca. 5 Minuten auf kleiner Stufe köcheln lassen.

    So, Labskaus auf den Teller, Spiegeleier drauf, mit Gurke und rote Beete garnieren, und wer möchte, noch einen Rollmopps dazu!

    Guten Appetit!

    1. Julia Author says:

      Lieber Heiner, herzlichen Dank für DEINE Variante des Labskaus. Es gibt so viele Rezepte wie Muscheln am Strand. Das ist ja das Schöne an traditionellen Gerichten. Übrigens: Rote Bete und Kartoffeln enthalten sehr wohl Vitamine, die auch gegen Skorbut helfen können. Und Lorbeer oder andere Gewürze gibt es sogar im Mittelmeerraum, der für echte Seebären nicht wirklich weit weg war. Ansonsten ist Dein Rezept gar nicht sooo weit von meinem entfernt, findest Du nicht? (Die Hersteller- und Einkaufshinweise entferne ich aber mal. Denn Werbung für Discounter & Co. mache ich in meinem Blog nicht!) Ahoi, Matrose!

  3. Melanie says:

    Esst! Mehr! Labskaus!
    Aye!!!!
    Muss ich mal wieder kochen! Werde dann mal gleich Dein Rezept probieren. Ich liiiiiebe Labskaus. ❤️

    1. Julia Author says:

      Wie schön! Lass mal hören, wie es Dir geschmeckt hat!

  4. Ich muss zugeben, dass ich noch nie Labskaus gegessen habe. Ich finde die Kombination nach wie vor etwas seltsam, aber es macht mich irgendwie neugierig… Zumal es bei Dir auch total schön und appetitlich aussieht! Ich glaube ich traue mich da doch mal ran 🙂
    Liebe Grüße
    Jeanette

    1. Julia Author says:

      Probier‘ es aus! Wenn man weiß, was drin ist, verliert es seinen Schrecken 🙂 Oder Du kommst mal vorbei zum Probieren!

  5. So geht Labskaus mit allem Piff &Paff!
    Für mich ist das die einzig wahre Rezeptvariante.
    Großes Kompliment auch für Deinen Liebesbrief an den Norden <3

    Eine tolle Restwoche & lieben Gruß aus Bremerhaven!
    Birte

    *Ein Leben ohne Labskaus ist möglich –
    aber sinnlos*

    1. Julia Author says:

      Ganz herzlichen Dank. Das freut mich sehr aus berufenem Munde!! Schöne Woche noch!

  6. An der Küste isst das keiner. Ein reines Touristen-Essen. Ein Seefahrer würde sich scheiden lassen, wenn die Frau sowas kocht.

    1. Julia Author says:

      Och, das hab ich anders erlebt. Aber ich lass‘ Dir Deine Meinung gerne, wenn Du mir meine lässt.

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