Was ist denn das mit mir und Frankreich? Wenn ich auf vergangene Posts zurückschaue, komme ich mir vor wie ein Frankreich-Groupie! Ob Monsieur Cherie, der Teenie-Urlaub an der Cote d’Azur, meine Vorliebe für Sauvignon Blanc, die Kindheitserinnerungen von Pagnol oder der deftige Paris-Roman Zolas – es geht hier ständig um Frankreich. Pourquoi?
Und auch diese Woche geht es französisch weiter.
Nach den Maigret-Krimis am Mittwoch und „Dem Bauch von Paris“ am Montag stelle ich Euch aber auch endlich mal ein Kochbuch vor: Die Landküche der Provence. (Kosmos-Verlag, 14,95€. Autor: Reinhardt Hess. Fotos: Manuela Rüther)
Klingt das nicht schon wie Urlaub? Lavendelfelder, Honig, kühler Weißwein, Ziegenkäse, Boule spielende Männer in weißen Leinenhemden unter Platanen, Strohhüte, Baguettes unterm Arm geklemmt… Fehlt nur noch was Gescheites zu essen. Und dabei hilft uns das Kochbuch glücklicherweise.
Vorgestellt werden vornehmlich kleinere, unkomplizierte und gut zu kombinierende Gerichte. Vieles fand Eingang in die typisch französische Bistro-Küche, da sich Salate, überbackenes Gemüse oder Pasten für geröstete Brote perfekt als Kleinigkeit zum Glas Wein servieren lassen. Aber auch die bäuerlichen Schmortöpfe mit Kaninchen oder Huhn finden sich wieder. Nur ist es mir zum Nachkochen von Schmorgerichten aktuell viel zu heiß. Ich bitte um Verständnis.
Neben hübschen, stimmungsvollen Landschaftsfotos (Lavendelfelder!) sind auch viele Gerichte appetitlich abgebildet. Außerdem erzählt uns der Autor noch einiges über Land und Leute, den Wein, Essensgewohnheiten und die kulinarische Geschichte der Provence. Besonders interessant fand ich, dass die Provence früher als arm und karg galt. Ist sie doch heute danke des Tourismus alles andere als ärmlich. Aber früher bezog sich das eben auf die Landwirtschaft und nicht auf Oberstudienräte a.D. und Aquarellmalkurse…
Steinige Böden, sengende Sonne, wenig Wald – das spiegelt die Küche noch heute wieder. Man findet deshalb kaum Rindfleischgerichte in der provenzalischen Küche, da einfach die Wiesen für das Weidevieh fehlen. Überhaupt spielt Fleisch eine untergeordnete Rolle. Hühner (im Hof oder Stall) und Kaninchen (hohe Population) sind deshalb logischerweise Teil der Speisekarte. Wo die Provence ans Meer grenzt, gibt es zudem Fisch und Meeresfrüchte. Das alles klingt für uns heute überhaupt nicht mehr ärmlich, sondern eher wie das kulinarische Paradies: Sonnenverwöhntes Obst und aromatisches Gemüse, wenig Fleisch, frischer Fisch – dazu ein mineralischer Weißwein oder Rosé. Herz & Magen, was wollt Ihr mehr?
Einfache, leicht nachzukochende Gerichte aus Zutaten, die auch hierzulande leicht erhältlich sind, machen das Kochbuch perfekt für Einsteiger – oder auch aktuell faule Foodblogger, die sich nicht lange in der Küche aufhalten wollen.
Den wunderbar nussig-aromatischen Salat aus Puy-Linsen habe ich Euch hier schon vorgestellt.
Ausprobiert habe ich auch die fruchtige Paprika-Paste, die Ihr auf geröstetes Weißbrot, als Marinade für Grillgut oder einfach zum Dippen verwenden könnt. Mit sonnengereiften Paprika ein Genuss.
Und auch eine Oliven-Tapanade gehört in jeden Kühlschrank. Ob als Brotaufstrich oder für das Dressing des klassischen Salade nicoise ist die schnell zubereitete und lange haltbare Tapanade ein Renner.
Dass die Paprikapaste (vorne) etwas Flüssigkeit gezogen hat, war meine Schuld, da ich – faul, wie ich aktuell bin – Paprika aus dem Glas genommen habe und nicht extra den Backofen anschalten wollte (die Hitze!). Die Aus-dem-Glas-Paprika sind in Flüssigkeit eingelegt und somit trotz Abtropfen einfach nasser.
Last but not least habe ich die Grilltomaten mit Zwiebeln und Ziegenkäse ausprobiert.
Optisch wahrlich kein Highlight (auch im Buch findest sich keine Abbildung – ein Schelm, wer Böses dabei denkt), aber durch die Aromen ein Anwärter auf’s Sommerlieblingsgericht (falls man den Backofen anschalten will). Süßliche Tomaten, karamellige Zwiebeln, würziger Käse, Thymian und Olivenöl – das Ganze dann mitten auf den Tisch stellen und mit Baguette drin herum stippen. Heaven!
Hier noch die Bewertung im Überblick:
Das Konzept: Die Macher sind auf der sicheren Seite: Wo Provence draufsteht, ist in diesem Fall Provence drin. Wohl dosierte Zusatzinformationen zu Küche und Kultur halten sich im Rahmen, sind aber gerade für Einsteiger interessant und passen ins Buch. Sympathisch sind die Weintipps zu jedem Rezept – wenn auch etwas redundant. Ja, ein Rosé aus der Provence schmeckt zu fast allem. Das kann ich nach jahrelangem Selbstversuch guten Gewissens bestätigen 😉 Abzug gibt es für den Low-Brainer im Titel: „LANDküche der Provence“. Da springt der Verlag auf LANDlust, LANDliebe und all die anderen gruseligen Erfolgstitel im Zeitschriftenregal auf. Die Provence besteht ja fast nur aus ländlichen Gebieten. Wie sollte denn die STADTküche der Provence aussehen? So ein Buch würde mich brennend interessieren… Insgesamt für ein rundes Konzept mit Augenroll-Titel 2 von 3 möglichen Pluspunkten.
Was gibt’s für’s Geld? Einfache, gut beschriebene Rezepte mit leicht zu organisierenden Zutaten, Hinweise auf den Schwierigkeitsgrad, Zubereitungsdauer, benötigte Utensilien, die passenden Weine (s.o.) und Tipps zur Abwandlung. Dazu liebevolle Fotos, ein aufgeräumtes Layout und ein Autor, der angenehm im Hintergrund bleibt. Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis für alle, die ein nicht zu teures Geschenk oder eine kleine Belohnung für sich selbst suchen. Volle Punktzahl: 3 Pluspunkte
Die Rezepte Von den 4 nachgekochten Rezepten haben alle bestens funktioniert. Kleine Anpassungen sind dem Eigengeschmack geschuldet und erlaubt. Die Auswahl der Rezepte bietet leider keine wirkliche Überraschung. Es sind größtenteils Standards, die man so auch in anderen Frankreich- oder Bistro-Kochbüchern findet. Trotzdem gerade für Frankreich-Einsteiger oder Koch-Anfänger ein hübsches Buch, um die Klassiker aus dem Urlaub auf einen Blick zu haben. Funktioniert alles (soweit getestet!), schmeckt, keine Ausreißer – aber leider auch keine Überraschung. 2 von 3 Pluspunkten.
Gesamt-Ergebnis: 7 von 9 möglichen Pluspunkten.
Meine Empfehlung: Einsteiger und Hobbyköche, die unkomplizierte Gerichte für den Grillabend oder die Kleinigkeit nach Feierabend suchen, machen nichts verkehrt. Wer Fernweh hat oder sich ein bisschen Urlaubsfeeling auf den Balkon holen will, ist mit dem Kochbuch gut beraten. Provence- und Frankreich-Experten erfahren aber vermutlich nichts Neues. Da der Einband weich und das Kochbuch nicht zu dick ist, passt es sogar in den Marktkorb. Ich werde es mir wohl unter den Arm klemmen, auf dem Wiesbadener Wochenmarkt am Weinstand kurz halt machen, mich vor Ort inspirieren lassen und nach passenden Rezepten suchen. Kein umfassendes Standard-Werk und nicht unbedingt horizonterweiternd aber hübsch und solide gemacht. Durch den vernünftigen Preis und die Aufmachung ein schönes Geschenk für Freunde und Gastgeber.
Eine weitere Rezension des Kochbuchs findet Ihr übrigens im Gourmet-Büdchen.
Astrid aktualisiert die Liste der eingehenden Beiträge unserer Themenwoche regelmäßig. Zuletzt hier.
Weil das leider nötig ist, hier noch ein Hinweis in eigener Sache: Das oben beschrieben Kochbuch wurde mir als Rezensionsexemplar unentgeltlich und ohne Bedingungen zur Verfügung gestellt. Die dargestellte Meinung ist meine eigene und dient ausschließlich der Information meiner Leser. Ich verfolge mit der Rezension keinerlei finanzielle Interessen und nehme auch an keinen Affiliate-Programmen teil.
Hier ist es zum Glück nicht zu heiß, um den Backofen anzuschmeißen. 😉 Danke für die schöne Rezension, Julia!
Schön eine Rezension aus Deiner sichtweise zu sehen, hat mir sehr gefallen 🙂 Danke!
Die Rezension gefällt mir – nicht nur, weil sie gut uns sachkundig geschrieben ist, sondern weil ich nun weiß, dass ich das Buch nicht kaufen muss 😉
Dankeschön. Dafür sind Rezensionen ja auch da! Was hält Dich ab? Zu basic für Dich? Zu französisch? Zu…?
Zu basic…..das hab ich schon in anderen Büchern.
Um dieses Buch schleiche ich auch schon ein Weilchen herum .. 🙂
Wenn Du keine Sterne-Küche oder viele neue Tricks erwartest, sondern ein hübsch gemachtes Kochbuch mit netten Anregungen suchst, bist Du richtig…
Liebe Julia, kannst du das Rezept mit den Grilltomaten veröffentlichen? Oder ist das Urheberechtlich geschützt? Das Rezept hört sich richtig lecker an, ich würde es gern ausprobieren.
Liebe Dori, auf vielfachen Wunsch geht das Rezept (in meiner Abwandlung) morgen online. Kannst Du Dich so lange noch gedulden? Freut mich, dass das Foto scheinbar nicht abschreckt 🙂