[dieser beitrag enthält werbung in form von restaurant- und anderen empfehlungen]
Schön war er, der August. Und endlos lang. Überhaupt war der Sommer „sehr groß“, wie es bei Rilke heißt. Also kommt einfach mit und lasst Euch durch meinen Monatsrückblick auf den August vielleicht ein bisschen inspirieren…
Aus alt mach‘ neu
Hast Du schon mal aus einem alten Schmuckstück etwas Neues machen lassen? Als meine Großmutter letztes Jahr starb, ging ihr silberner Kettenanhänger in meinen Besitz über. Ich hatte ihn schon fast vergessen, bis die kleine Tochter einer Freundin ihn im alten Nähkästchen (!) – auch so ein Erbstück – wiedergefunden hat. Wie das Leben manchmal so spielt… Der Kettenanhänger stellt die drei Affen mizaru, kikazaru und iwazaru dar. Sie gehen auf die Lehren des Konfuzius zurück: Über alles Schlechte weise hinwegsehen, nicht hinhören, nichts Schlechts reden. Ich habe so viele liebevolle Kindheitserinnerungen an diesen Kettenanhänger am Hals meiner Oma – aber weil ich selbst keine Ketten trage, habe ich mir einen wunderschönen, toughen und schweren Silberring bei der Goldschmiede Ehlers machen lassen. Er ist wundervoll geworden! Ein konfuzianischer Schlagring sozusagen. Also wenn mir jemand blöd kommt… Vorsicht!
Auf der „ebbsch Seid“*
Gleich zu Beginn des Monats hat uns Stefanie von „Best of Mainz“ mitgenommen auf einen Wein-Walk durch ihre Heimatstadt. Weil es drückend heiß war, hatte sie die Tour prompt ins Unterirdische verlegt: Wir haben drei Keller besucht, in denen Wein lagert, hergestellt oder serviert wird. Als Wahl-Wiesbadener sind wir immer wieder begeistert, wie nah die beiden Landeshauptstädte beeinander liegen und wie unterschiedlich sie doch sind. Auf der „ebbsch Seid“* gibt es alte Römermauern, einen beeindruckenden Dom, rheinhessische Weinkultur und wildromantische Ecken zu entdecken! Besonders angetan hat es uns der kleine Platz vor St. Ignaz in der Kapuzinerstraße mit seinem bezaubernden Fischbrunnen, den alten Laternen und dem kuscheligen Gasthaus Willems. Wer hier in einer lauschigen Sommernacht mit einem kühlen Glas Wein den Brunnen plätschern hört, weiß überhaupt nicht, warum Mainzer und Wiesbadener sich (angeblich) nicht mögen. Wir kommen jedenfalls wieder!
*Die „ebbsch Seid“ ist übrigens die jeweils „falsche“ Rheinseite; analog zur „schääl Sick“, die ja auch je nach Blickwinkel mal rechts- oder linksrheinisch liegt.
Apropos Wein
Wo wir gerade von Wein sprechen… Natürlich hat uns auch die Rheingauer Weinwoche mit ihren über 100 Winzern auf Trapp gehalten. Köstliche Weine, wunderbare Gespräche, Lachen, Diskutieren, Freunde (wieder)sehen, hausgemachte Wein-Häppchen schnabulieren und die Sonne langsam im Glas versinken sehen. Ach, das Leben kann manchmal schon sehr schön sein! Ganz besonders schön ist übrigens unser Briefkasten in der neuen Wohnung: Hier können wir Weingläser „parken“, die wir am späten Abend nicht mehr zurückgeben konnten und dann am nächsten Tag gegen Pfand einlösen gehen. Wofür sind sonst solch große Briefkästen gut??
48 Stunden in Birmingham (UK)
Riesig gefreut hab ich mich seit Monaten auf den Besuch bei meiner Schwester, die seit fast 20 Jahren in Birmingham lebt. Ich habe Euch ja hier schon mal erzählt, warum für mich Birmingham ein unterschätztes und absolut besuchenswertes Reiseziel ist. Diesmal war das Wetter auch endlich mal so, dass wir richtig viel unternehmen konnten. Wann hatten wir jemals +33 Grad in England?!
Neben stundenlangen Gesprächen, selbstbewussten Nachbarskatzen, importierten Nimm 2, exportierten Toffees und Samosas aus der Bäckerei um die Ecke (das wäre mein Untergang!!!) haben uns diesmal wunderschöne Pubs, ein versteckter Inder, ein hipper Thai, englische Gärten und Tudor-Architektur in den Bann gezogen.
Lieblings-Pub ist und bleibt „The Physician“, den ich im alten Post (s.o.) schon mal ausführlicher vorgestellt habe. Hier könnte ich eigentlich einfach 48 Stunden sitzen, lesen, Leute gucken, essen, trinken, noch mehr Leute gucken, wieder was essen… You get the point, don’t you? Köstlich waren (natürlich!) der im Bierteig frittierte Kabeljau zu wirklich (!) guten Pommes und das Rumpsteak-Sandwich, das so richtig satt macht! Und weil diesmal der bEdW mit uns im Pub war, wissen wir jetzt auch, dass die atemberaubend schönen Damentoiletten leider kein Pendant bei den Herren haben. Aber so herum darf’s ja auch mal sein. Also falls Ihr jemals im Physician ein Bier trinkt, geht UNBEDINGT auf die (Damen-)Toiletten. Wie schön es dort ist, seht Ihr übrigens in meinen „Birmingham“-Highlights auf Instagram, die Du hier findest.
Weniger traditionell, dafür aber jünger, hipper und mit einem super romantischen Innenhof, einer Außenbar, Tacos und Cocktails ist The Plough in Harborne. Und wer es dann doch lieber richtig englisch mit Fußball-Live-Übertragung, stiernackigen Einheimischen und Frauen in viel zu kurzen Röcken mag, der geht ins gemütliche Old Royal in der Innenstadt. Von hier aus lassen sich viele Sehenswürdigkeiten, Restaurants und Shopping-Möglichkeiten ansteuern. Oder man bleibt einfach sitzen und genießt die Atmosphäre. Viel britischer geht’s nicht mehr…
Aber wir können ja nicht nur trinken, sondern brauchen auch eine Grundlage. Deshalb ging es am ersten Abend zu einem richtig authentischen Inder. Ich liebe ja indisches Essen und bin jedesmal über die Auswahl in Birmingham begeistert. Letztes Jahr war es eher edel – immerhin haben wir den Geburtstag meiner Mutter nachgefeiert. Diesmal haben wir uns ganz entspannt für ein Lokal im ersten Stock in einer Seitenstraße zur High Street in Harborne entschlossen: Harborne Tandoori! Und das war die perfekte Wahl! Außer dass ich mich leicht überfressen habe, weil die Portionen riesig und die Augen wieder größer waren. Denn natürlich haben wir vorab Pappadums und ein paar gemischte Vorspeisen gegessen. Spart Euch das lieber! Dann bleibt auch mehr Platz für das köstliche Chicken Chana Balti oder die Korahi-Spezialitäten aus der Pfanne. Hier gibt es übrigens auch „Naga“-Gerichte, also mit der schärfsten Chili der Welt gekocht. Darauf haben wir aber verzichtet. Wir wollten danach ja noch… genau! Ins Pub!
Denn wenige Schritte vom Lokal entfernt war das 4. Pub unserer kleinen Tour: The Junction – ein heller, junger Pub im hübschen alten Backsteinhaus. Überhaupt fällt auf, dass viele traditionelle Pubs eine gelungen Renovierung hinbekommen haben: Wo früher Jagdhund-Fotos, Dartscheibe und versiffte Teppiche das Ambiente bestimmten, ist es jetzt oft freundlicher, jünger, heller – ohne aber auf traditionelle Elemente wie einer alten Bar, hübschen viktorianischen Fliesen oder blankpolierten Tischen zu verzichten. Solche Lokale vermisse ich in Deutschland immer sehr. Wie gut, dass Birmingham nur 1,5 Flugstunden entfernt ist!
Aber natürlich können wir nicht nur essen und trinken (können wir nicht?), wenn wir meine große Schwester besuchen. Gerade das herrliche Wetter mussten wir unbedingt nutzen, um die vielen schönen Ecken in Birmingham zu erkunden. Ganz besonders bezaubernd für Geschichtsfreaks wie uns war Selly Manor in Bourneville, einem Tudor-Haus, das Schokoladenfabrikant und Quäker George Cadbury mal flugs hat andernorts ab- und in Birmingham wieder aufbauen lassen. Ok, dem Erfinder der Cream Eggs kann man so einige Spleens vergeben. Immerhin hat er für seine Arbeiter hübsche Häuschen bauen lassen – allerdings gibt es noch heute in ganz Bournville, dem zauberhaften und besuchenswerten Stadtteil, der wie aus einem Pilcher-Roman aussieht, noch heute keinen Alkoholausschank (Dank Quäker George!). Da nutzt einem auch alle Schokolade nichts. Selly Manor ist aber in jedem Fall einen Besuch wert: eng, mit dunklem Fachwerk, einer weitestgehend rekonstruierten Einrichtung und (für Kids) tollen Spiel- und Ausprobiermöglichkeiten. Natürlich gibt’s auch ein „Priest Hole“, in dem sich zu Zeiten Heinrichs VIII. die katholischen Geistlichen verstecken konnten.
Jünger, heller, weitläufiger, komfortabler und mit einem zauberhaften Garten geschmückt ist die Industriellenresidenz Winterbourne House & Garden, das Anfang des 20. Jahrhunderts ganz im Zeichen des Jugendstil gebaut wurde. Hier ließe es sich auch heute noch aushalten – mit Personal zum Fensterputzen und Kaminanfeuern. Wir sind völlig ausgeflippt über die wunderschönen Jugendstil-Tapeten, von denen ich schon auf Instagram geschwärmt habe (einfach im Bild auf den kleinen Pfeil nach rechts klicken und die weiteren Tapetenmuster bestaunen):
Zu viel Kultur macht aber dann auch wieder hungrig, weshalb wir abends noch bei einem der angesagtesten Thai-Restaurants in Birmingham eingekehrt sind. Überhaupt ist B. ein Mekka für Asia-Food – vom kleinen Imbisswagen über Straßenverkauf und schnelle Lunch-Küche bis zum Edel-Restaurant. Wer in Birmingham hungrig bleibt, ist selber schuld!
Auf also ins Zen Metro im City Center (nahe dem Pub The Old Royal (s.o.)): kein Deko-Kitsch sondern Glas, Kupfer und schwarze Oberflächen. Dazu hippes Jungvolk und eine verführerische Speisekarte mit großer Auswahl, viel frischem Gemüse und verwirrenden Schärfegraden. Geheimtipp: Die Muscheln in Currysauce, die es auch auf der gemischten Vorspeisenplatte gibt. Ganz zu schweigen von der Gin- und Cocktailauswahl – klein aber oho! Unbedingt probieren: den Peaky Blinders Gin!
Denn die gefürchteten Peaky Blinders, eine Straßengang der 1920er Jahre, sind nicht nur Serien-Helden sondern echte Birminghamer. Die Serie ist ein richtiger Booster fürs Stadt-Marketing. Das Peaky-Blinders-Festival findet Mitte September statt. Echte Serien-Fans sind am besten schnell und buchen ihren Flug nach Birmingham noch heute.
Alle anderen können sich noch etwas Zeit lassen. Aber wer mal abseits von London eine englische Großstadt mit Kultur, Geschichte, abwechslungsreicher Kulinarik und tollen Shoppingmöglichkeiten entdecken will, sollte Birmingham auf seine Bucket List setzen!
Gehört, gelesen, gesehen…
Den Sommer über hat mich meine Spotify-Playlist „Sommer“ begleitet – ob während der Arbeit bei geöffneter Balkontür oder beim Sundowner inmitten unserer Balkonpflanzen. Ein guter Groove ist ja so wichtig für’s eigene Wohlbefinden! Habt Ihr gute Playlist-Tipps für mich?
Wenn es draußen richtig heiß ist, kühle ich mich mit Seefahrer-Romanen ab. Begeistert haben mich diese beiden: Morten A. Ströksnes „Das Buch vom Meer“ ist ein Sachbuch über das Fangen eines Eishais im kalten norwegischen Atlantik. Klingt komisch, fesselt aber ungemein – und kühlt wirklich sehr gut! Außerdem habe ich den 80er-Jahre-Klassiker von Sten Nadolny „Die Entdeckung der Langsamkeit“ (wieder)gelesen. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, das der darin portraitierte Seefahrer John Franklin auch Protagonist in der wirklich genialen TV-Serie „Terror“ war. Die kühlt übrigens auch gut!
Fast so fesselnd wie ein Krimi ist die 9-teilige arte-Doku über den Vietnamkrieg, die noch in der Mediathek verfügbar ist. Sie steigt 1858 (!) mit den Hintergründen, die zum Krieg führten ein, und beschäftigt sich zum Schluss mit den Auswirkungen, die der Krieg noch heute hat. Ich hab endlich mal verstanden, worum es bei dieser Katastrophe wirklich ging, wer alles die Hände im Spiel hatte und welche Interessen dazu führten, dass der Krieg so elend lange ging und so viele unnötige Opfer forderte.
Was sonst noch schön war im August
Und außerdem? Waren wir in Flipflops auf einer echt Wiesbadener Hochzeit, bin ich endlich mal wieder ausgiebig durch Frankfurt gebummelt, habe ich die ersten (zwei!) selbstgezogenen Tomaten geerntet, sind wir endlich mal wieder im Kino gewesen (Klimaanlage!), habe ich einen Kunden verloren und einen neuen gewonnen, hat mir ein Videocall mit Anne Häusler ein paar wirklich gute Anstöße geliefert und wurde ich laut Blogger-Relevanz-Index zu Deutschlands erfolgreichster Bloggerin gekürt. Deshalb sage ich allen Leser*innen ein herzliches Dankeschön dafür, dass Ihr das German Abendbrot schon seit über neun Jahren begleitet. Ohne Euch würde das hier ja auch überhaupt keinen Spaß machen!
Und im September?
Im September freue ich mich darauf, endlich mal wieder das Meer zu sehen, eine weitere Hochzeit zu feiern und „unser“ Münchner Standesamt wiederzusehen, den Spätsommer mit der Herstellung hausgemachter Tomatensauce und eigenem Gemüsebrühenpulver zu feiern und endlich mal wieder Socken zu tragen!
Liebe Julia, auf die Socken könnte ich gerne verzichten….. aber Zwetschgen und Äpfel überall – und die Aussicht auf jeden Monat eine Reise machen den Übergang in die dunkle Jahreszeit erträglich. Danke für deinen schönen und vielfältigen August!
Ganz herzlichen Dank für den lieben Kommentar. Jeden Monat verreisen klingt doch gut! Und Bücher machen die dunkle Jahreszeit auch erträglich.
Welch ein schöner Blogpost. Mit Birmingham hast Du mich auf eine Idee gebracht für ein zukünftiges Geschenk, worüber eine gute Freundin sich auch freuen wird. Ich war mit meinem Ehemann im August auch in Frankfurt, haben eine kleine kulinarische Entdeckungsreise unternommen. Im September geht’s noch für ein paar Tage nach Sevilla
Wie schön! Das freut mich. Melde Dich, wenn Du noch Tipps für Birmingham brauchst. Wie hat Dir Frankfurt gefallen??