Ein Gläschen Wein, ein paar Oliven, etwas Baguette – heute wird nicht groß gekocht. Ich teile lieber mit Euch meine Entdeckung: Tiroler Graukäse aus Österreich!
Mein Traumurlaub ist eine Tour de fromage durch Europa: Beginnend mit den cremigen Frischkäsen aus Dänemark und dem sahnigen Gräddost aus Schweden würde ich mich dann zu den Britischen Inseln vorarbeiten zu Stinky Bishop, Stilton, Cheddar und Wensleydale. Dann wäre ich schon wieder auf dem Festland, um riesige Gouda-Laibe durch die putzigen Städtchen der Niederlande zu rollen. So ein bisschen Sport wäre auch nicht schlecht. Denn schon naht der Höhepunkt meiner imaginären Käsereise: Frankreich! Mit seinen vieltausendfachen Käsegenüssen sicher eine Station, auf der ich etwas länger verweilen möchte…
Aber immer weiter geht’s! Köstlicher Manchego wartet in Spanien, herzhafter Pecorino und Parmesan in Italien, würziger Bergkäse von karamellbonbonfarbenen Kühen in der Schweiz und dann noch cremig-salzige Ziegen- und Schafskäse in Griechenland und der Türkei. Ich werd‘ narrisch!
Apropos narrisch: Und was ist mit Österreich?
Österreich kam bisher auf meiner Europa-Käse-Rundreise bisher noch nicht weiter vor. Was für eine Schande! Denn Berge, saftige Wiesen, Kühe und damit köstliche Milch gibt’s doch dort auch! Und Wein! Und herzige Menschen mit charmanter Sprache… Alles Grundvoraussetzungen für guten Käse!
Vielleicht liegt meine Ignoranz darin begründet, dass ich als Kind schon Richtung Meer geprägt wurde. Gewandert wurde mehr im Watt als in den Bergen. Meine höchsten Hügel waren Dünen und wer mir den Blick auf den Horizont verbaut, hat’s eh schon schwer.
Österreich-Urlauber, Jausenstation-Begeher und Berg-Fans allgemein mögen den Tiroler Graukäse kennen. Mir war er neu!
Erstmals gekostet habe ich ihn auf einer Käsedugastion der „Agrarmarkt Austria“*, wo ich auch die charmante Molkereifachfrau und Käsemeisterin Ginevra Sanders kennengelernt habe. Der Graukäse wurde erst ganz zum Schluss angeboten. Und er teilt „the boys from the men“, kann ich Euch sagen! Oder wie Ginevra Sanders es formulierte: „Dieser Käse macht sehr einsam…„!
Ich bin bei solchen Ankündigungen ja eher unerschrocken. Bei Käse gleich doppelt und dreifach abenteuerlustig. Aber endgültig gekriegt hat die Expertin mich, als sie sagte, er gleiche angeblich dem Frankfurter Handkäs, von dem sie schon gehört habe. Denn auch hier gibt es den typisch quarkigen Kern, reift der Käse 6 bis 12 Wochen und hat so gut wie kein Fett (2%!!).
Whaaaaaat?! Die Ösis können Handkäs? Genial!
Ist ja wohl klar, dass ich das gute, krümelige Stück probieren musste. Der Graukäse entsteht aus Sauermilch und ist also sowas von fettarm. Richtig genial wird er aber erst mit dem, was der Frankfurter „Musik“ nennt, nämlich einer Marinade aus Essig und Öl sowie feingehackten Zwiebeln. Oder man isst ihn mit viiiieeel Butter. Wie auch den Handkäs übrigens! (Und vorbei ist’s mit dem wenigen Fett. Aber wen interessiert das schon?!)
Käse verbindet: Von der Bankenmetropole bis zu den Almwiesen!
Anders als beim Handkäs kommt beim Graukäse noch ein grün-blauer Edelschimmel dazu. Für Käseliebhaberein echter Genuss. Für Käse-Gegner vermutlich die Höchststrafe!
Wunderbar auch die Aussage einer ebenfalls anwesenden Leiterin einer Käsetheke: „Der Graukäse hat’s ein bissl schwer bei uns. Den kann man ja schlecht der Kundschaft einfach so zum Probieren geben!“
Für Liebhaber eben. Und deshwegen befolgte ich gerne den Tipp, den Käse mit einem milden Olivenöl zu marinieren, etwas Baguette dazu zu essen und die würzige Schärfe so richtig zu genießen. (Ich finde auch Pumpernickel genial dazu, weil der mit seiner Süße ein wenig die Schärfe vom Graukäse nimmt…)
Und ob Ihr’s glaubt oder nicht: Ein hessischer Ebbelwoi passt ganz ausgezeichnet dazu!
Also: Boy oder Man? Bist Du eher ein „milder Käse“-Esser oder einer von den Harten, dem’s nicht schimmelig und würzig genug sein kann?
Habt ein schönes Wochenende & geht doch mal wieder auf Käse-Entdecker-Tour zu Eurem Käsehändler oder auf den Markt. Immer das Gleiche wäre ja langweilig…
*Zur Degustation verschiedener österreichischer Käse hatten die AMA (Agrarmarkt Austria) und das Magazin Falstaff eingeladen. Die AMA vertritt alle österreichischen Produzenten. Ginevra Sanders begleitete die Käsedegustation daher als Fachfrau. Dass meine Begeisterung mit dem schlichten Trigger-Word „Handkäs“ geweckt würde, konnte keiner der Beteiligten vorab wissen.
sehr interessanter Beitrag!!
Dankeschön!