Es kann und darf gerne exotisch zugehen in meiner Küche. Manchmal begeistere ich mich aber auch für die Klassiker der heimischen Küche: Frische Matjes mit einer Sauce nach Hausfrauenart und dazu neue Kartoffeln! Was haben Müllerinnen, Jäger, Bierkutscher, Braumeister und Hausfrauen gemeinsam? Richtig: Sie alle stehen Pate für Zubereitungsarten.
Während „Jägersauce“ bei uns oft eine Zubereitung mit Pilzen bedeutet, steht das italienische „Cacciatore“ eher für das vom Jäger geschossene Wildgeflügel wie Fasan oder Rebhuhn. Die Bierkutscher mögen’s gerne deftig und mit einem Schuss Bier, was auch für die Braumeister gilt. Die Forelle kommt blau (sanft in Salzwasser gegart) oder eben nach Art der Müllerin daher (gebraten und mit brauner Mandelbutter serviert). Die Küche kennt noch viele weitere Garnitur-Varianten von A wie Admiral bis Z bis (zum politisch unkorrekten) Zigeuner. Eine hübsche, nicht vollständige Liste bietet natürlich die Wikipedia.
Aber was ist eigentlich mit der Hausfrau?
Sind nicht alle Gerichte, sofern sie nicht von Profi-Küchen zubereitet wurden, irgendwann mal in der Küche der Hausfrau entstanden? War die Müllerin nicht auch Hausfrau? Hat der Jäger sein Schnitzel selbst mit Pilzsauce zubereitet oder das der Jägersfrau überlassen? Und was ist mit den modernen Berufen: Wie sähe etwa eine Dorade a la PR-Beraterin oder eine Rumpsteak nach Art des Journalisten aus?
Der Verdacht liegt nahe, dass die Hausfrau für eine einfache Alltagsküche steht. Vielleicht auch für geschickte Resteverwertung? Jedenfalls konnte mir auch die kluge Astrid nicht weiterhelfen, auf deren Rezept für Matjes Hausfrauenartich bei meiner Recherche gestoßen bin…
Aber genug der Theorie: Lass uns essen!
Jetzt ist Matjes-Saison und schräg gegenüber gibt es einen Fischladen. Noch Fragen? Matjes Hausfrauenart ist ein so herrlich unkompliziertes Gericht, das wenig Vorbereitung benötigt, nicht die Welt kostet und auch am nächsten Tag noch schmeckt. Viele Rezepte sagen, man solle den Matjes in der Sauce einige Stunden oder einen Tag ziehen lassen. Kann man, muss man aber nicht machen. Ich mag es frisch und ohne lange Wartezeit!
Vielleicht ist auch deshalb diese Matjes-Variante eine, die ich ungerne im Restaurant esse: Zu mayonnaisig, zu undefinierbar, zu sehr „verstecken wir’s doch im Matjes Hausfrauenart!“ You know what I mean?
Und was dazu?
Köstlich zum Matjes sind neue Kartoffeln (z.B. Annabelle von unserem Lieblingsstand auf dem Wochenmarkt), kleine Gewürzgürkchen und etwas Dill:
Zutaten für zwei Personen als Hauptgericht:
4 einzelne Matjes-Filets (oder 2 Doppelte)
1 Filet für die Sauce
250 gr Naturjoghurt, 3,5%
250 gr saure Sahne
2-4 EL süße Sahne (alternativ: Milch)
1 frischer, säuerlicher Apfel (z.B. Granny Smith)
3 kleine Schalotten
1/2 weiße Zwiebel
2 EL Apfelessig
Salz
Weißer Pfeffer aus der Mühle
Muskat
Zum Garnieren: Etwas Dill, kleine Gewürzgurken
Für die Kartoffeln: Etwas Butter, optional: Prise brauner Zucker
Zubehör: Große Schüssel, scharfes Messer, Kochtopf und Pfanne für die Kartoffeln
Zubereitungszeit: 20min, plus Zeit zum Ziehenlassen (wenn gewünscht)
So geht’s:
Das kleine Doppelfilet in ca 2 cm große Stücke schneiden. Den Apfel waschen und in Würfelchen schneiden. Schalotten in Ringe schneiden und kurz in kochendem Wasser blanchieren. Herausnehmen und Abtropfen lassen. Die halbe Zwiebel ebenfalls in feine Ringe schneiden. Alles in eine große Schüssel geben. Mit Joghurt und saurer Sahne vermischen. Damit die Sauce etwas homogener wird, die süße Sahne unterrühren. Nun mit Salz und Pfeffer, etwas Muskat und dem Apfelessig würzen und abschmecken. Achtung: Je salziger der kleingeschnittene Matjes, desto vorsichtiger mit dem Salz hantieren!
Die Sauce kalt stellen und ziehen lassen. Sie wird immer intensiver! (Wir haben ja ein kleines Filet in die Sauce geschnitten. Wenn Du das nicht machst, ist die Sauce natürlich viel milder!)
Jetzt die nur sauber geschrubbten Kartoffeln kochen und anschließend in der Pfanne mit etwas Butter und einer Prise Zucker anbraten. Zu den leicht gesüßten Kartoffeln hat mich Astrids Rezept inspiriert. Mir waren sie aber fast einen Ticken zu süß. Köstlich und mild sind die neuen Kartoffeln auch so. Wer mag, kann also auch Salzkartoffeln oder klassische Pellkartoffeln zum Matjes servieren.
Dazu haben wir ein eiskaltes norddeutsches Pils getrunken – und hinterher hätten wir sonstwas gegeben für einen Schnaps aus einer auf Eis liegenden Flasche Aquavit! Eben wie man sie im Norden bekommt. Denn der Fisch und die Sauce sind mächtig und kein leichtes „Komm, wir essen mal etwas Fisch für die schlanke Line“-Gericht!
Matjes Hausfrauenart ist für mich ein köstliches Traditionsgericht! Mit besten, frischen Zutaten ein echter Genuss. Man muss also nicht immer super exotisch kochen, wenn man sich was Feines auf den Teller bringen will.
Was ist für Dich ein typischer Klassiker der deutschen Küche?
Matjes, die Idee fürs Wochenende! Einmal so und einmal mehr sommerlich, im Salat mit Melone, Pfirsich, Tomate und Paprika, danke für die zündende Idee.
Und was die Klassiker angeht, Sauerbraten fällt mir da ein- oder eben die vielen schwäbischen Klassiker – Maultaschen, Käsespätzle und dergleichen mehr.
Oh ja, Käsespätzle will ich schon ewig selbst machen!! Lass Dir den Matjes schmecken!
Lecker! Und ja, Matjes ist Hüftgold, aber das muss halt auch mal sein.
Klassiker der deutschen Küche … hm, welcher deutschen Küche, die ist ja doch regional extrem verschieden aufgebaut. Allen Gegenden gemeinsam ist wohl die Kartoffel, aber sonst?
Da ich „nordisch by nature“ bin, fällt mir neben dem Labskaus noch Hamburger Aalsuppe als Traditionsgericht ein, eine kräftige süß-saure Suppe mit Backobst und Aal. Dann natürlich Stinte im Herbst, z.B. beim Stintfest im Alten Land.
Beer’n, Boh’n un Speck sind auch so etwas aus der Region, und natürlich Grünkohl, die „Dithmarscher Palme“, mit den leckeren, kleinen Zuckerröstkartoffeln und ‚nem Jever dazu und dem Jubi hinterher.
Oh ja, Jever & Jubi!! Ich finde die regionalen Unterschiede ja gerade so toll (s. mein Kartoffelsalat-Event!). Wir haben hier ja eine hessisch-rheinisch-bayerische Mischung mit großer Liebe zum Norden. Das deckt schon viel ab. Labskaus will ich dieses Jahr UNBEDINGT machen!!
Danke für dieses amüsante Lesevergnügen!
Matjes gibt es hierzulande keine, in vergangener Zeit habe ich sie jeweils gerne auch nach Art meiner Oma (Grossmutterart?!) zubereitet, mit Roter Beete in der Sauce: Oder «my Style» (Felixart?!!), mit filetierten Orangen, Pastis und Sauerrahm.
Cédric Dumont definiert übrigens in seinem «Kulinarischen Lexikon»:
Hausfrauen-Art (frz. à la bonne femme), einfach, familiär, ländlich zubereitet, gedünstet oder geschmort und oft im Kochgeschirr serviert (…).
Daneben wird auch die «Haushälterin-Art» beschrieben:
(frz. à la ménagère), mit einfachen, preiswerten Zutaten.
Zu den deutschen Klassikern zähle ich auch Klitscher/Reibekuchen/Kartoffelpuffer, die ich sehr gerne esse!
Mit besten Grüssen aus Fernost,
FEL!X
Lieber Felix, herzlichen Dank für die Einblicke. Die französische Küche unterscheidet also noch mal zwischen Hausfrau und Haushälterin? Hochinteressant und eine Doktorarbeit wert. Kartoffelpuffer/Rievkoche mag ich auch sehr und habe bereits ein Rezept verbloggt. Genial, wenn man bei heißen Temperaturen auf der Terrasse die Puffer ausbacken kann. Das stinkt wie Hölle!!
Hach, das gab es bei uns letztens auch einmal, im Mai.. kann es mal wieder geben… danke für’s Erinnern!
Gerne. Die Saison ist ja gerade erst gestartet!
Gestern gab es dann wieder Matjes..
Hmmm… Lecker!
Feines Rezept, so mache ich es auch, hier müssen auch nicht durch ziehen, kommen sofort auf den Tisch.
Statt süße Sahne, nehme ich Milch, Pimentkörner und Wacholderbeeren rösten bis sie duften dann gemörsert. absolute Suchtgefahr
https://www.kuechengoetter.de/rezepte/matjes-nach-hausfrauenart-ohne-mayonnaise-2250
Grüße, Toskanafan
Das klingt toll! Danke für den Tipp!
Gerne, freut mich, aber nicht vergessen!
Ich liebe Matjes und so angetan ich von des GöGas Zuhausebüro bin, muss ich leider auf viele kleine Köstlichkeiten, die ich sonst unter der Woche esse, verzichten.
So auch Matjes oder auch Spargel.
Jetzt tropft mir ordentlich der Zahn! 🤤
Liebe Grüße
Britta