Von Grünkohl mit Mettwurst und dem Geheimnis einer glücklichen Ehe

Der Mensch ist ja auch nur ein Säugetier. Und seit wir von den Bäumen gesprungen und uns den aufrechten Gang antrainiert haben, hat sich meiner Meinung nach auch gar nicht so viel geändert – vor allem, was die Essenszubereitung betrifft.

Als das Feuer entdeckt war, waberten schon die ersten Grilldüfte durch die Höhle, Männchen scharten sich um’s Feuer, warfen Knochen hinter sich, die ihre Frauen dann abnagen durften – bevor sie anschließend den Grillrost die Feuerstelle sauber machten.

Eine weitere typische Szene zwischen Herrn und Frau Steinzeitmensch stelle ich mir wie folgt vor: Er, ganz der selbstbewusste Jäger, schleppt ein komplettes, selbst erlegtes Mammut in die Höhle und artikuliert – mehr oder weniger elegant – „Weib, mach!“ Daraufhin rückt sie den Fellumhang zurecht, steckt sich ein paar Knochen ins Haar und sieht zu, was sie mit so einem kompletten Vieh anfängt. Räuchern, pökeln, einlegen sind Errungenschaften, die vermutlich verzweifelte Hausfrauen erfanden, um der Jagdbeute Herr zu werden, die die holden Gatten vor die Höhle, die Holzhütte oder das Fachwerkhaus legten.

Auch Anne Boleyn hätte wahrscheinlich ihren hübschen Kopf behalten, …

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…wenn sie gewusst hätte, was sie mit den ganzen Fasanen, Kaninchen und Rehböcken anfangen soll, die der passionierte Jäger Henry Nummer Acht ihr vor das Schlafgemacht legte. (Zumindest hätte er sich sicherlich ein bisschen mehr Begeisterung für seine Jagdkünste gewünscht.)

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Heute gehen unsere Männer ja eher selten auf Jagd. Wobei der gewöhnliche Einkauf von Lebensmitteln gerne als ähnlich aufopferungsvoll und risikoreich dargestellt wird. Gesteigert wird die eigene Begeisterung über das Anlegen von Vorräten dann noch, indem ER zur Arbeit geht und IHR überlässt, aus dem Vorhandenen ein leckeres Abendessen zuzubereiten.

Bevor es zur Verwirrung kommt: Wir reden hier selbstverständlich bei Jagd- und sonstiger Beute IMMER von Fleisch. Bei unserem Beispiel übrigens von zwei Mettwürsten und zwei Kassler Rippchen. Und die schreien ja förmlich nach Grünkohl. Grünkohl?? Noch nie selber zubereitet! Nichtmal gegessen!!!

Also: Obwohl ohne jeden Bock auf herzhaftes Winteressen, bin ich selbstverständlich – und hier kommen wir dann zum Thema der Headline – bei schneidend kaltem Nordostwind 1 Grad plus in aller Hergottsfrühe um 11 Uhr vormittags auf das Grünkohlfeld den Wochenmarkt, um ein Kilo hiervon zu kaufen:

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Schöner frischer Grünkohl aus der Region – perfekt für usseliges Winterwetter und wunderbare Begleitung zu den erlegten Mettwürsten und Rippchen!

Die Herausforderung bestand natürlich darin, dass ich Grünkohl noch nie zubereitet/gegessen hatte. Woher soll ich also wissen, wie das Zeug schmecken muss? Zum Glück gibt es das Internet, diverse Basis-Kochbücher und meinen Telefonjoker. Ich war mir zumindest also bei der Zubereitung schon mal ziemlich sicher…

Denn Mettwürste und Rippchen waren ja nunmal im Haus. Also, ran an den Speck und Grünkohl gemacht! Ich hatte ja fast keine andere Wahl 🙂

Zutaten für 2 Personen (inkl. Resteportion zum Aufwärmen) in meiner Variante:

1 kg Grünkohl

2 Mettwürste

2 dünne Rippchen (Kassler)

6 mittlegroße, festkochende Kartoffeln

100 gr Bauchspeck

1 große Zwiebel

ca. 400 ml Gemüsebrühe

2 EL Senf

Salz

Pfeffer

Muskatnuss

2 EL Pflanzenöl

Für die Zubereitung braucht Ihr mind. 2 Stunden Zeit – besser sind 3-4 Stunden. So geht’s:

Jeweils ein Blatt Grünkohl vom Mittelstrunk schneiden und anschließend vom Blattstrunk die krausen, weicheren Teile runterschneiden oder -zupfen. (Blattstrünke können aufgehoben und z.B. für eine hausgemachte Gemüsebrühe verwendet werden). Das Ganze ist eine ziemliche Sträflingsarbeit, lohnt sich aber! Die Grühnkohlblätter kräftig waschen und – am besten in einer Salatschleuder Portion für Portion – ordentlich trocknen. Zwiebel fein hacken, Bauchspeck würfeln. Öl in einem sehr großen Topf erhitzen und den Bauchspeck darin auslassen. Dann die Hitze reduzieren und die Zwiebeln andünsten. Währendessen die Grünkohlblätter noch mal möglichst fein hacken und portionsweise zu den Zwiebeln geben. Umrühren, etwa die Hälfte der Brühe angießen, mit Salz, Pfeffer, Muskat und Senf würzen. Deckel zu und mindestens 90 min auf kleiner Flamme köcheln lassen.

Zwischendrin könnt Ihr immer mal schauen, ob Ihr noch mehr Brühe zugießen müsst. Unser Grünkohl war recht trocken. Aber besser gießt Ihr nach, als dass der Kohl schon zu Beginn schwimmt.

Kartoffeln schälen, vierteln und in gesalzenem Wasser fast gar kochen. Sie sollten aber noch nicht ganz durch sein!

Je nachdem, wie fest die Grünkohlblätter sind und wie zerkocht Ihr den Kohl mögt, könnt Ihr auch 2 oder 2,5 Stunden Garzeit einplanen. Das Gemüse wird eigentlich immer leckerer.

Sobald der Kohl gut ist, gebt Ihr die Mettwürste und die Rippchen auf den Kohl, schließt den Deckel wieder und lasst das Fleisch garen. Das dauert etwa eine halbe Stunde – je nach Dicke des Fleisches.

Kurz vor Ende der Garzeit nehmt Ihr das Fleisch heraus, hebt die Kartoffelstücke unter den Kohl und legt das Fleisch wieder obenauf. Deckel zu, ziehen lassen. Etwa weitere 5-10 Minuten.

Achtung! Speck, Rippchen und Mettwürste – vor allem, wenn Ihr Letztere anstecht – geben noch mal ordentlich Salz und Aroma ab. Ihr solltet den Kohl also nicht zu stark würzen.

Serviert wird das Ganze in tiefen Tellern oder zumindest in Tellern mit Rand. Dazu noch einen Klecks Senf. Vor allem aber ein eiskaltes herbes Bier aus dem Norden – und hinterher einen Schnaps!

Grünkohl ist alles andere als ein elegantes Gemüse. Die deftige Zubereitung mit Kartoffeln, Mettwürstchen (im Norden „Pinkel“-Würsten) und ordentlich Alkohol lässt die bäuerliche Herkunft schon erahnen. Die Schweizerin Marie-Isabell hat mir auf Facebook sogar verraten, dass der Grünkohl in der Schweiz „Deutsches Kriegsfutter“ hieß – nicht gerade schmeichelhaft… (weder für „uns“ noch für das Gemüse)

Aber der Geschmack ist wirklich herrlich! Er liegt irgendwo zwischen Spinat und Wirsing mit einer leicht süßlichen Note, die der Kohl durch den Frost bekommt. Unfassbar, dass dieses Essen bisher an mir vorübergezogen ist – obwohl ich doch so ein großer Norddeutschland- und Nordsee-Fan bin! Solange die Saison dauert, werden wir sicherlich noch mal Grünkohl zubereiten. Und Ihr?

Ach, übrigens: Die selbstlose und trotzdem scheinbar überzeugende Zubereitung des (morgens noch fremden) Gemüses trotz Unlust auf Winterkohl und unter Berücksichtigung der vorhandene Fleischvorräte haben den bEdW zu Begeisterungsstürmen veranlasst. Kopf bleibt drauf, die Höhle bleibt friedlich – happy wife, happy life 🙂

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  1. So wie Du das schilderst, muss ich wohl mal Grünkohl jagen gehen. Ein einziges Mal habe ich den bislang gemacht; aber komischerweise habe ich gar keine Erinnerung mehr daran, wie er geschmeckt hat.

  2. Ich muss gestehen, dass ich deine Begeisterung für Grünkohl (obwohl immer in Norddeutschland wohnhaft-sozialisiert) nicht teilen kann. Ich habe ich auch gelegentlich aufopferungsvoll für Herrn H. zubereitet – der liebt ihn – aber wenn ich drum herum komme, bin ich glücklich 😉

  3. Danke!! 🙂

    Ich hab auch noc nie Grünkohl zubereite, geschweige denn gegessen, aber dank Deines ausführlichen Berichts bin ich jetzt schlauer 🙂 aber so richtig reisst’s mich immer noch ned ran…

  4. Katerine says:

    Herrlich, was Du dem schnöden Grünkohl für schöne Geschichten entlockst! Ich liebe Grünkohl! Er wird für mich mit jedem Aufwärmen noch besser! Am besten mit Kassler, Pinkel… und mitgekochtem Speck (den man dann einfach raus nimmt). „In vielen Gemeinden, in denen das Grünkohlessen zelebriert wird, werden auch Kohlkönige gekürt.“ Die Königsdisziplin sozusagen… Hmmm, lecker… ach, ich hätte Dich gern mit von Knöchelchen hochgesteckten Haaren im Fellkleidchen an der Feuerstelle gesehen… 😉

  5. @magentratzerl Probier ihn nochmal, solange Saison ist. Bin sicher, dass er Dir schmeckt.

    @evazins Ja, am GK scheiden sich wohl die Geister. Aber wenn der Herr H. ihn doch so sehr mag.

    @Alice Aber wenn er Dich dann aufm Markt anlächelt, kannst Du sicher nicht nein sagen 😉

    @Katerine Hihi… Ich bin dann wohl die Kohlkönigin! Mit einer Knochen-Fell-Krone!

  6. Keine Ahnung wieso, aber in Wien haben wir keinen Grünkohl. Sogar in den Südstaaten der USA habe ich den wachsen gesehen, aber in Wien auf den Märkten oder in den Supermärken: nichts zu finden.

    1. Das ist ja verrückt. Hätte ich nicht gedacht. Und Ihr verpasst da leider was Leckeres!

  7. Yeah, Grünkohl! NOCH besser, wenn du dazu kleine pellkartöffelchen kochst und diese mit Butter und etwas Zucker leicht karamellisieren lässt.
    Liebe Grüße ausm Norden!

    1. Hatte ich sogar vor. Aber der bEdW wollte es gerne „durcheinander“. Beim nächsten Mal aber gerne. Danke für den Hinweis…

  8. Bei uns gibt’s bestimmt einmal die Woche Gruenkohl, das Zeug ist ein Supergemuese und meine Jungs lieben es 🙂 Ich mach’s nicht gnaz so daeftig, einfach als Beilage. Knobi und Olivenoel in die Pfanne, Gruenkohl von den Staemmen abloesen, ein bissl kleiner schneiden wenn’s sein muss und ab in die Pfanne. Kurz anbraten und dann Gemuesebruehe dazugeben, so dass der Kohl bis ca zur Haelfte in der Bruehe ist. Deckel drauf und weich koechen, ca 15-20min. Dann kurz vor’m Servieren schnell ein bisschen frischen Zitronensaft drueber, fertig 🙂
    Oder in Suppen schmeissen. Auch super. Ich weiss, dass hier auch hanz viele Leute Chips draus machen, google mal Kale Chips, ich hab’s noch nicht probiert, soll aber schmecken 🙂

    1. Von den Chips habe ich auch schon gehört. GK steht jetzt definitiv häufiger aufm Speiseplan!

  9. Hi, schön, dass dir dein erster Grünkohl so gut geschmeckt hat. Allerdings war er noch nicht richtig original. Grünkohl MUSS nämlich unbedingt süß sein. Entweder also streust du vor dem Essen noch eine ordentliche Portion Zucker drüber. Oder aber du machst karamellisierte Kartoffeln dazu. Traditionell nimmst du dazu gaaanz kleine Pellkartoffeln, brätst sie in der Pfanne und karamellisierst sie dann. Aber auch „normale“, schön krosse Bratkartoffel schmecken sehr lecker (dann aber Zucker in den Kohl!)
    Liebe Grüße aus Schleswig-Holstein ; – )

    Claudia

    1. Also uns war er durch den Frost süßlich genug. Die karamellisierten Kartoffeln sind aber beim nächsten Mal unbedingt dran.

  10. Shut, hier gibt es kein Frost. 😉 Mal gucken ob es trotzdem Grünkohl irgendwo zu ergattern gibt.

  11. Ja, wenn denn Winterwetter wäre …

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