Lieblinge im August: Der Monatsrückblick {enthält Werbung}

Dass ich das jetzt jedesmal als Werbung kennzeichnen muss, wenn ich Euch erzähle, wo ich mich so im Vormonat rumgetrieben habe, nervt gewaltig. Zumal ich damit keine müde Mark verdiene. Aber so ist sie, die schöne neue Internet-Welt. Ich hoffe, Ihr lasst Euch davon nicht abschrecken und blickt trotzdem mit mir zurück auf diesen knisterndheißen August!

Unterwegs

Wenn der Asphalt Blasen wirft und der Grill auch ganz ohne Holzkohle schon Temperaturen annimmt, um zumindest mal Spieleier auf dem Deckel braten zu können, bleibt die Küche größtenteils kalt. Wir haben mit lieben Freunden im Kloster Eberbach einen sommerlichen Hochzeitstag gefeiert (von dort stammt auch das Titelbild dieses Posts), haben unser Grillgut mit Freunden zusammen auf den Grill geworfen und den lauen Sommerabend durchgequatscht…

Held am Herd Höfchen

…das Wiesbadener Weinfest an jedem seiner zehn Tage besucht – mal länger, mal kürzer aber immer mit netten Begegnungen…

Weinfest Wiesbaden 2018

…und den Kopf geschüttelt über den Wiesbadener, der seine Weinflaschen dann auch gerne mal im Automatenraum der örtlichen Bank abstellt!

An einem der heißesten Tage des Jahres war ich mit einer lieben Ex-Kollegin auf Frankfurts Dächern unterwegs mit wundervollem Blick auf die Alte Oper und die Bankentürme – über den Rest des besuchten Etablissements breite ich den Mantel des Schweigens. Aber der Ausblick und die guten Gespräche heben ohnehin miesen Service hundertfach wieder auf!

Alte Oper Frankfurt

Höhepunkt meiner August-Tingelei war sicher das Wochenende, das ich gemeinsam mit meiner Mutter bei meiner Schwester in Birmingham verbracht habe. Aber hierzu will ich Euch einen eigenen Post schreiben mit Tipps rund um diese touristisch leider noch völlig vernachlässigte Stadt – die immerhin Partnerstadt Frankfurts ist und den größten Weihnachtsmarkt außerhalb Deutschlands hat! Ha! Aber dazu demnächst mehr!

Haiku Botanical Gardens Birmingham
Every bonsai / dreams of being a tall tree / until the wind blows.

In den Highlights auf Instagram könnt Ihr schon mal einen Vorgeschmack bekommen.

Gelaufen…

…bin ich im August hitzebedingt nur wenig. Für halbwegs angenehme Temperaturen hätte ich um 4 Uhr aufstehen müssen. Da war mir mein Schlaf wichtiger, zumal ich im August sehr viel zu tun hatte und dringend zeitig am Schreibtisch sitzen musste. Die Bilanz 2018 wird jedenfalls deutlich schlechter ausfallen als 2017. Aber was soll’s? Ich laufe aus Freude an der Bewegung, um mein Hirn frei zu bekommen. Der erste September-Lauf war jedenfalls schon wieder ein Genuss und macht Lust auf spätsommerliche und herbstliche lange Läufe mit kühler Brise, Sonnenflecken und bunten Blättern unter den Füßen!

Gelesen…

…habe ich unter anderem eines der besten Bücher des an guter Lektüre ohnehin reichen Jahres. Mein Highlight im Sommer:

Yaa Gyasi: Heimkehren (416 Seiten, DuMont, 22€)

Über sieben Generationen reicht dieser schmale Roman, der im Ghana des 18. Jahrhunderts mit dem Leben zweier Schwestern beginnt, deren Wege sich aber bald trennen und komplett unterschiedlich entwickeln.
Dass daraus im Folgenden kein 1000-Seiten-Buch wurde, ist einem klugen Kniff der Autorin zu verdanken: Fortan widmet sie jedes Kapitel einem Protagonisten einer Generation – immer im Wechsel aus dem Strang der einen oder der anderen Schwester. So ergeben sich Schnappschüsse, die zwar miteinander verwoben sind, aber doch ihre ganz eigene Geschichte erzählen. In etwa so, wie wenn man ein Fotoalbum betrachtet und die Verwandtschaft fragt, wer denn der Mensch auf dem Foto ist.
Gyasi macht das so gut, dass sie ohne erhobenen Zeigefinger quasi nebenher klug und sensibel auch die Geschichte der Sklaverei – in Afrika UND Amerika – erzählt. Und das alles auf gerade einmal 400 Seiten!
Die einzelnen Kapitel könnten jedes für sich der Auftakt zu einem eigenen Roman sein. Man ist fast traurig, wenn man den jeweiligen Protagonisten, die Protagonistin wieder „verlassen“ muss. Neben „Underground Railroad“ der sicher beste aktuelle Beitrag zur Aufbereitung der Sklaverei durch junge afro-amerikanische Autor*innen

Zu meinem zweiten Highlight (ja, 2018 rockt lektüremäßig sehr!) „2666“ von Roberto Bolaño möchte ich einfach nur zu dieser Rezension von Ijoma Mangold in der ZEIT verlinken, weil ich die 1.200 Seiten auch nicht treffender beschreiben könnte. Keine leichte, aber eine mehr als lohnende Lektüre für alle, die sich wirklich gerne auch mal ein bisschen fordern lassen von Literatur!

Während ich jetzt mal zwei „seichte“ Bücher für zwischendurch lese, wächst die Wunschliste schon wieder: Obwohl kein Comic-Fan (ich find‘ einfach keinen Zugang zu dem Medium…), will ich unbedingt die Berlin-Trilogie von Jason Lutes lesen. Neugierig gemacht hat mich dieser Beitrag aus dem TAGESSPIEGEL.

Gegessen…

…wurde natürlich nicht nur unterwegs!

Es gab einen köstlichen Handkäs-Obazda nach Martina & Moritz und weitere Rezepte mit der hessischsten aller Käsesorten:

Handkäs Aufstrich vegetarisch German Abendbrot

einen weiteren Versuch samt Zwischenfazit mit der One Pot Pasta – diesmal mit Pilzen:

One Pot Pasta Pilze German Abendbrot Rezept

kühle, selbst gewickelte vietnamesische Sommerrollen (was könnte besser in diesen August passen?) und 3 köstliche Dips:

Vietnamesische Sommerrollen

Dips vietnamesische Sommerrollen Rezept Foodblog German Abendbrot

und eine weitere Hommage an den Food-Poeten Nigel Slater und seine einfachen aber immer glücklich machenden Gerichte. Wie dieser Schweinebauch nach Szechuan-Style auf Udon-Nudeln:

Szechuan Style Schweinebauch Rezept Wok German Abendbrot

Der Mensch ernährt sich ja aber nicht alleine vom Essen. Auch der Kopf will immer mal „gefüttert“ werden. Denn wer nicht ab und zu mal was Neues auf der Festplatte speichert, kann auch keine Kreativität abrufen, wenn’s drauf ankommt. Also gab’s auch im August:

Food for Thought

„Bad News“ war das Motto der diesjährigen Wiesbadener Biennale mit teils schrägen, teils arg bemühten aber immer wieder anregenden Kunstaktionen in der Stadt. Highlight war sicherlich die Installation eines Supermarktes im altehrwürdigen Hessischen Staatstheater. Kommerz trifft Kunst und Kultur – und zwar mit dem Holzhammer. Auf Instagram hab ich Euch noch ein paar mehr Fotos gezeigt.

Biennale Wiesbaden Staatstheater Rewe

Für deutlich mehr Furore sorgte eine goldene Erdogan-Statue auf dem Platz der Deutschen Republik, die noch am selben Tag abgebaut wurde, weil die Stadt wohl um Ruhe und Frieden fürchtete. Kunst at its best ist für mich auch, wenn sie zum Diskutieren anregt, Emotionen weckt, kontrovers ist. Das war die Erdogan-Statue allemal. Einen Bericht aus der hessenschau findest Du hier.

Kann man über den August sprechen, ohne Chemnitz zu erwähnen? Ich bin schockiert, verwirrt, irritiert. Und als PR- und Medienmensch bin ich entsetzt, wie viel gerade kommunikationsseitig falsch läuft – von Seiten der Politik, der Parteien, der Polizei, der Demonstranten. Haben wir wirklich verlernt miteinander zu sprechen, zuzuhören, zu argumentieren? Wie wichtig dieses Miteinander-Reden ist, zeigt ein Post im Blog von Anke Gröner, den sie anlässlich einer Leserinnen-Mail veröffentlichte, die sie aus der ehemaligen DDR erhielt. Auch 29 Jahre (!) nach Fall der Mauer haben wir scheinbar immer noch nicht kapiert, dass nicht Staatsverträge aus zwei Ländern ein Land machen. Lesenswert!

Ebenso lesenswert und haaresträubend ist der SPIEGEL-Artikel über eine Lynchmord-Nacht im Jahr 1921 in Tulsa (Oklahoma). Nach der Lektüre vielleicht mal wieder diese Perle von Billie Holiday anhören?


Im Sommer habe ich mir ein Kurz-Abo des New Yorker Magazines gegönnt. Jetzt werde ich noch bis Oktober jede Woche mit großartigem Journalismus verwöhnt, der mir die amerikanische Perspektive (ok, die Ostküsten-Perspektive) auf die USA ins Haus liefert. Ganz aktuell lesenswert die Beiträge zu zwei sehr amerikanischen Trauerfeiern: der für Aretha Franklin und der für John McCain. Letztere nennt der New Yorker „the biggest resistence meeting yet“ (etwa: die größte Widerstands-Zusammenkunft bisher). Wer TV-Ausschnitte aus der Wutrede von McCains Tochter und die betretenen Blicke von Ivanka Trump gesehen hat, weiß, wie der Verfasser zu dieser Aussage kam.

Irgendwie werden wir diesen Planeten schon kaputt kriegen. Wenn nicht durch sture alte Männer, die Politik als Schwanzvergleich verstehen, dann vielleicht durch unsere Ignoranz beim Konsum. Was tatsächlich mit meinem Plastikjoghurtbecher passiert, hat die ZEIT in einer interessanten Infografik zusammengestellt. Nur leider wird nicht ausreichend recycelt – etwa 21 Prozent der Inhalte des Gelben Sacks. Der Rest wird verbrannt oder verschifft. Also besser auf Plastik beim Einkaufen verzichten. Immerhin wollen einige Discounter jetzt endlich die Verpackungsflut eindämmen. Zeit wird’s.

Tschüß August! Hallo September!

Und weil ich den Rückblick Anfang September schreibe, meinem Lieblingsmonat, schließe ich heute mal nicht mit Kästner sondern mit Rilke. Denn sehr groß war er, dieser Sommer.

Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

(Rainer Maria Rilke)

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