Ich empfinde weder „Kartoffel“ noch „Kraut“ als Schimpfwort. Beides liebe ich nämlich sehr. Ja, ich bin eine Kartoffel und auch ein Kraut. Was für ein Schimpfwort soll das sein? Als nächstes nennen sie mich vielleicht „gebratener Speck“ oder „Röstzwiebel“ – damit kann ich leben. Nur, wehe, es nennt mich jemand „Rosenkohl“. Dann werd‘ ich aggro!
Russisch, polnisch oder deutsch?
Ist ja auch nicht so, als würden nur die Krauts, also die Deutschen, tatsächlich Kraut essen. Ich glaube, der Pro-Kopf-Verbrauch an Kohlsorten ist in Osteuropa deutlich höher. Und dann verwundert es auch nicht, das eines der köstlichsten Eintopfgerichte polnische oder russische Wurzeln hat – je nachdem, wen man fragt. In einer ähnlichen Variante kenne ich den Wirsing- oder Weißkohleintopf mit Speck, Pilzen und – in meinem Fall – Kartoffeln auch aus heimischen Töpfen. Also: We’re all Krauts!
Eine russisch basierte und abgewandelte Form des aus Polen bekannten Bigos habe ich bei Vikalinka entdeckt (für das Rezept einfach hier klicken). Den köstlichen Wirsingeintopf mit Pilzen und Speck habe ich ebenfalls abgewandelt und viel Muskat, 2 Lorbeerblätter, keinen Knoblauch, dafür aber Kartoffeln (damit es auch richtig deutsch wird!) ergänzt. Wichtig ist auch die Saure Sahne, die ich am Ende noch mal mit Dill verrührt über das Gericht gegeben habe. So wird es schön herzhaft, deftig und sättigend.
We’re all Krauts!
Gibt es etwas, das uns mehr verbindet, als gemeinsames Essen? Den Duft von Wirsing und gebratenem Speck kenne ich aus meiner Kindheit ebenso, wie Vikalinka aka Julia (nomen est omen) es aus ihrer kennt. Warum also „Kartoffel“ oder „Kraut“ als Schimpfwort sehen? Im Gegenteil: Dieser wärmende Eintopf hat uns gut getan, Kindheitserinnerungen geweckt und ein wohliges Gefühl im Bauch und im Herzen hinterlassen. Danke, Vikalinka, für das schöne Rezept!
Guten Appetit & schönes Wochenende
