18. Dezember: Schenk' mir ein Buch. Teil II

So, wir nähern uns der Sommerlektüre. Hier die zweite Runde meiner Kurz-Rezensionen zu meinen Büchern 2016:

(Für Neueinsteiger: Die erste Runde gab’s hinter dem gestrigen Türchen)

Evelyn McCune – Wu Jao. Die Kaiserin: Ich liebe es in Antiquariaten zu stöbern. Fatalerweise habe ich eines direkt vor der Tür. Dieses dicke Taschenbuch musste ich einfach mitnehmen und habe es nicht bereut: Der Roman über Chinas erste Kaiserin ist interessant, spannend, gut geschrieben und absolut horizonterweiternd. Kann man Besseres über ein second-hand-erstandenes Taschenbuch sagen? Für Historien-Fans, Frauen-Rechtlerinnen und China-Interessierte.

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Stephen King – Finderlohn: Die Fortsetzung von „Mr Mercedes“ (s. gestern) und Mittelteil einer Trilogie. Aber obwohl die mittleren Bände sonst bei Trilogien meistens etwas langweilig sind, stimmt hier wieder alles. Der im Koma liegende „Mr Mercedes“ aus Band 1 taucht auch wieder auf. Und wieder stehen die Nackenhaare nach oben. Spätestens beim Schlusssatz. Für King-Fans und Freunde milden Horrors. 

Adrian McKinty – Rain Dogs: Auf englisch gelesen, da ich McKinty-süchtig bin (s. gestern!). Mittlerweile gibt es den Band auf deutsch. Was ein klassischer Locked-Room-Krimi zu sein scheint, wird eine bitterböse politische Abrechnung. Und Sean Duffy ist mal wieder unglücklich verliebt. Dabei webt McKinty wunderbar die Zeitgeschichte in sein Buch: Der Besuch Muhammad Alis in Belfast, den ein gewisser Bono zum Anlass nimmt, sich aufzumanteln. Und Sean Duffy mittendrin in der Polizeieskorte. Komisch, bitter, spannend – sau gut! Die ganze Reihe ist brillant. Noch mal: Für jeden Fan gut gemachter Krimis, 80er-Jahre-Fans und Irland-Liebhaber. Übrigens: Adrian McKinty ist auch auf Twitter und freut sich über Feedback zu seinen Romanen!

Saša Stanišić – Fallensteller: Schon „Vor dem Fest“ fand ich dermaßen brillant, dass ich auch diesem Autor auf Twitter folgen und ihm sagen musste, wie toll sein Buch ist! Die eingeschobenen Kapitel aus Sicht der Füchsin waren einfach – whoooaaaa! – großartige Literatur. Der Fallensteller knüpft in miteinander verwobenen Kurzgeschichten wieder an „Vor dem Fest“ an. Aber man kann es auch separat lesen. Für den vollen Genuss empfehle ich aber beide Bücher zu lesen. Für Freunde deutschsprachiger, zeitgenössischer Literatur mit einem feinen Sinn für Humor und Spaß an grandioser Sprache, fein gezeichneten Charakteren und manchmal absurd-komischer Handlung.

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Tom Cooper – Das zerstörte Leben des Wes Trench: Hurrican Katrina hat im amerikanischen Süden Zerstörung und Chaos hinterlassen. Und der junge Wes Trench hat kaum Hoffnung ein besseres Leben zu führen als sein Vater und dessen Kollegen: Fischer, die in den ölverseuchten Everglades kaum noch etwas finden. Kein Wunder, dass die verrückten Toup-Brüder lieber mit Drogen handeln und der alte Lindqvist einem vergrabenen Schatz hinterherjagt. Für Fans großer amerikanischer Erzähler a la Steinbeck oder T. C. Boyle.

Erling Jepsen – Kopfloser Sommer: Ein überraschender Roman, der wie ein Krimi anfängt, dann Richtung Fantasy driftet und einen irgendwie etwas verblüfft zurücklässt. Der Titel ist übrigens wörtlich zu nehmen. Eine jugendliche Protagonistin, die man sofort ins Herz schließt, eine etwas verzweifelte, verlebte Mutter, die einen jungen Streuner bei sich aufnimmt und ein Mutter-Tochter-Konflikt der ETWAS eskaliert… Für Freunde schwarzen Humors.

Simon Scarrow – Centurio: Die Reihe um die römischen Legionäre Cato und Macro umfasst mittlerweile 15 Bände. Ich bin jetzt bei Band 9 angekommen. Spannende Römer-Historien-Stories mit viel Schwerter-Schwingen, Helme-Schnüren, Britannier-Verkloppen. Und glücklicherweise auch mit dankenswert wenig Weiber-Kram. Dafür mit feinem Buddy-Humor. Schön für Asterix-Fans und Sandalen-Film-Freunde. Bringt vielleicht auch Jungs ab 12 zum Lesen?!

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Fiona Barton – Die Witwe: Ein weiteres Highlight 2016. Was macht es mit einer Frau, die jahrelang mit einem Mann zusammen war, der des Kindsmordes verdächtigt, aber nie verurteilt wurde. Die nagenden Zweifel, die soziale Abgeschlossenheit – all das beschreibt Barton haarsträubend. Und immer aus unterschiedlichen Perspektiven. Meine komplette Rezension findest Du hier. Für Psychologen und Freunde unterschwellig daherkommender Krimis.

Jane Gardam – Ein untadeliger Mann: Erster Band der Old-Filth-Trilogie – noch ein Highlight 2016! Jeder Band aus einer anderen Perspektive geschrieben. Dieser erste Band berichtet aus der Sicht Edward Feathers über dessen Leben. Als junger Anwalt legte er eine brillante Karriere hin. Aber seine stets britisch-korrekte Haltung täuscht nicht nur seine Kollegen und Freunde sondern auch ihn. Im Alter blickt er zurück auf Freunde, Feinde, die Liebe. Britisch bissig, sehr klug geschrieben. Ein absolutes Meisterwerk – alle drei Bände! Für Fans langsamer, gut gemachter Erzählkunst und England-Freunde. 

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Jane Gardam – Eine treue Frau: Zweiter Band der Trilogie aus Sicht von Betty, Edward Feathers Frau. In China aufgewachsen ist sie dem Land näher als dem kalten, trüben England. Trotzdem gibt es keinen anderen Weg, als ihrem Mann und dessen Karriere zu folgen. Auch wenn ihre Leidenschaft einem anderen gilt. Klingt nach Schmonzette? Ist es nicht. Weise aus der Perspektive einer Frau verwebt Gardam Rollenvorstellungen, Standesdünkel, Politik mit dem Schicksal ihrer Protagonisten. Jeder, jeder, jeder sollte diese schmale Trilogie lesen. Sie ist einfach genial!

Jane Gardam – Old Friends (Letzte Freunde): Der letzte Band war seinerzeit noch nicht auf deutsch erschienen. Also habe ich ihn auf englisch gelesen. Denn ich musste unbedingt weiterlesen! Alle drei Bände habe ich an einem Wochenende verschlungen. Diesmal kommt die Perspektive Terry Veneerings in den Vordergrund, Edward Feathers langjährigem Intimfeind, Gegner, Widersacher… Ich will nicht zu viel verraten. Aber im letzten Band dreht Gardam noch mal auf. UNBEDINGTE LESEEMPFEHLUNG!

Gard Sveen – Der letzte Pilger: Merke: Nicht alle skandinavischen Krimis sind gut. Wenn der Deutsche schon Udo Fritz heißt und der Kommissar ein brutaler, Frauen verprügelnder Typ ist. Gääähn. Willst Du Details? Dann lies meinen Verriss bei den Bookaholics.

John Dos Passos – Manhattan Transfer: Die Mutter aller Großstadtromane in neuer und grandioser Übersetzung von Dirk van Gunsteren! Was für ein Roman. New York in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts aus Sicht von Arbeitern, Bankiers, Animierdamen, Alkoholikern… Hauptdarstellerin ist aber New York, diese Giga-Stadt, die alles verschlingt und alles miteinander vermischt. Was für ein Roman. Und fast 100 Jahre alt! Wer immer mal wissen wollte, was Naturalismus ist: Bitteschön! Für Fans von James Joyce, Alfred Döblin, Emile Zola. Und für New York-Begeisterte und -Reisende!

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Jhumpa Lahiri – Das Tiefland: In den USA groß gelobt und auch von Barack Obama mit in die Ferien genommen (sagen seine PR-Berater). Aber so richtig gefesselt hat mich die Geschichte zweier Brüder aus Indien nicht. Und das sage ich, die für ihr Leben gerne Romane aus und über Indien liest. Nö, das hat mich nicht berührt.

Erik Axl Sund – Scherbenseele: Merke: Nicht jeder skandinavische Krimi ist gut. (Wiederhole ich mich?). Das Autoren-Duo unter dem Pseudonym Erik Axl Sund mag’s gerne heftig und deftig. Und deutsche Verlage mögen alles, was skandinavisch, Krimi und blutig ist. Nunja. Ich gönne es ihnen…

Hans Pleschinski – Königsallee: Thomas Mann kommt in den 50ern nach Düsseldorf und trifft dort seine Jugendliebe wieder. Liest sich exakt so wie es klingt. Dass man einen Roman rund um den größten deutschsprachigen Literaten, den Magier, den Zauberer auch besser schreiben kann, hat Britta Böhler gezeigt (s. gestrigen Post). Dieses hier habe ich abgebrochen.

Rebecca Gablé – Palast der Meere: Finaler (?) Teil der Waringham-Saga. Wir sind im elisabethanischen Zeitalter angelangt und natürlich spielen Liz und ein gewisser Francis Drake auch eine Rolle in dem historischen Roman der Düsseldorfer Autorin. Ich lese sie gerne. Aber langsam reicht’s dann mal mit den Waringhams. Nur für Fans der ganzen Reihe.

Thea Dorn – Die Unglückseligen: Uff. Schwerer Stoff. Ich war neugierig durch das Feuilleton und diverse Buchbesprechungen. Ich habe mich arg gequält. Trotzdem reizvoll. Eine Molekularbiologin gabelt einen scheinbar alterslosen älteren Herrn auf. Er gibt vor, der Physiker Johann Wilhelm Ritter zu sein, geboren 1776. Schwer am Zweifeln will die junge Wissenschaftlerin mit allen Mitteln der moderen Wissenschaft beweisen, dass er lügt. Oder die Wahrheit spricht. Und Mephisto hat auch seinen Auftritt. Ein moderner Faust für Freunde ansprusvoller Literatur und Naturwissenschaftler mit Interesse an Belletristik.

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Homer – Odyssee: Sicherlich das älteste Buch auf meinem Nachttischchen. Aber in neuer, fulminanter Übersetzung von Kurt Steinmann – unter Beibehaltung der Hexameter. Für Literaturwissenschaftler, Klassik-Fans und den Coffee-Table.

Bruno Preisendörfer – Als unser Deutsch erfunden wurde: Renaissance, Reformation, der (auch) daraus resultierende 30jährige Krieg – das sind meine Lieblingsepochen. Und ich verschlinge gerne Sachbücher zu dieser Zeit. Preisendörfer will mit Blick auf das Luther-Jahr 2017 schon mal seinen Pflock einschlagen. Aber das Buch war ärgerlich. Schulmeisterhaft im Ton, mit wenig Sympathie für Luther selbst oder der durch ihn ausgelösten Reformation. Ständige Seitenhiebe auf evangelische Kirchentage oder anderes Dinge, die Preisendörfer wohl zu „modern“ erscheinen haben mich sauer zurückgelassen.

Daniel Speck – Bella Germania: Eine deutsch-italienische Familiengeschichte über drei Generationen. Klingt gut, oder? Ist aber leider ganz schlecht gemacht. Ich hatte die ganze Zeit Veronica Ferres oder Christiane Neubauer vorm inneren Auge und dudelige Musik aus Degeto-Schmonzetten. Erst nachdem ich das Buch abgebrochen hatte, habe ich gesehen, dass der Autor Drehbuchautor für ebendiese Art Filme ist. Leider nichts für mich.

So, morgen kommt der letzte Teil meiner Bücher 2016. Wie gefallen Euch die Kurz-Rezensionen? Habt Ihr einen Tipp mitgenommen? Ich freu‘ mich über Feedback!

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  1. brittakama says:

    Ohh super, danke Julia 🙂 freue mich sehr über die Buchtipps, wir haben (zumindest teilweise) einen ähnlichen Geschmack. Und irgendwie komme ich nie dazu, mal Blogs zum Thema Bücher zu lesen 😉

    1. Das freut mich sehr. Danke für Dein Feedback. Ich gebe immer viel auf die Tipps von Karla Paul aka Buchkolumne. Und den Kaffeehaussitzer. Gut sind auch die FB-Gruppen Bookaholics und ARD Buffet Lesetipps (auch mit Karla).

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