Ab dem morgigen Aschermittwoch bis Karfreitag – also rund 7 Wochen lang – fasten die Christen traditionell. Wer religiös ist und das Fasten klassisch versteht, verzichtet in dieser Zeit vermutlich auf Fleisch. (In früheren Jahrhunderten wussten sich schlaue Mönche mit heimlich gefüllten Speisen, den Herrgottsb’scheißerle, zu helfen oder ganz pragmatisch mit dem Brauen von Starkbier.)
Aber auch weniger religiöse Menschen nutzen die Fastenzeit, um sich in Verzicht zu üben. Was läge für ein FOOD-Blogger also näher, auf bestimmte Speisen oder Getränke zu verzichten? Jahrelang ließ ich in der Fastenzeit die Finger von Süßigkeiten, was mir erstaunlich leicht fiel. Selbst als ich dann am Ostersamstag wieder zugreifen durfte, war mir der Jieper auf Süßes meist gänzlich abhandengekommen. Natürlich könnte ich auch Fleisch, tierische Produkte, Kaffee oder Alkohol weglassen. All das durchzuhalten traue ich mir durchaus zu. Denn seit ich vor genau 9 Jahren aufgehört habe zu rauchen (= 65.700 nicht gerauchte Zigaretten!!) weiß ich, wie verblüffend einfach das Aufhören sein kann, wenn man nur wirklich will und einen Sinn darin sieht. So habe ich beispielsweise damit aufgehört, meiner Gesundheit massiv zu schaden. Was wäre ein besserer Grund?
Bei der Ernährung ist es nicht so einfach. Denn ich ernähre mich relativ ausgewogen. Das Glas Wein am Abend, die Tasse Kaffee am Morgen schaden mir nicht annähernd so sehr wie die einst 20 gerauchten Zigaretten am Tag. Ein schlimmes „Laster“ habe ich eigentlich nicht. Und wenn mir nach einer halben Tüte Gummibärchen ist – alle paar Wochen mal – sehe ich keinen tieferen Sinn darin, auf Gummibärchen zu verzichten.
Was ist nun aber eine lästige Angewohnheit, bei der ich testen will, ob ich 7 Wochen auf sie verzichten kann? Etwas, das ich täglich nutze, was (zu) viel Zeit in Anspruch nimmt und das nicht wirklich lebensnotwendig ist? Was ist eine echte Herausforderung für mich?
Here we go:
Ich werde bis einschließlich Karfreitag privat keine Social-Media-Kanäle mehr aktiv nutzen!
So. Jetzt ist es raus! Dabei werde ich natürlich nicht komplett offline gehen können, denn ich nutze beruflich die oben genannten Kanäle viel zu stark, bin mit Kollegen und Kunden vernetzt, muss teilweise auch deren Accounts beobachten oder pflegen. Natürlich werde ich auch weiterhin online Blogs lesen. Denn ich lese ja auch Zeitung, schaue TV, höre Radio.
Aber aktiv werde ich mich eben nicht an Facebook-Gruppen-Diskussionen beteiligen, keine Eintracht-Siege (*hüstel*) feiern, keine Fotos von morgendlichen Läufen posten, keine Hochzeitsfotos liken, nicht der ganzen Welt mitteilen, wie unmenschlich früh ich aufstehen musste, keine Picard-Management-Tips retweeten, keine Sonnenuntergänge pinnen und auch keine Blogposts anderer kommentieren.
Meine Fastenzeit betrifft also Twitter (seit 6 Jahren mehrmals täglich, über 1.000 Follower), Facebook (seit über 5 Jahren mehrmals täglich), Pinterest (seit 1-2 Jahren, mehrmals die Woche) – und natürlich das Blog (seit 3,5 Jahren, mehrmals wöchentlich).
So zumindest der Plan. Aktuell kann ich mir meine „7 Wochen ohne“ noch nicht vorstellen. Ich werde sogar die Twitter- und Facebook-Apps auf meinem Smartphone vorübergehend löschen, um gar nicht erst in Versuchung zu geraten.
Aber wisst Ihr was? Ich freu‘ mich drauf. Auch wenn die erste Zeit des kalten Entzugs sicherlich erst einmal grauenhaft wird. Wie wird sich die anschließende Entspannungsphase anfühlen? Was mache ich nach dem Aufstehen dann als Erstes? (Was habe ich früher eigentlich als erstes gemacht? Ach ja, geraucht!) Wie überbrücke ich lästige Wartezeiten an Bahnhof oder Flughafen? Werde ich mich schrecklich einsam fühlen in den Hotelzimmern dieser Republik? Werde ich etwas verpassen, was wirklich, wirklich wichtig für mich ist?
Ich glaube nicht. Denn mal ehrlich: Wir kennen doch alle Leute, die weder Twitter noch Facebook nutzen. Sind die schlechter informiert? Vereinsamen die sozial? Haben die weniger Einblicke in die „Welt da draußen“? Eben.
Und braucht die Welt meine Hinweise auf leckeres Essen, blühende Kirschbäume, frühe Morgenläufe oder lange Arbeitstage? Natürlich schon! Aber für die nächsten 7 Wochen muss die Welt dann eben mal ohne mich in den sozialen Netzwerken auskommen.
Und wer mich vermisst, schreibt mir einfach eine Mail 🙂
Wir lesen uns nach Ostern wieder. Ich freue mich auf Euch und darauf, von meiner Erfahrung zu berichten.
Lasst es Euch gut gehen und überlegt doch mal, worauf Ihr verzichten wollt…
(Die Headline „7 Wochen ohne“ habe ich übrigens dieser Aktion entnommen.)
Und nicht vergessen: Auch „Food for Thought“ ist Food 😉
Ich hab es ja schon bei fb geschrieben, als du es erstmals angekündigt/in Erwägung gezogen hast: ich finde es bewunderswert und wäre froh, wenn ich ebenfalls diese Stärke aufbringen könnte.
Ich bin mir sicher, dass du die Zeit genießen und nicht allzu viel vermissen wirst – du wirst viel Zeit für Schönes, Interessantes gewinnen ……
ich bin schwer am Überlegen, ob ich nicht auch bald mal damit beginne!
keine Eintracht-Siege (*hüstel*) feiern ……
BIST DU WAHNSINNIG ??????
Klasse … würde ich auch gern machen … jetzt gerade schwierig .. aber meine Fastenzeit wird kommen 🙂 … wünsche Dir eine schöne Zeit, mit Dingen, die man sonst vielleicht doch zu sehr an die Seite gestellt hat!
Lieben Gruß
Sanne
Wow. Das ist stark. Ich freue mich auf Dich in 7 Wochen und bewundere Dich.
Ich unterstütze Dich gedanklich beim Online-Fasten. Bis später dann 🙂
*Fingerhebe* Jetzt kennst du noch eine Person mehr, die weder Twitter noch Facebook etc. nutzt: ICH 😉
Ich habe gerade überlegt, worauf ich verzichten könnte/wollte… Das Rauchen habe ich bereits vor ca. 25 Jahren aufgegeben.. das Trinken? Auf mein Glas Wein zum Essen zu verzichten – das wäre ein wirklicher Verzicht für mich und würde auch meinen Ess-Genuss schmälern.
Ich nutze auch weder facebook noch twitter und ich gestehe, ich habe noch nicht einmal ein Handy? Fühle ich mich vereinsamt? Nicht wirklich. 🙂
Drücke dir die Daumen und freue mich auf den nächsten Artikel im Blog!
Liebe Grüße,
Eva
Liebe Julia,
Ich finde deine Idee großartig! Und mir würde das unglaublich schwer fallen. Aber vielleicht gönne ich mir ab Anfang April auch eine solche Auszeit – vorher brauche ich „leider“ noch die Vernetzung mit Kommilitonen.
Für uns daheim haben wir übrigens Brettspiele für zwei für unsere „Offline-Abende“ entdeckt. Beide Handys liegen dann außer Reichweite und der Fernseher bleibt auch aus 🙂
Ich freue mich auf jeden Fall schon darauf ab Ostern wieder von dir zu lesen und wünsche dir eine tolle Zeit!
Liebe Grüße,
Hannah
Ich habe es auch schon geahnt nach deiner Ankündigung bei FB 😉
Dann wünsche ich dir mal eine schöne und entspannte Fastenzeit, bei mir wird es demnächst auch ruhiger bis ruhig, aber aus anderen Gründen 😀
Zum Glück sehen wir uns zwischendurch; und Telefon und E-Mail sind nicht eingeschlossen? Sonst würd ich Dich schwer vermissen. Bin auf Deinen Bericht über das Experiment gespannt (Zeitgewinn, Entzugserscheinungen…).
Au weia! Jetzt habe ich mich so an Deine Mails in meinem Postfach gewöhnt und nun setzt du MICH AUF ENTZUG 😀 hast Du wirklich an all die armen Follower gedacht, die Du jetzt unversorgt für sieben!! Wochen ins Off schickst … aber Du hast Recht. Es gibt auch ein Leben ohne SoMe. Take care und schreibe nachher wieder umso mehr… Lieben Dank für die guten Tipps, Rezepte und Weinempfehlungen 🙂
Danke Euch allen für Euer positives Feedback! Ich bin schon selbst darauf gespannt, wie es ab Ostern weitergeht!
Das mit dem Rauchen aufhören kenne ich gut, das habe ich auch schon hinter mich gebracht. Dein Vorhaben finde ich toll. Du wirst plötzlich sehen wieviel Zeit Du übrig hast und diese sicherlich mit sinnvollen Dingen nutzen. Eine Frage habe ich an der Stelle allerdings. Ist das eigentlich das Blog oder der Blog? Eine geruhsame Zeit wünsche ich Dir.
Ursprünglich „das“, eingebürgert „der“. Bin da, anders als andere, nicht dogmatisch 🙂
das ist eine Superidee!!!! Auch wenn ich dich hier vermissen werde!!! Ich überlege, ob ich mitmachen soll…
mit dem Rauchen hab ich auch vor fast 9 Jahren aufgehört. Die letzten Jahre hab ich in der Fastenzeit immer auf Alkohol verzichtet. Derzeit mache ich das jedoch sowieso, da ich schwanger bin, das fällt also als Fastenopfer aus. Jetzt wäre da noch z.B. auf Fernsehen verzichten, aber ich hatte letztes Jahr 7 Monate keinen Fernseher und hab mir erst vor kurzem wieder einen gekauft. Hm…Social Media…nutze ich eh nicht übermässig, aber mal FB 7 Wochen zu lassen..das wäre den Versuch wert. Ich schlafe eine Nacht drüber und entscheide morgen! Danke für die Inspiration!
Das Internet ist tatsächlich etwas, das ich arg vermissen würde! Daher wünsche ich dir viel Durchhaltevermögen für die nächsten Wochen und brüll dir ein „Tschakka“ hinterher. 😉