Entstaubter Klassiker: Schaschlik aus der Pfanne (eine Kindheitserinnerung)

Als Dorfkind der späten 70er Jahre waren Cevapcici und Pizza lange Zeit das Exotischste, was unsereins auswärts essen gehen konnte. Die angestaubten und längst vernachlässigten Vereinsheime wurden von Jugoslawen, Griechen, Kroaten oder  – natürlich! – Italienern wiederbelebt. Auf den Speisekarten, eingebunden in braunes oder dunkelgrünes Kunstleder mit Goldprägung, fanden sich dann neben Jägerschnitzel und Frikadelle auch ein paar Anklänge an die alte Heimat. Wie mutig wir uns fanden, Gyros & Co. zu probieren. Unsere Eltern und Großeltern fragten immer ganz vorsichtig: „Das ist aber nicht scharf, oder?“ Highlight eines jeden Jahres war die Peking Ente beim Chinesen in der nächstgelegenen Stadt. Wir fühlten uns wie Marco Polo! Erst mit meinem Studium in Frankfurt erschloss sich mir die Welt der indischen, japanischen, marokkanischen Küche. Längst gehen uns Gerichte aus Afghanisten, Äthiopien oder Korea wie selbstverständlich über Zunge und Gaumen.

Schaschlik aus der Pfanne: Exotik der 70er-Jahre-Kindheit

Aber so ein bisschen Kindheitssehnsucht kommt ab und zu doch durch. Spätestens wenn ich in ein paar Tagen wieder täglich den Duft der Nierenspießchen vom benachbarten Weihnachtsmarkt in der Nase habe. Deshalb gibt es heute ein (sehr deutsches) Schaschlik aus der Pfanne – ohne Fix-Tütchen und hoffentlich vertrauenswürdiger als von der Imbissbude im Industriegebiet, wo sie noch zu finden ist, die Kulinarik der späten 70er. Mein Pfannenschaschlik ist übrigens auch farblich so richtig Kodak-Film-70er-Jahre-Essen. Herrlich!

Zutaten und Zubereitung: Schaschlikpfanne für zwei Personen

  • 400 gr Schweinefilet, in grobe Würfel geschnitten (Nacken ist fetter und eignet sich für den Grill, für die Pfanne ist Filet schöner)
  • optional: Speck, gewürfelt
  • 1 EL Olivenöl
  • je eine rote und gelbe Paprika, grob gewürfelt
  • 1/2 Zucchino, halbiert und in 5mm breite Halbkreise geschnitten
  • 1 große weiße Zwiebel, geschält und fein gehackt
  • 1 Stange Sellerie, in feine Scheiben geschnitten
  • 1 TL Tomatenmark
  • 200 ml passierte Tommaten
  • 1 TL geräuchertes Paprikapulver
  • 1/2 TL Curry
  • 1 TL Chiliflocken
  • Salz
  • Zucker
  • ein Spritzer guter Balsamico

Dazu: Weißbrot, Reis oder Pommes

Zubehör: Pfanne mit Rand und Deckel

Zubereitungsdauer: 30 min

So geht’s:

  1. Gemüse und Fleisch vorbereiten.
  2. Öl in der Pfanne erhitzen und den Speck anbraten.
  3. Zwiebel und Sellerie anschwitzen, bis die Zwiebeln leicht gebräunt sind.
  4. Tomatenmark anrösten.
  5. Paprika, Curry und Chiliflocken hinzugeben.
  6. Alles zur Seite schieben und das Fleisch rundherum scharf anbraten.
  7. Passierte Tomaten hinzugeben und einköcheln lassen.
  8. Gemüse hinzugeben, gut unterheben.
  9. Mit Salz, einer Prise Zucker und etwas Balsamico abschmecken – das Schaschlick sollte gut ausgewogen eine leichte Süße, Säure und Schärfe haben.
  10. Jetzt bei geschlossenem Deckel und mittlerer Hitze etwa 10 Minuten garen, bis die Paprika gar ist aber noch Biss hat.
  11. Mit Weißbrot, Reis oder Pommes servieren!

Fertig ist ein knackiges, würziges und wirklich köstliches Gericht aus unseren Kindheitstagen, das sich auch noch herrlich am nächsten Tag aufwärmen und in eine Pita-Tasche stecken lässt!

Ich habe ein Herz für entstaubte Klassiker! Ob Boeuf Stroganoff, Königsberger Klopse oder Schweinefleisch süß-sauer – diese Gerichte sind (hausgemacht) oft so viel besser als ihr Ruf und nicht ohne Grund echte Kindheitslieblinge. 2013 habe ich sogar mal einen ganzen Blog-Event mit entstaubten Klassikern veranstaltet. Alle 50 Rezepte der teilnehmenden Blogs findest Du nach wie vor hier.

Welches Gericht muss Deiner Meinung nach dringend mal wieder entstaubt werden?

 

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  1. Hey, wieso kannst Du aus meiner Kindheit berichten? 😉
    Meine erste Pizza war ein Unding von Plus mit Salami, aber wir haben sie geliebt.

    Und meine Oma liebte „Saschlik“ so sehr, dass es das jedes Jahr zu Heiligabend gab.

    Bei uns gab‘s dann zuerst „den Jugoslawen“, später dann „den Italiener“. Dort musste es für meine Mutter immer die Pizza Bolonjäs geben. Im Laufe der Zeit kam dann noch ein Chinesisches Restaurant dazu und noch später Gyros- und Dönerläden.
    Sehr viel exotischer ist es aber auch bis jetzt im Heimatkaff noch nicht geworden.

    Liebe Grüße
    Britta

    1. Julia Author says:

      Britta, das klingt, als wärst Du in meinem Dorf aufgewachsen! Wobei es so viel Auswahl dort leider nicht zeitgleich gab! Unsere ersten Pizzen waren zwar hausgemacht. Aber mit dickem Hefeteig, Ketchup (!) statt Tomatensoße und Champignons aus der Dose. Gut, dass die Zeiten vorbei sind. Die Plus-Pizza kenne ich auch noch. Und diese komischen Baguettes mit Champignon-Sauce, die es heute noch gibt. Aber Schaschlik zu Weihnachten ist eine tolle Idee! Das sollte ich mal in Betracht ziehen 🙂

  2. Toast Hawaii fällt mir dazu ein 🙂

    1. Julia Author says:

      Oh ja, ganz wichtig! Wer kennt ihn nicht? Hat Stevan Paul den nicht neulich mal „entstaubt“? Vielleicht muss ich den auch mal wieder machen…

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