Eine Ode an Hop Sing: Sticky Orange Chicken

Eine Figur wie Hop Sing, der chinesische Koch auf der Ponderosa Ranch in der berühmten Western-Serie „Bonanza“, wäre heute (hoffentlich) nicht mehr möglich. Kein noch so blödes Chinesen-Klischee wurde ausgelassen. Seither glauben beispielsweise Fernsehzuschauer in aller Welt, Chinesen könnten kein „R“ sprechen. Ein blödes Vorurteil, das kürzlich mal wieder die BILD aufgegriffen hat. Dabei kommt das weiche, etwas „knatschige“ Aussprechen des amerikanischen „R“ eher von den irischen Einwanderern – und natürlich dem Schmelztiegel vieler Nationen, die alle ihr ganz eigenes Englisch gesprochen haben. Tatsache ist, dass chinesische Migranten sehr früh maßgeblich am Aufbau der Eisenbahnlinien zwischen Ost- und Westküste beigetragen haben (nicht selten auch als Köche, Lebensmittelhändler, Restaurantbetreiber). Durch Sprache, Kultur und Aussehen deutlich „anders“ als ihre aus Europa stammenden Kollegen und Nachbarn, waren sie allerdings permanent einem unverhohlenen Rassismus ausgesetzt. Der führte unter anderem dazu, dass die Massen chinesischer Einwanderer unter sich blieben oder bleiben mussten: die Geburtsstunde der Chinatowns! Das hatte allerdings traurige Gründe, denn Migranten aus China wurden anders als ihre europäischstämmigen Nachbarn nicht eingebürgert und durften sich nicht in Gewerkschaften organisieren. Viel mehr und sehr Aufschlussreiches zum Thema findest Du natürlich bei der „Allwissenden Müllhalde“ Wikipedia.

Chinese Food vs. Chinesischer Küche

Was heute in den USA in Pappschachteln aus Takeaways nach Hause geholt wird, klingt zwar chinesisch: Chop Suey, Cho Mein, Mongolian Beef! Tatsächlich sind diese Gerichte aber so chinesisch wie Chicken Tikka indisch ist oder fetttriefende Pfannenpizza italienisch. Allerdings tut das der Beliebtheit der genannten Gerichte keinen Abbruch. Und wer wäre ich, die Inspiration einer multikulturellen Gesellschaft durch viele unterschiedliche Küchen zu verurteilen? Nur ein bisschen dafür sensibilisieren will ich, dass die chinesische Küche nicht euphorisch bei den weißen Siedlern Nordamerikas aufgenommen wurde und sich alle plötzlich schrecklich lieb hatten. Und als kleine Reminiszenz an Hop Sing und all die anderen blödsinnig stereotypen Figuren in (nicht nur amerikanischen) Serien gibt es heute einen echten US-Takeaway-China-Imbiss-Klassiker: Sticky Orange Chicken! Natürlich auf meine Art: europäisiert! Denn auch ich lasse mich wiederum inspirieren und koche neben vielen authentischen China-Gerichten eben auch mal ein US-China-Fusion-Crossover-Rezept nach!

Sticky Orange Chicken – europäisiert – für 2 Personen

(Europäisiert, weil mit viel weniger Zucker bzw. Orangensaftkonzentrat (!) als in vielen US-Rezepten und mit etwas Gemüse im Wok!)

  • 250 gr Hühnerbrust oder -schenkel, ohne Haut bzw. Knochen
  • 2 EL Erdnussöl
  • geröstete weiße Sesamsaat
  • 2 Frühlingszwiebeln, in ca. 2 cm große Stücke geschnitten
  • 1 EL Ingwer, geschält und fein gehackt oder gerieben
  • 1 Paprika (rot), in mundgerechte Rauten geschnitten
  • 12 cm Salatgurke, geschält, entkernt und in grobe Scheiben geschnitten

Für die Marinade:

  • 8 EL helle Sojasauce
  • 1 EL Tapiokamehl oder andere Stärke
  • etwas Wasser

Für die Sauce:

  • 200 ml Orangensaft
  • 1 TL brauner Zucker
  • 1/2 TL Tapiokamehl oder andere Stärke
  • 1 TL Sojasauce
  • 1 EL Hoisin Sauce
  • 2 EL Reisessig
  • Chiliflocken
  • 1 TL Chilisauce (z.B. Sriracha oder diese Version)

Zubehör: scharfes Messer, Schneidebrett, 1 Schale zum Marinieren, kleine Schüssel für die Sauce, Teller für das Gemüse, Wok

Zubereitungszeit: ca. 30 min

Dazu passt Reis.

So geht’s:

  1. Reis aufsetzen und nach Packungsangabe zubereiten.
  2. Fleisch in mundgerechte Würfel schneiden. In die Schüssel zum Marinieren legen und mit den Zutaten für die Marinade gut vermischen. Ziehen lassen.
  3. Gemüse und alle weiteren Zutaten vorbereiten.
  4. Zutaten für die Orangen-Sauce vermischen und zur Seite stellen (ggf. abschmecken und nachwürzen).
  5. Wok auf dem Herd vorheizen und anschließend das Öl hineingeben.
  6. Ingwer, Zwiebeln, Chiliflocken unter Rühren kurz anrösten.
  7. Paprika, Gurke und das Weiße der Frühlingszwiebeln hinzugeben und kurz mitbraten.
  8. Herausnehmen und auf einem Teller zur Seite stellen.
  9. Das Hühnerfleisch gut abtropfen lassen und portionsweise scharf anbraten (Achtung, spritzt wegen der Marinade etwas!).
  10. Jetzt die Orangen-Sauce hinzugeben und gut vermischen.
  11. Bei mittlerer Hitze einköcheln lassen, bis es schön sämig ist. Die Sauce soll glänzend das Fleisch umgeben und eben „sticky“ (klebrig) sein.
  12. Gemüse unterheben und noch mal heiß werden lassen.
  13. Reis in ein Schälchen geben und das Gericht darauf anrichten.
  14. Mit Sesam und dem Grün der Frühlingszwiebel garniert servieren!

Fertig ist eine blitzschnelle Variante eines anderen Klassikers: Schweinefleisch süß-sauer, das auch deutlich besser ist als sein Ruf und zu unrecht in die Takeaway-Schmuddelecke verbannt wurde! Die Süße des Gerichts kannst Du mit weniger Zucker, weniger O-Saft oder etwas mehr Essig gut variieren. Natürlich kannst Du das Sticky Orange Chicken auch klassisch nur mit Hühnchen und ohne Zwiebeln, Paprika und Gurke zubereiten. Dann würde ich allerdings ein chinesisches Gemüsegericht dazu servieren.

Guten Appetit und viel Spaß beim Nachkochen!

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  1. Hat nicht auch in „Jenseits von Eden“ ein Chinese gekocht- und die ganze Familie, so gut es eben ging, zusammengehalten?

    1. Ah, das kann auch sein. Sie tauchen immer wieder auf: etwas dusselig, kein „R“ sprechend, wenig männlich. Es ist aus heutiger Sicht kaum auszuhalten, wie stereotyp Chinesen damals abgebildet wurden!

      1. wobei ich diesen nicht ganz so stereotypisch fand…

        1. Julia Author says:

          ich hab den nicht mehr so ganz vor augen. aber sogar bei lucky luke kommen chinesen mit langen zöpfen und albernen namen vor (die zöpfe mussten die chinesen übrigens auch in den USA behalten, weil sie quasi ihre identifikations für die rückreise nach china waren. das sorgte bei den „toughen“ cowboys natürlich für blöde witze über lange haare bei kerlen… wirklich interessantes thema, wenn man mal damit anfängt…)

  2. Quasi Fusion Küche des vorletzten Jahrhunderts, perfekt!

    Für mich als Sinologin natürlich besonders interessant; ich hatte mich mal eine Zeit mit den Emigranten beschäftigt. Vielen ging’s in den USA aber doch besser als in anderen vor allem asiatischen Ländern, in denen sie genauso Rassismus ausgesetzt waren (sind) und sich irgendwie durchgesetzt oder zumindest überlebt haben. Ich find’s spannend, dass man überall kleine chinesische Läden findet, auch irgendwo im ländlichen Afrika. Das ist heutzutage alles einfacher als früher. Der Zusammenhalt ist schon enorm. Und die Chinesen essen ja bestimmt auch mal „europäisches Gemüsegericht“, also gleicht sich das mit den Vorurteilen auch irgendwie aus. 🙂

    1. Julia Author says:

      Ich sehe hier in Frankfurt ja immer viele internationale Messegäste und bin immer wieder völlig erstaunt – und begeistert – wie offen sich Japaner und Chinesen in hessische Apfelweinkneipen stürzen, Berge von Haxen, Leberwürsten, Sauerkraut vertilgen und dazu Ebbelwoi trinken. Man scheint dort zumindest aufgeschlossener zu sein als viele Deutsche, die auf ihr Schnitzel an der Adria bestehen. Eine meiner liebsten Ecken ist übrigens das japanische Viertel rund um die Immermannstraße in Düsseldorf. Fast schon ein „Little Tokyo“ nach amerikanischem Vorbild.

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