So genießt Wiesbaden: xocoatl – feine Schokoladen im Altstadt-Schiffchen

Ich bin ja nicht so der Dessert- und Kuchenesser. Aber gute Schokolade macht auch mich richtig glücklich. Ein zart schmelzendes Stück Vollmilch, sahnige Weiße oder würzige dunkle Schokolade zu einer Tasse Kaffee runden ein gutes Essen für mich ab. Besonderheiten aus aller Welt gibt es im xocoatl im Wiesbadener Altstadt-Schiffchen. Verführerische Nachbarschaft!

Meine kleine Reihe „So genießt Wiesbaden!“ geht in die dritte Runde. Im ersten Teil hatte ich Euch das Kiezkaufhaus vorgestellt, ein Lieferdienst für lokale Wiesbadener Einzelhändler. Einer dieser Einzelhändler ist das Schokoladen-Geschäft „xocoatl“ von Katrin Flietner, quasi meine Nachbarin. (Kann man bessere Nachbarn haben als Schokoladenhändler??)

Xocoatl_Front
Dank Klimaanlage auch im Sommer immer wohltemperiert: xocoatl in der Wiesbadener Grabenstraße.

Natürlich habe ich schon gleich nach unserem Umzug nach Wiesbaden bei Katrin reingeschaut. Aber richtig „kennengelernt“ haben wir, als sie via Facebook mitteilte, die Schokoküsse müssten jetzt langsam mal weg. Und da mein guilty pleasure jene Schokoküsse sind, deren Schaummasse sich schon ein gaaaaaanz wenig zieht, stand ich natürlich sofort im Laden und habe mich als Restposten-Verwerter angeboten. Uneigennützig wie ich bin…

Katrin, Du hast bis zu 600 Schokoladen-Produkte in Deinem Laden. Außerdem Pralinen von zehn Herstellern aus fünf Ländern! Ein großer Renner sind aber auch Deine Schokoküsse.

Die kommen aus Bremen von der Firma Mayer. Angeblich hat der uralte Herr Mayer die Schokoküsse sogar erfunden. Das Rezept ist seit Urzeiten in Familienbesitz und der Betrieb ist ganz, ganz klein. Da ist nicht mal Gelatine drin, ganz zu schweigen von anderen Zusatzstoffen. Deshalb sind die jetzt auch in der Sommerpause. Ab Ende August, Anfang September müssten sie eigentlich wieder liefern.

Schon im Schaufenster fällt auf: Du hast gerade zehnten Geburtstag gefeiert. Was hast Du denn vorher gemacht?

Ich war 26 Jahre lang Banker. Zuletzt als Prokuristin bei einer deutschen Großbank. Dann habe ich unsere Tochter bekommen und war dreieinhalb Jahre zuhause. Danach ging ich wieder in die Bank und musste feststellen: Die Bank hatte sich verändert, meinen Job gab es so nicht mehr und ich hatte mich verändert. Ich wurde also immer unzufriedener und hab dann die Reißleine gezogen.

Xocoatl_Taza
xocoatl-Inhaberin Katrin Flietner erklärt mir, was an der „stone ground“ Schokolade von Taza besonders ist.

Das Gefühl kennen sicher viele. Aber wie kam es dann zum eigenen Schokoladen-Geschäft?

Durch Zufall habe ich den Verein „Berufswege für Frauen“ entdeckt und dann dort ein Coaching gemacht. Das hat mir geholfen, den Blick weit zu machen und mich darauf zu konzentrieren, was ich will und was ich kann. Und dann saß ich mal an meinem Esstisch, habe die „Essen & Trinken“ durchgeblättert und bin auf einen Artikel über eine Frau in der Lüneburger Heide gestoßen, die ein Pralinen-Haus aufgemacht hat. Da machte es dann „Pling!“ und von da an wusste ich, was ich machen will.

Und wie hast Du den Laden hier gegenüber vom Landtag gefunden?

Der Laden in der Grabenstraße stand leer. Ich fand ihn anfangs viel zu klein. Aber als wir dann das Geschäft betreten haben , hatte ich einen Kloß im Hals. Ich glaube, der Laden hat mich gefunden. Mit einer Innenarchitektin zusammen haben wir dann die Ausstattung umgesetzt.

Im Sommer gibt's auch immer mal ein ausgewähltes Produkt ohne Schokolade - wie diese Gelee-Pralinen.
Im Sommer gibt’s auch immer mal ein ausgewähltes Produkt ohne Schokolade – wie diese Gelee-Pralinen.

Das war ja aber auch ein Risiko, oder?

Glücklicherweise lief der Laden sehr schnell sehr gut. Ich weiß noch, dass ich vor zehn Jahren am 16. April von drinnen aus meinem Schaufenster auf den Landtag – damals noch Baustelle – geschaut habe und dachte: Das ist, als hätte ich nie etwas anderes gemacht! Und so fühlt sich das immer noch an. Ich will nichts anderes mehr machen.

Was mir an Dir und dem xocoatl so gefällt, ist die sehr fundierte Beratung. Wie hast Du Dir – als ehemaliger Banker – denn Dein Expertenwissen angeeignet?

Ich habe viel recherchiert, Schokolade verkostet, viel gelesen und das Gelesene auf meine Zunge übersetzt. Viele Produzenten habe ich aber auch persönlich besucht oder auf Messen getroffen. Das Lernen hört da nie auf.

Wonach entscheidest Du, wer in’s Sortiment kommt?

Ich gucke immer erst danach, wer macht was: Kauft der Hersteller die Kakaobohnen direkt und verarbeitet sie – das nennt man dann „Bean to Bar“ – oder verwendet er Kuvertüre. Woher kommt dann die Kuvertüre? Wer hier als Vertreter reinkommt und antwortet: „Feinste belgische Kuvertüre“, der kann gleich wieder gehen. Ich kenne mich mittlerweile gut genug aus, um zu wissen, wer seine Kakaobauern anständig bezahlt. Das ist mir ganz wichtig.

Ich kann hier also mit gutem Gewissen einkaufen?

Ja, hier kann man mit gutem Gewissen einkaufen, weil die Wege nachvollziehbar sind. Aber das ist es ja nicht alleine: Auch die Qualität muss stimmen. Deswegen sortiere ich jetzt einen Händler aus, der statt meiner geliebten Schweizer Kuvertüre jetzt eigene herstellt, aber qualitativ noch nicht auf dem Level ist, das ich verkaufen möchte.

Hohe Qualität und fairer Handel sind im xocoatl wichtig.
Hohe Qualität und fairer Handel sind im xocoatl wichtig.

Zehn Jahre muss man als Einzelhändler erst mal durchhalten. Wer kauft denn bei Dir ein?

Das ist bunt gemischt. Es kommen auch Leute her, die nicht viel Geld haben aber dann eben nur wenig, dafür etwas Besonderes kaufen. Die sagen mir immer: Gute Schokolade hält auch viel länger und macht viel mehr Spaß. Weil man halt nicht die halbe Tafel auf einmal isst. Viele Kunden sagen mir: Du hast uns für gewöhnliche Schokolade versaut. Da entgegne ich immer: Andersherum! Die Industrieware versaut Euch für das wirklich Gute!

Kommen denn viele Touristen zu Dir in die Grabenstraße? Ich höre immer, dass die Straße nicht so stark frequentiert ist.

Ja, das ist schade, denn ich finde die Straße so, so schön. Hier herrscht eine fast schon mediterrane Stimmung mit all den Tischen draußen und den Bänken vorm Landtag, den Bäumen. Die Wiesbadener fragen mich auch nach zehn Jahren noch: „Ach, Sie sind neu hier, oder?“ Guck Dir mal die Langgasse an. Die ist im Vergleich doch grauenhaft!

Gibt es Trends in der Schokoladen-Community?

Was super läuft aktuell sind gefüllte Schokoladen. Diese aufgestreuten, bunten Schokoladen dagegen sind nicht mehr so der Renner. Das bestätigt auch die Manufaktur Clement, bei der ich neulich mal zwei Tage mitarbeiten durfte. So ein Blick hinter die Kulissen ist für mich ja auch interessant. Und die sagen auch: An Schokoladen mit Aufgestreutem haben sich die Leute irgendwie sattgegessen. Jetzt kommen die Gefüllten. Von Clement habe ich hier eine mit Mango und mit Minze-Mascarpone, die sind beide extrem geil. Außen sind sie knackig und innen wird es weich. Das hat sowas Tröstendes. Also, wenn jemand Liebeskummer hat, ist das die richtige Schokolade.

Xocoatl_Pralinen
Auch Pralinen-Fans kommen im xocoatl auf ihre Kosten.

Was ist denn das Besondere am xocoatl im Vergleich zu anderen?

Wir wissen was über die Schokolade und können viel darüber erzählen. Ich versuche alle Chocolatiers persönlich zu treffen. Von denen erfahre ich Geschichten, die ich gerne mit meinen Kunden teile. Aber ganz wichtig sind auch die Inhaltsstoffe und dass ich was zu den Unterschieden der einzelnen Schokoladen sagen kann. Das bringe ich auch meinen Mitarbeiterinnen hier im Laden bei.

Was sind Deine Pläne für das xocoatl?

Ich bin gerade dabei einen neuen Online-Shop zu bauen. Das wir dann hoffentlich zum Ende des Jahres was werden. Aber den habe ich in erster Linie für die Kunden, die weiter weg wohnen und ihre Lieblingsschokolade sonst nicht bekommen. Und ich habe bald einen neuen Hersteller im Sortiment. Die englische Pump Street Bakery aus Suffolk.

Gibt es denn Bestseller bei Dir im Laden?

Naja, die Tartuffo di Alba gehen natürlich immer. Aber ansonsten sage ich immer: Bestseller kann man nur machen, wenn man den Kunden etwas aufzwingt. Wir beraten aber ganz individuell, deswegen gibt es bei uns nicht DEN Bestseller. Neu habe ich die Taza Schokoladen aus den USA. Die sind „stonegrounded“ und bekommen den Zucker erst zum Schluss zugegeben. Deshalb schmeckt und fühlt man die einzelnen Kristalle. Das ist ganz spannend. Außerdem sind sie vegan und laktosefrei weil ohne Milch hergestellt.

 

Sag ich doch!
Sag ich doch!

 Der Einzelhandel ist spannend und vielseitig. Aber er überlebt nur, wenn wir ihn unterstützen. Also, schnappt Euch Euren Einkaufskorb und zieht los. Es gibt viel zu entdecken!

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  1. das Poster hat mir ein schallendes Lachen entlockt- ich unterschreibe sofort! Und kaufe auch am Liebsten bei kleineren Läden/ Manufakturen meine Schokolade ein- ein bis zwei Stückchen pro Tag. Wobei ich gefüllte- (außer mit Schnaps) -nicht so sehr mag, entgegen dem Trend. Also, vielleicht kommen wir ja mal mit dem WoMo nach Wiesbaden!

    1. Oh ja, macht das!! Und das Poster ist echt klasse! Steht jetzt im Schaufenster 🙂

  2. Ich warte dann mal auf den online-shop. 🙂

    1. Er wird nur erneuert. Du kannst jetzt schon bestellen 🙂

  3. Unbedingt Katrin in Wiesbaden besuchen !!! Ich kann es nur empfehlen , gehöre lange schon zu Ihrem Kundenstamm, noch als ich in Wiesbaden gelebt habe und jetzt seit ich in Dubai lebe, fliege ich immer mit Vorrat nach hause zurück !!! Ihre Köstlichkeiten sind einmalige Gaumenfreuden , gefüllt wie ungefüllt , ich entdecke immer wieder neues und Ihre Empfehlungen liegen immer “ Schokoladenrichtig“ !!!

  4. Ich liebe dieses Laden! Leider oder GsD komme ich aber nicht so oft nach Wiesbaden…

    1. Ich könnte Dir ein Care-Paket schnüren… 🙂

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