So genießt Wiesbaden: Kochbuch-Laden „Buchgenuss“

Wer Bücher und Essen so liebt wie ich, für den ist ein Buchladen, der nur aus Kochbüchern besteht, der Himmel auf Erden. Ich will zwar mal als Maus in einem Käseladen wiedergeboren werden – in einer Welt ohne Katzen – aber bis dahin ist der Kochbuch-Laden Buchgenuss in der Wiesbadener Wörthstraße schon mal ganz nahe dran an meiner Vorstellung vom Paradies.

Willkommen zur zweiten Folge meiner kleinen Reihe „So genießt Wiesbaden“.

Zwar haben viele Buchläden mittlerweile eine stattliche Auswahl an Kochbüchern im Programm. Aber immer wieder ärgere ich mich über Fehlkäufe, falsche Beschreibungen, fehlerhafte Rezepte. Was fehlt, ist jemand, der Licht ins Dunkel der Neuerscheinungen und Klassiker bringt, beraten kann, sich auskennt. Warum also nicht eine Spezialisierung auf Kochbücher?
Das dachte sich wohl auch Katrin Wetzel, als sie im August 2013 ihren Kochbuch-Laden Buchgenuss öffnete. Über 700 Kochbücher hat sie ständig auf Lager. Bestellen kann sie jedes lieferbare Buch wie alle Buchhandlungen über Nacht. Aber das Beste: Sie kennt die Bücher, die sie verkauft. Und außerdem kann sie viele Geschichten zu Köchen, Verlagen und Trends erzählen. Eat this, Amazon!
Ich sag‘ Euch ja immer: Support your local dealer! Aber gerade lokale Buchläden haben’s in Zeiten des Online-Versandhandels verdammt schwer. Warum eine Quereinsteigerin trotzdem mitten im 21. Jahrhundert den Mut aufbringt, sich mit einem Kochbuch-Laden selbständig zu machen, darüber hab ich mich mit Katrin in ihrem Laden mal unterhalten. Hereinspaziert!

Buchgenuss_Eingang
Katrin Wetzel in ihrem Laden Buchgenuss

Katrin, Du bist ja keine Buchhändlerin. Wie kamst Du auf die Idee einen Kochbuchladen aufzumachen?

Die Kochbuchliebe besteht bei mir seit über 20 Jahren. Ich kann ein Kochbuch lesen wie einen Roman und entspanne mich wunderbar dabei. Ich bin ein neugieriger Esser,koche leidenschaftlich gern, stets auf der Suche nach neuen Ideen und Inspirationen. und gucke gerne anderen Menschen und anderen Ländern in den Kochtopf.

Aber die Liebe zu gutem Essen und schönen Büchern bringt ja nicht alle von uns dazu einen eigenen Laden aufzumachen…

Daheim lebe ich mit Mann und 35 laufenden Metern Kochbüchern. Mein Mann hat irgendwann zu mir gesagt: „Mach‘ endlich Deinen Laden auf, wir haben keinen Platz mehr!“ Aber ernsthaft: Ein eigener, spezialisierter Kochbuchladen war schon lange eine Idee von mir. Nach einer gesundheitlich bedingten Auszeit in meinem alten Job hatte ich den Mut, ins kalte Wasser zu springen, um meinen Traum zu realisieren. In der Kombination mit Veranstaltungen wie unseren Autorenlesungen oder Weinproben, Teeseminaren und Improtheater verbinden wir Kultur und Kulinarik . Es gibt bereits konkrete Pläne, unser Angebot zu erweitern, aber da müsst ihr euch noch ein paar Wochen gedulden.

Muss sich der Einzelhandel solche Zusatzangebote überlegen, um gegen den großen Online-Handel bestehen zu können?

Ich denke schon. Das Wichtigste, was so ein kleiner Laden gegenüber den großen Ketten bieten kann, ist eine eigene Seele. Und man muss neugierig bleiben, sich mit seinen Kunden weiterentwickeln, das Ohr am Markt haben. Daraus entstehen dann wunderbare Begegnungen und Gespräche. Das schönste Lob ist immer, wenn Kunden sagen: „Du kennst die Bücher ja alle, die Du hier verkaufst!“ Denn bei mir wird jeder nach seinen Vorlieben und Fertigkeiten beraten. Das können die großen Ketten nicht bieten, der Online-Handel schon gar nicht! Und natürlich freut mich jede Rückmeldung, wenn die Buch-Empfehlung oder das Geschenk die passende Wahl war.

Was sind denn Deine eigenen Vorlieben bei Kochbüchern?

Geprägt durch meine alte Heimat Berlin und viele Reisen, bin ich kulinarisch auf der ganzen Welt zu Hause. Mein Mann und ich ernähren uns weitestgehend vegetarisch, Fleisch spielt in unserem Alltag kaum noch eine Rolle. Deshalb gibt es auch bei uns im Laden eine große Auswahl an vegetarischen und veganen Kochbüchern Aber ich bin kein Missionar! Trotzdem freue ich mich, wenn ein skeptischer Nicht-Vegetarierin den Laden kommt und dann doch noch mit einem Veggie-Buch hier rausgeht. Er kann sich dann ja immer noch ein Stück Fleisch dazu braten (lacht).

Und welche Kochbücher nutzt Du selbst am liebsten?

Ich liebe die indische und die orientalische Küche. Gerade in unserer Kreuzberger Zeit haben wir viele kleine familiengeführte Restaurants aus diesen Regionen kennengelernt. Aber auch die mediterrane und die amerikanische Küche mag ich sehr.

Buchgenuss_Tisch
Hier kann man in Ruhe stöbern…

Du hast Deinen Laden vor fast zwei Jahren eröffnet. Wie hat denn das Wiesbadener Publikum bisher auf Dich reagiert?

Wir haben uns einen kleinen, feinen und sehr treuen Kundenstamm erarbeitet. Unsere Kunden schätzen die gute und intensive Beratung und empfehlen uns auch gern weiter. Tatsächlich lassen sich viele Kunden aus der Nachbarschaft ihre Bücher zu mir liefern. Nur Amazon-Pakete nehmen wir nicht an! (lacht) Ansonsten scheinen die Wiesbadener ein bisschen zögerlich darin, neue Ideen aufzugreifen und brauchen längere Zeit, um Vertrauen aufzubauen. Da muss man als unabhängiger Einzelhändler schon einen langen Atem haben. Ein bisschen mehr Neugier würde ich mir da schon manchmal wünschen.

Wie findest Du denn die Lage Eures Geschäfts hier in einer Seitenstraße der Dotzheimer Straße?

Die Lage ist schon auch ein Punkt. Da gibt es die Innenstadt, die ich mir als kleiner Einzelhändler nicht leisten kann. Stichwort: langer Atem! Aber für unser Konzept ist der Laden ideal geschnitten und liegt am Rand der Innenstadt. Mit unserem Nischensortiment und weil sich die gute Beratung herumspricht, funktioniert das bisher ganz gut. Und wer doch nicht hierher laufen möchte, kann ja unseren Online-Shop nutzen.

Was sind denn Deiner Meinung nach die Trends im Kochbuchmarkt?

Bei den Neuerscheinungen setzen sich die aktuellen Trends fort: Streetfood, vegane Küche, Blogger als Kochbuchautoren. Die generelle Achtsamkeit und das Bewusstsein gegenüber der eigenen Gesundheit, aber auch beim Umgang mit Nahrungsmitteln findet weiterhin statt. Insgesamt wird die Küche wieder einfacher und bodenständiger auf der Basis frischer regionaler Produkte in bestmöglicher Qualität. Traditionelle Rezepte und Zutaten sind gefragt und werden für die heutigen Ansprüche modernisiert und an die jeweilige Ernährungsform angepasst, ob Paleo, Low Carb, gluten- und laktosefrei, vegan oder vegetarisch. Die vegane Küche kommt heute eher undogmatisch und alltagstauglich daher. Das finde ich richtig gut!

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Jetzt im Sommer locken viele bonbonbunte Eis-Bücher.

Hast Du einen Lieblingskochbuchautor?

Da gibt es so viele! Ich habe eine große Schwäche für britische Köche – Yotam Ottolenghi, Hugh Fearnley-Whittingstall sowie Nigel Slater. Denn keiner kann so sinnlich über Essen schreiben wie er. Auch das Konzept seiner Kochbücher mag ich. Da steht dann kein genaues Rezept, sondern eine grobe Anleitung mit dem Hinweis: „Nimm, was Dir schmeckt, trau Dich!“ Da sind die deutschen Autoren etwas anders. Die Schweizer Spitzenköchin Tanja Grandits, weil sie so eine fröhlich-elegante kulinarische Handschrift hat und es schafft, ihr hohes Kochniveau  für Hobbyköche darzustellen. Das hat bisher immer gut geklappt und uns und unseren Gästen ausgezeichnet geschmeckt.

Hast Du noch einen kulinarischen Tipp für die Wiesbadener?

Ich liebe den Wiesbadener Wochenmarkt. Ich empfehle meinen Kunden auch gern den Yun Fa Asia-Laden in der Dostojewski- Ecke Waldstraße, der viele frische Produkte hat. Obst, Gemüse, Kräuter und Hülsenfrüchte hole ich gerne in den zahlreichen türkischen Geschäften rund um die Wellritzstraße. Nirgends ist das Preis-Leistungs-Verhältnis so gut.

 Neugierig geworden? Dann schaut doch mal wieder bei Eurem Buchhändler um die Ecke rein, was der so alles anbietet und erzählen kann. Jedenfalls mehr als der Internet-Händler! Wetten?

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  1. Ein Traum, sowas! Diesen Genuss hätte ich auch gerne um die Ecke- wobei, vielleicht besser nicht, des Platzes und des Geldbeutels wegen…..

    1. Ja, Kochbücher sind oft sehr teuer. Gerade deshalb finde ich eine gute Beratung wichtig.

  2. So ein Laden um die Ecke wäre glaube ich mein finanzieller Untergang… Das Konzept hört sich in jedem Fall gut an! Gerade für Kochbücher finde ich es schon sehr wichtig, dass man wirklich mal durchblättern kann bevor man was kauft, um zu schauen ob es passt. Und die paar Seiten, die man da bei Amazon in der Vorschau sieht finde ich meistens nicht ausreichend für diesen Zweck. Ganz davon abgesehen, dass es definitiv sinnvoll ist solche kleinen lokalen Geschäfte zu unterstützen, wenn man eine gewisse Einkaufsinfrastruktur vor Ort erhalten will. Das einzige Problem, dass ich beständig mit dem kleinen Einzelhandel habe sind die Öffnungszeiten…
    Liebe Grüße, Tring

    1. Stimmt. Öffnungszeiten sind so ein Ding. Aber es gibt ja auch Samstage… Ich versuche jedenfalls die Onlinebestellerei auf ein Minimum zu beschränken.

  3. Danke für’s Vorstellen… mein geliebter Berliner Laden hat ja leider geschlossen: „Kochlust“… Ich wünsche dem Laden viel, viel Erfolg!

    1. Danke. Buchgenuss gibt’s auch online. Aber das Stöbern vor Ort ist schon nochmal toller!

  4. Ich will auch ins Paradies.

      1. Muss man befüchten dort auch die Schlange zu treffen? Verführung lauert überall.

        1. Ich wünsche so engagierten Einzelhändlern Schlangen vor der Kasse!

  5. Christoph says:

    Schönes Interview!

    Kleine Einzelhändler sollte man ja generell unterstützen. Wenn diese dann noch tolle (Koch-) Bücher im Angebot haben, fällt das gleich noch ein wenig leichter. 🙂

    1. Danke, Christoph! Schön, dass Du das auch so siehst!

  6. Apropos, kleine Buchläden unterstützen. Ja! Mein Buchladen in Bierstadt ist der absolute Hit. Heute telefonisch bestellt – morgen im Briefkasten. Schneller als jeder Online-Shop! Genau, die lieben Inhaber sind tatsächlich so nett und bringen die Bücher im nahen Umkreis vorbei (wenn man nett fragt). Mit solchen kleinen Annehmlichkeiten gewinnt bei mir jeder Einzelhändler.

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