10. Dezember: Kleine Ruhepausen suchen und finden – Das Adventskonzert!

Es gab Zeiten, in denen die Gehörgänge nicht voller rotnasiger Rentiere, Winter Wunderländer oder Weißer Weihnacht waren. Als Kind waren traditionelle deutschsprachige Weihnachtslieder die einzigen, die wir kannten. Ob mit Blockflöter oder Klavier, im Kindergarten oder der Schule, die Weihnachtslieder hießen „Oh Du Fröhliche“, „Kling Glöckchen“, „Morgen Kinder wird’s was geben…“, „Leise rieselt der Schnee“, … Ich kenne sie ALLE!

Dabei gab es auch immer lustige Verhörer oder Missverständnisse, weil ich als Kind oft gar nicht so genau wusste, was ich da singe. Ich gebe Euch mal ein paar Beispiele:

„Tochter Zion, freue Dich (…) Hosianna, Davids Sohn'“: Wer ist bitte diese Tochter Zion und warum ist die Hosi-Anna Davids Sohn? Aus meinem evangelischen Kindergarten kannte ich die beiden Mädels jedenfalls nicht!

„Macht hoch die Tür, die Tor‘ macht weit. Es kommt der Herr der Herrlichkeit“: Der Herde Herrlichkeit? Ok, es geht ja immer um Hirten. Aber färbt die Herrlichkeit auf die Schafherde ab? Und warum heißt es „DIE Tor“ und nicht „DAS Tor“?

„Es ist ein Ros entsprungen, aus einer Wurzel zart. Wie uns die Alten sungen, aus Jesse kam die Art“: Geht es jetzt hier um’s Gärtnern oder um Weihnachten?

„Josef, lieber Josef mein, hilf mir wiegen mein Kindelein“: Warum sollte er? ^^ Schon als Kind fand ich immer, dass Josef irgendwie die schlechteste Rolle abbekommen hatte. Sogar im Krippenspiel hatte er keine einzige Textzeile! Eine Anmerkung übrigens, die mein Religionslehrer überhaupt nicht witzig fand!

„Maria durch ein‘ Dornwald ging…“: Warum tut sie das? Und warum geht’s schon wieder um den Garten?

Es gibt noch massig Beispiele! Habt Ihr auch welche?

Heute bringen mich mein kindlicher Unverstand immer wieder zum Lachen. Vor allem die Hosi-Anna hat’s mir angetan. Dabei liebe ich die alten deutschsprachigen Kirchenlieder sehr! Manche gehen zurück bis in die Zeit des 30jährigen Krieges und man hört ihnen an, dass Not und Verzweiflung groß gewesen sein müssen in der Mitte des 17. Jahrhunderts.

Darum versuche ich auch in jedem Jahr ein Adventskonzert zu besuchen. Die feierliche Stimmung – so ganz ohne Gottesdienst -, die besondere Akkustik, das „Aus-der-Zeit-Fallen“ tun im vorweihnachtlichen Trubel besonders gut.

Seit über drei Jahren wohnen wir nun in Sicht- und Hörweite der Wiesbadener Marktkirche, deren Kirchturmuhr, Läuten und Glockenspiel fester Bestandteil unseres Tagesablaufs geworden sind.

Marktkirche

Eine Selbstverständlichkeit für uns, dass wir auch diesen Advent wieder ein vorweihnachtliches Konzert besuchen, inne halten, zur Ruhe kommen. Schaut doch auch mal in Eurer Gemeinde, ob irgendwo ein paar alte Weihnachtslieder gesungen werden. Ihr werdet Euch wundern, wie viele Ihr noch kennt! Und dann kann ich mich auch an meiner Frank-Sinatra- und der Dean-Martin-Christmas-Collection erfreuen!

In diesem Sinne: Macht hoch die Tür, die (!) Tor‘ macht weit! Und vergesst mir die Hosi-Anna nicht!

 

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  1. Hosi-Anna —– sie hat sich tief in mein Herz gegraben!

    Ich selber komme ja aus einer Generation, die niemals auch nur eine Textzeile hinterfragt hätte.
    Man hat als Kind so viele Dinge nicht verstanden – da kams auf ein paar Ungereimtheiten in Weihnachtsliedern garnicht an.

    Meinen Kindern musste ich – soweit ich mich da erinnern kann – das entsprungene Ross erklären. Ich glaube nicht, dass sie meine Ros‘ je wirklich akzeptiert haben. Das kam so in die Schublade „Weihnachten“ – da wurde ja ohnehin ziemlich viel geschwindelt.
    Aber mit der Aussicht auf Geschenke haben sie diese, als Geheimnis umschriebenen Schwindeleien einfach hingenommen.

    Weihnachten wurde bei uns recht bayrisch traditionell begangen.
    So eine „Bergweihnacht“ hat schon was.
    Und zu keiner Jahreszeit hätte ich lieber eine Kuh besessen, als an Weihnachten. Die ganzen Geschichten von wärmendem Stall und schnaubenden Tieren, die ja in der Heiligen Nacht auch sprechen können – das wär mir schon sehr recht gewesen.
    Dazu kam die ganze Skala der bayerischen Weihnachtslieder und Jodler.

    Vor 20 Jahren sind wir dann in ein Dorf gezogen und wurden knallhart in die Realität geschubst.

    So ganz innen drin, liebe icn diese klischeehafte „Amerikanische Weihnacht“
    in ihrer bunten Unbekümmertheit, mit diesem wunderbaren Swing und den so mitreissenden Rhytmen. —– Oder besser das, was ich mir drunter vorstelle.

    Irgend jemand hat einmal gesagt
    „wir feiern einen Kindergeburtstag, es ist ja schliesslich ein Kind geboren“
    Das, finde ich, ist eine sehr freundliche Idee!

    Gruss an Hosi-Anna!

  2. Zum wiegenden Josef gibt es eine wunderbare Weihnachtsgeschichte von Ingrid Noll, kann ich sehr empfehlen…
    Und Weihnachtslieder- mit dem Chor immer eine feine Sache, wir – oder zumindest ich- hoffe ja mal auf einen Auftritt im Advent. ZUmal ich ein kleines Solo hab… na vielleicht nächstes Jahr. Am Schönsten ist ein gemischtes Programm…. ganz herrlich, die Weihnachtslieder gesungen von Jackson 5 (Little Drummer Boy, da schmelze ich dahin)

  3. Die ganzen Lieder, bei denen Du Dich verhört hast, kenne ich gar nicht. Aber bin ja auch nordostdeutsche Heidin und war noch nie zu einer Weihnachtsmesse in irgendeiner Kirche. Früher sind wir öfter zum Lucia-Tag (*hihi* auch noch mein Geburtstag) zum Konzert von schwedischen Chören gegangen. Das war schön … Dieses Jahr wird’s nichts mehr mit einem Adventskonzert, aber für’s nächste behalte ich es mal im Hinterkopf 🙂

  4. Ich habe mich immer gewundert wo das Pferd so genau hingelaufen ist (es ist ein „Ross“ entsprungen)…
    Ich finde aber die traditionellen Weihnachtslieder auf deutsch auch schön. Vor allem weil ich ja im Elsass lebe und meine Söhne mehr französisch als deutsch sprechen. Mein großer hat jetzt Schneeflöckchen, Weißröckchen gelernt und ich habe ihn letzte Woche auf der mittlerweile total verstimmten Flöte dazu begleiten. Ich war ganz begeistert, man verlernt das tatsächlich nicht…
    Liebe Grüße
    Kathrin

  5. @ingrid das mit dem kindergeburtstag kann ich verstehen. ich glaube aber, dass jeder sich das weihnachten machen kann, das ihm am besten gefällt: wintersonnenwende, amerikanischer swing, christlich oder auch gaaaanz weit weg von allem. die bergweihnacht klingt zauberhaft…

    @ninivepisces den little drummer boy mag ich am liebsten mit bing crosby & david bowie – was für eine irre mischung! und die erzählung von ingrid noll muss ich mal suchen. danke für den tipp.

    @anikó so richtig lucia mit kerzen aufm kopf? das würde ich auch gerne mal miterleben…

    @kathrin witzig. das ross habe ich nie verstanden. ich hab mich nur immer über das ganze gärtner-thema gewundert. und: kann eine flöte verstimmen??

    1. Ja, Lucia hatte so echte, brennende Kerzen auf’m Kopf *eifrignick* War ich beeindruckt als Kind!

  6. Im ostdeutschen Rundfunk gab es ja eher keine religiös angehauchten Weihnachtslieder. Alles andere, was Vorfreude, Plätzchen backen oder Schlittenfahrten anging, war relativ unmissverständlich. 🙂

    Ich habe große Sehnsucht, mal wieder ein festliches Adventskonzert mit Knabenchor (oder überhaupt) zu besuchen. Zumal es ja auch einige günstige Möglichkeiten in kleineren Kirchen gibt. Wenn es dieses Jahr nichts mehr wird, dann hoffentlich nächstes.

    1. genau. es muss nicht immer das große kino sein. viele kirchenkonzerte sind frei oder freuen sich über eine spende. musikschulen oder gesangsvereine treten auch oft auf weihnachtsmärkten auf. wir wohnen ja quasi „im“ weihnachtsmarkt und haben jeden abend musik – mal mehr, mal weniger schön…

  7. Hab „mein“ Adventskonzert gerade hinter mir. Das gehört definitiv dazu, sonst würde ich in der Vorweihnachtszeit schwer was vermissen. Diesmal ein schöner musikalischer Rundumschlag von Renaissance bis zu neu arrangierten Chorsätzen aus den 1950er Jahren. Vielleicht gehe ich nächsten Sonntag noch zu einem Mitsing-Konzert in meiner Gemeinde. Das macht auch immer Spaß 😉

  8. Ja Julia, durch konsequentes regelmäßiges Reinpusten mit voller Pulle, auf dem Boden rumschmeißen und jahrelange Lagerung auf dem Dachboden. Schließlich ist das Ding schon mindestens 30…
    Na ja, es kann auch an der mangelnden Übung liegen. Ähem, Ähem.

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