Jeden Tag ein Buch: „100 Butterbrote“ von Elke Scherping und Wolfen Schulz

Als ob jemand, der unter dem Namen „German Abendbrot“ bloggt, noch irgendwie an sich halten könnte bei einem Kochbuch mit diesem Titel:

„100 Butterbrote“ von Elke Scherping und Wolfen Schulz (Verlag Droste, 19,50€)

 

Ich war jedenfalls gleich Feuer und Flamme, als ich die Ankündigung zur Buchvorstellung in meinem Lieblingsbuchladen Schulz & Schultz in Düsseldorf gesehen habe.

Da der Weg von Wiesbaden leider doch etwas zu weit weg ist, um einfach mal für ein paar Bütterken an die Lieblingsstadt am Rhein zu fahren, durfte ich das Buch einfach selbst ausprobieren!

Die Idee: Es geht explizit nicht um BrotAUFSTRICHE, sondern um das Belegen von verschiedenen Broten. Dabei werden die Rezepte unterteilt in Sauerteigbrot, Vollkornbort, Baguette, französisches Landbrot, Mischbrot, Dinkelbrot, Sandwichbrot und Butterstuten. Zu jeder dieser Sorten gibt es ein Brotbackrezept und seitenweise Ideen zum abwechslungsreichen Belegen. Zum Abschluss reicht die Autorin noch eine kleine Warenkunde nach sowie Einkaufsadressen.

Die Umsetzung: Wer Anregungen braucht, um sich die Stulle zum Lunch, für die Große Pause oder das nächste Picknick mal raffiniert abzuwandeln, der ist hier genau richtig. Süßes, Herzhaftes, gewagte und bewährte Belage wechseln sich ab. Dabei liegt der Schwerpunkt klar auf gut erhältlichen, frischen Zutaten; Exotisches findet man eher nicht. Die Fotos von Werbefotograf Wolfgang Schulz sind aufgeräumt und ansprechend. Trotz der ein oder anderen Küchenkordel und ein paar malerisch verstreuten Kräutern steht das Butterbrot im Vordergrund. Es gibt dankenswerterweise keine Kinderpatschehände, keine bemehlten Frauenwangen im Weichzeichner oder glückliche Landlust-Familien am Mittagstisch. DANKE! Stattdessen übersichtliche Zutatenangaben, leicht verständliche Zubereitungshinweise, hübsches Foto. That’s it. So mag ich Kochbücher!

Was gibt’s für’s Geld? Rezepte auf über 150 Seiten. Anregungen zum Brotbacken, Einkaufsführer, Warenkunde, appetitliche Fotos. Das klingt erstmal gut. Auch die Rezepte sind vielseitig: Von Marmelade, Obst und süßen Aufstrichen bis Fisch, Meeresfrüchte und Braten. Vegetarier dürften ihre helle Freude haben, da der Großteil der Rezepte ohne Fleisch oder Fisch auskommt. Auch kann die Autorin ihre rheinländische Herkunft nicht verleugnen: Häufig finden sich Kombinationen von herzhaft und süß wie etwa „Leberwurst und Pflaumenmus“, „Senfspinatblätter auf Erdnussbutter“ oder „Schinkenwurst mit Apfel“ und „Trüffelpate mit Kiwi auf Butterstuten mit Rosinen“. Das macht zumindest Lust aufs Ausprobieren. Andere Varianten wie „Lachs mit Frischkäse“ oder „Schnittlauchbutter“ sind so banal, dass man als Butterbrot-Fan kaum glauben mag, dass Leser dafür Rezepte benötigen.

Einige Kombinationen sind aber tatsächlich genial einfach und trotzdem mit einem eigenen Kick. Wie etwa das Brot mit Ziegenfrischkäse, Sauerampfer, Tomate und hartgekochtem Ei:

butterbrot

Das ist frisch, herzhaft und macht richtig satt. Klasse!

Kritikpunkt: Was mich wirklich überrascht, ist das Fehlen von Anleitungen für zahlreiche Aufstriche. Klar, „100 Butterbrote“ heißt ja nicht „100 Brotaufstriche“. Aber wenn als Belag Enten-Orangen-Sülze, Gänse-Rillette, Aprikosen-Chutney, Oliventapenade oder Hummus empfohlen werden, stellt sich die Frage, wo ich das herbekomme. Ich zumindest laufe nicht permanent Enten-Orangen-Sülze über den Weg. Und ein Chutney, eine Tapenade oder Hummus könnte ich sogar schnell selbst zubereiten. Hier wäre im Buch gerade durch das aufgeräumte Layout durchaus noch Platz für ein kleines Kästchen gewesen mit Verweis auf Bezugsquellen oder Zubereitung.

Außerdem ist die kleine Warenkunde im hinteren Teil für Hobbyköche eigentlich eher unfreiwillig komisch. So wird tatsächlich erklärt, was Honig ist. Zum Thema Pilze erfahren wir etwas zu Champignons, Steinpilzen und Pfifferlingen. Was ist mit Kräuterseitlingen, Morcheln, Austernpilzen… Bei Fischen geht es um Hering, Lachs, Makrele und Thunfisch. Warum werden Sardellen nicht erwähnt, die im Buch sogar vorkommen? Und wie kam es bei den Apfelsorten wohl zur Auswahl Gala, Jonagold, Boskoop, Berlepsch und Braeburn? Was ist mit Granny Smith oder der immer beliebter werdenden Pink Lady?

Als angeheiratete Düsseldorferin bin ich zudem natürlich begeistert, wenn bei den Bezugsquellen rund 25 Düsseldorfer Bäckereien gelistet werden (da ist das Umland noch gar nicht mitgezählt!). Im dreimal so großen München soll es aber nur 7 empfehlenswerte Bäcker geben? Und im etwa gleichgroßen Frankfurt 3? Das wirkt willkürlich und nicht sehr überzeugend. Aber Bezugsquellen in Kochbüchern (wenn es nicht Spezialgeschäfte oder Onlineshops sind) finde ich eh immer ziemlich überflüssig, so dass ich die Düsseldorf-lastige Liste hier nicht als negativ werten mag.

Leider merkt der Hobbykoch und Kochbuchkenner, dass die Autorin keine versierte Köchin ist, sondern eher „Anwenderin“. Ich höre förmlich, wie die erfahrene Werbe-Frau ihre Idee für ein Butterbrot-Buch dem Verlag schmackhaft macht und als „trendy“ verkauft. Da wundert auch nicht der Untertitel „Kreative Rezepte – Herzhaft, Vegetarisch oder Einfach Süß“. Ganz bis zu Ende gedacht hat man das Konzept aber leider nicht.

Meine Empfehlung: Wer ein haptisch schönes und wunderbar fotografiertes „Koch“buch sucht, das einfach Lust zum Blättern macht, der liegt mit „100 Butterbrote“ richtig. Außerdem bekommt hier jeder für jeden Geschmack viele Anregungen, eine Vielzahl an Rezepten und gute Ideen für den Dauerbrenner Butterbrot. Gerade wer täglich die Brotdose füllen muss, freut sich über die kreativen Kombinationen und aufgepeppten Klassiker. Für den Preis von unter 20 Euro ist das Buch zudem qualitativ hochwertig hergestellt und macht auch als Geschenk etwas her – etwa für Eltern von Schulkindern, zum Start der Fahrradtour- oder Biergatensaison, als Mitbringsel zum Einzug in die erste eigene Wohnung… Ich als passionierte Brotesserin werde noch häufig ins Buch gucken. Einfach auch, weil es so schön ist! Für Chutneys, Relishes & Co. habe ich aber glücklicherweise andere Quellen.

Voila, mein 2. Beitrag zur Themenwoche „Jeden Tag ein Buch“:

jteb

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  1. Julia, lieben Dank für diese Rezension. Das Buch hatte ich vor ein paar Tagen in der Hand. Das Cover hat mich sofort angesprochen, aber nach kurzem durchblättern habe es dann doch wieder zurück gelegt. Als Geschenk für Butterbrot-Fans, werde ich mir das aber doch mal vormerkten.
    Viele Grüße
    Emma

  2. Moin Julia,

    das Buch liegt bei mir auch schon zuhause und nach dem ersten Durchblättern finde ich es bis jetzt auch ganz in Ordnung. Wie Du schon schreibst gibt es hier wirklich viele einfache Sachen – so einfach, dass man selbst nicht drauf kommt *grins* – die Details habe ich mir jedoch noch nicht angeschaut, aber was mir positiv aufgefallen ist, sind die regionalen Händlerangaben im hinteren Teil des Buches, das hat man ja auch eher selten.

    Danke für die tolle Rezi 🙂
    Liebe Grüße Alice

  3. @nachgekocht Ich finde das Buch auch nach wie vor schön, nur nicht allzu „inhaltsschwer“, um es mal diplomatisch auszudrücken. Trotzdem schmecken die Sachen gut und auch das Toastbrot (wird noch verbloggt!) ist super gelungen!

    @Alice Mir waren die Händlerangaben etwas arg Düsseldorf-lastig. Und aus meiner Ecke kann ich die Angaben nicht ganz nachvollziehen bzw. sind sie nicht vollständig. Aber das kann ja auch gar nicht sein. Mir gefällt einfach auch die Idee sehr gut, das gute alte Butterbrot so hübsch in Szene zu setzen und neue Ideen für Belage anzuregen!

  4. Ich werde auf alle Fälle mal einen Blick rein werfen, ich habe ja eine Schwäche für Brot 😉

    Und mal schauen, ob ich mich dazu durch ringen kann. Wäre sicherlich schon fast im Einkaufskorb, wenn die Rezepte für die Aufstriche dabei wären 😉

  5. So, jetzt bin ich von Facebook aus direkt hier rübergehuscht – war ja sehr neugierig, wie du das Buch rezensiert hast! Offensichtlich sind wir zu einem änlichen Ergebnis gekommen: moderne, ästhtetische Fotos, teilweise spannende Zutatenkombinationen, aber auch relativ viele „Basics“. Auf jeden Fall schön zum Blättern und um sich doe eine oder andere Inspiration zu holen…
    LG, Maren

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