Vom Tölpel-Hans, würzigem Brathendl und einer Riesling-Entdeckung von der Mosel

Heute hat übrigens Hans Christian Andersen Geburtstag.

(By Thora Hallager (1821-1884), via Wikimedia Commons)

Der große dänische Märchenerzähler und spitzzüngige Poet hat u.a.  Des Kaisers neue Kleider, Die Nachtigall oder  Die kleine Meerjungfrau verfasst, die mich schon als Kind zum Heulen gebracht hat. Und wenn ich heute mal den ganzen Tag in High Heels unterwegs war, erinnere ich mich immer an die kleine Nixe, die ihren schönen Schwanz für zwei Beine eingebüßt hat, dafür aber bei jedem Schritt Schmerzen wie durch Messerstiche aushalten musste. Welche Frau würde sich da nicht wiedererkennen?

Aber kennt Ihr auch das Märchen vom Tölpel-Hans?

Tölpel-Hans, der dritte und meistens verheimlichte Sohn eines Gutsherren, will – wie seine beiden Brüder auch – um die Hand der Königstochter anhalten. Auf seinem Weg dorthin (auf einem Ziegenbock reitend!) sammelt er allerhand Zeug am Wegesrand ein, bis er zum Schloss kommt. Dort ernten all die gut vorbereiteten Bewerber von der Königstochter nur ein „Der taugt nichts! Fort, hinaus mit ihm!“. Die Brüder des Tölpel-Hans, die über die Hitze im Palast lamentieren, verwirrt die Königstochter mit der Aussage „Jawohl, mein Vater brät heute aber auch junge Hähne!“ Das wirft die gut vorbereiteten Bewerber völlig aus der Bahn. Was sollen sie nur auf so einen Nonsense antworten?

Beim unbedarften Tölpel-Hans läuft das Ganze fast schon surreal ab:

„Nun kam Tölpel-Hans dran. Er ritt auf dem Ziegenbock geradeswegs in den Saal hinein. „Na, das ist doch eine Mordshitze hier!“, sagte er. „Jawohl, ich brate aber auch junge Hähne!“, rief die Königstochter. „Ei, das ist schön“, erwiderte Tölpel-Hans, „dann kann ich ja gleich eine Krähe mitbraten?“ „Mit dem größten Vergnügen“, antwortete die Königstochter; „aber hast du auch etwas, worin du sie braten kannst? Ich habe weder Topf noch Tiegel.“ „Oh, das habe ich“, sagte Tölpel-Hans. „Hier ist mein Kochgeschirr“, und er zog den alten Holzschuh hervor und legte die Krähe hinein. „Das ist ja ein ganze Mahlzeit“, sagte die Königstochter, „aber wo nehmen wir die Brühe her?“ „Die habe ich in der Tasche!“, rief Tölpel-Hans. “ Ich habe so viel mitgebracht, dass ich sogar noch etwas wegwerfen kann!“ Und nun goss er etwas Schlamm aus der Tasche heraus. „Das gefällt mir“, sagte die Königstochter. „Du kannst wirklich reden und antworten, ich will dich also zum Manne haben! (…)“

Ist das nicht klasse? Schlagfertigkeit, Humor und Chuzpe werden belohnt – zumindest im Märchen. Die gelackten Strategen können sich ver***en: Fort, hinaus mit ihnen! Ach, wenn es doch nur im echten Leben auch so wäre!

Was im echten Leben tatsächlich so ist: Wann immer ein Brathendl im Ofen schmort, denke ich an „Mein Vater brät heut‘ junge Hähne!“. Wahrscheinlich, weil das meine Mutter schon immer gesagt hat, wenn Hähnchenduft aus der Küche durch’s ganze Haus zog. Und auch unser alter Kater Nemo sitzt fasziniert vorm Backofen und guckt den Hähnchen beim Knusprigwerden zu. Gibt es etwas Besseres als Brathähnchenduft?

Einer der ersten – und vielleicht größten – Liebesbeweise des bEdW war, als er mir im Hofbräu-Biergarten am Wiener Platz in München ein riesiges Stück knusprigster Hendl-Haut abgegeben hat. So einen Mann MUSS man doch lieben, oder?

Und so haben wir neulich junge Hähne gebraten, bzw. ein halbes Hühnchen:

Die Marinade für das Hähnchen bestand aus folgenden Zutaten:

Olivenöl

Meersalz

Pfeffer

einem Spritzer Worcester Sauce

Ras el Hanout

Nachdem das Hähnchen ordentlich eingerieben wurde mit der Marinade. Haben wir es auf aufgeschnittene Zitronenscheiben, einige Knoblauchzehen und Schalotten gesetzt, damit es auch von unten Aroma abbekommt.

Gegart wird es dann im auf 180 Grad vorgeheizten Backofen. Je nach Größe kann das ca. eine Stunde dauern. Ihr solltet das Hähnchen gut im Auge behalten. Gar ist es, wenn beim Anstechen nur noch klarer Saft austritt.

Dazu hat mir (der bEdW blieb bei Bier) ein Riesling von der Mosel geschmeckt:

Ich bin ja nicht so der Riesling-Fan, was an der Säure liegt, die ich oftmals einfach nicht vertrage, obwohl mir die Weine sehr gut schmecken. Glücklicherweise gibt es aber Riesling-Varianten, die mit weniger Säure daherkommen, eine schöne Mineralität (z.B. dank Schieferböden) mitbringen und trocken, spritzig das Beste aus der Region ins Glas bringen. Der Schiefer – Projekt Terroir Hessen-Riesling vom Weingut Ottes ist so eine Ausnahme, die mir köstlich schmeckt.

Und eben der – ebenfalls auf Schiefer gewachsene – 2011 URBAN Riesling* vom Weingut St. Urbanshof. Nik Weiß führt das Weingut in der 3. Generation und bringt auch gleich mal eine 10-Punkte-Philosophie mit: Terroir (Schiefer, my love!) dämmt die Säure, Riesling ist das A und O in der Region, auf Technik und Chemie zugunsten des traditionellen Handwerks verzichten, Wein benötigt Zeit….

Mir gefällt besonders gut, dass die sonnenverwöhnte Mosel und der Schiefer die Säure eindämmen, die mir sonst beim Riesling immer sehr zu schaffen macht. Dabei bleibt der URBAN trotzdem krachig-trocken und mit sehr angenehmen Fruchtaromen, beispielsweise Aprikose, die fast schon ein bisschen Chardonnay vorgaukeln. Mit „nur“ 11,5% ist er auch deutlich weniger alkoholhaltig als andere neue Weißweine, die oft mit 13 oder 14% ordentlich in die Birne fahren.

Ein für mich persönlich sehr angenehme Riesling-Entdeckung, die perfekt zu Geflügel passt und auch mit den würzigen Aromen des Brathähnchens klarkommt.

*Der 2011 URBAN Riesling wurde mir freundlicherweise von Hawesko zum Test zur Verfügung gestellt. Dort ist er für 8,90€/Flasche erhältlich.

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  1. Danke für die Erinnerung an das wundervolle Märchen 🙂 Und so ein Brathähnchen… Gut, dass ich noch zwei dicke Hühnerbeine im Eis habe 😉

  2. danke für die Geschichte vom Tölpel-Hans! Diese Geschichte hatte ich auf einer Märchen-Platte und plötzlich hier beim Lesen war die Stimme der Erzählerin und alles wieder da, richtig greifbar!! Oh und so ein Hähnchen möchte ich auch bald mal braten, mhmmmmmm…

  3. Ich gestehe, dass ich das Märchen vom Tölpel-Hans nicht kannte. Aber jetzt! Und Du hast recht – Brathähnchenduft ist schwer zu toppen….

  4. @evazins Gerne geschehen. Ich liebe die Märchen von HCA (und von Wilhelm Hauff!) sehr – mit und ohne Hähnchen.

    @barbara Oh, eine ähnliche (die gleiche?) Platte hatte ich auch. Keine Ahnung, wo die eigentlich alle abgeblieben sind…

    @magentratzerl Eines der weniger bekannten aber sehr charmanten Märchen. Auch „Die Nachtigall“ ist herrlich. Ich mag die Märchen von HCA sehr. Ganz zu schweigen von Hendlduft 😉

  5. ..das frage ich mich manchmal auch, wo all diese Platten abgeblieben sind!

  6. Ich bin auch Märchenfan – sowieso Geschichten aller Art… Ich freue mich immer, wenn jemand «Geschichten von früher» erzählt, z.B. Kindheitserinnerungen von älteren Menschen mag ich sehr. Das schönste an Deiner Geschichte ist der Teil mit der knusprigen Hänchenhaut… hach… *schmacht*…*seufz* 🙂

    1. Hach ja, das treibt mir auch immer die Herzchen in die Augen. *kicher* Und die Geschichten von früher mag ich auch sehr. Vor allem im hessischen Tonfall meiner Oma!

  7. Ich bin auch Märchenfan…. aber noch ein viel grösserer Fan von knusprigen Brathähnchen 😉

    1. Genau: am besten beides. Wozu sich entscheiden müssen?

  8. hier ist nicht noch ein Märchen-, dafür umso mehr ein Riesling-Fan.. 😉 besonders die von der Mosel haben es auch mir angetan – da haben wir zwei wohl den gleichen Geschmack. Werde ich mal ausprobieren, wenn er mir über den Weg läuft!
    liebe Grüße *annette

    1. Ja, für mich echt eine Entdeckung, da ich – im Rheingau wohnend – die Mosel bisher nicht so auf der Agenda hatte. Aber die mildere Säure hat’s mir angetan.

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