Zwetschenkuchen nach Oma Marga oder: 3750 vs. 10

Die  Zwetschgen Zwetschen Quetschen Pflaumen auf dem Wochenmarkt lachen mir derzeit mitten ins Herz – egal wie man sie nun nennt und schreibt. Spätsommerlich-herbstlich liegen sie da schön lila in ihren Körbchen und rufen „Back mich!„.

Nun bin ich, was Quetschen-Kuchen (ich bleibe bei dieser Schreibweise, da ich Zwetschen seit Kindertagen an nur als „Quetsche“ kenne) anbelangt, leicht vorbelastet. Die weltbeste Oma und ihre Tochter (i.e. die beste aller Mütter), backen nämlich Quetschen-Kuchen, der Euch in die Knie gehen und einen Altar aufbauen lassen würde.

Ich glaube ja, man käme in Sachen Weltfrieden einen ordentlichen Schritt weiter, wenn mehr Leute miteinander die Kuchen ihrer Großmütter teilen würden. Aber das führt uns ein bisschen weg vom Thema…

Der erste Quetschen-Kuchen der Saison war seit frühester Erinnerung für die ganze Familie immer ein Fest! In der Wohnküche meiner Oma saßen wir dann bei einer Tasse Kaffe und haben – mit viel Sahne! – riesige Stücke aus dem Blechkuchen serviert bekommen. Dabei wurden individuelle Vorlieben (Rand/kein Rand, Streusel/wenig Streusel) natürlich berücksichtigt. Und je mehr wir schmatzten und lobten und den Kuchen priesen, desto glücklicher strahlte meine Oma und war voll und ganz in ihrem Element.

Noch heute, fast neunzigjährig, lässt sie es sich nicht nehmen, die garteneigenen Quetschen zu verarbeiten, genau auseinanderzusetzen, ob die Ernte in diesem Jahr gut oder schlecht, mit vielen Würmern, zu sauer oder Saft ziehend war. Und auch heute freut sie sich über die Freudenquietscher, die der erste Quetschen-Kuchen der Saison bei der Familie auslöst!

Was für ein Erbe trete ich also an? Ausgerechnet ich: Der Back-Legastheniker?

Meine Ma, auch genannt „Der Telefonjoker„, weil ich sie immer anrufe, wenn ich Küchenfragen habe, hat mir minutiös erklärt, wie ich Quetschen-Kuchen nach dem Rezept meiner Großmutter zuzubereiten habe. Das war nicht ganz so witzig wie das Telefonat mit meiner Oma zum Rhabarberkuchen – aber doch eindringlich diktiert.

Ich war also gut gerüstet. Voller Tatendrang. Und dann… Oh Gott!… war mir die Reihenfolge nicht mehr so richtig klar. Butter gleich dazugeben? Oder erst nach der Milch? Oder beides mischen? HIIIILFEEEE!!!

Aber: Der Telefonjoker war nicht daheim! Was jetzt ? Also den 2. Telefonjoker anrufen: Die Oma.

Meine Oma natürlich völlig verwirrt allein schon wegen der Frage. Wie kann es wohl sein, hörte ich sie förmlich denken und den Kopf schütteln, dass eine Frau meines Alters (29!! Seit Jahren schon!!) keinen Hefekuchen machen kann?

Was soll ich sagen? Es hat hingehauen! Ich! Habe! Queschen-Kuchen! Gemacht!

Aber muss ich Euch sagen, dass er NICHT so himmlisch war wie in der Wohnküche meiner Oma – serviert mit einer Tasse Filterkaffee und auf Blümchen-Geschirr? Der Teig hätte fluffiger sein können, weniger stark gebacken (ok, er war zu lang drin!)… Er war gut. Er ist gelungen. Aber er hatte ein Manko: Er war NICHT von meiner Oma! Möge sie mindestens 200 Jahre alt werden!

Einen kleinen Trost gibt es: Ihr erinnert Euch an die Rechnung zum Thema Rhabarberkuchen? Konservativ geschätzt hat meine Oma in ihrem Leben etwa 3750 Kuchen gebacken.

Ich ungefähr 10.

Das müsst Ihr Euch wie im Fußballstadion denken:

Oma: dreitausendsiebenhundertfünfzig

Julia: zeeeeeeeehn

Merkt Ihr was?

It’s a long way to go…

Hier deshalb das Rezept für original hessischen Quetschen-Kuchen nach meiner Großmutter, Mutter und jetzt auch der Tochter für ein Backblech (oder mit halbierter Menge: für eine Springform mit ca. 26 cm Durchmesser):

500 gr Mehl

1/2 Würfel Hefe oder ein Päckchen Trockenhefe

0,2 l Milch (lauwarm)

125 gr Zucker

1 Prise Salz

100 gr Butter, in einem Töpfchen erwärmt, bis sie flüssig ist

50 Quetschen – gewaschen, trockengetupft, entsteint, halbiert und noch mal je Hälfte eingeschnitten

Etwas Butter zum Fetten der Backform

2 EL Semmelbrösel

Mein Add-on:

Etwas Muscovado-Zucker

1 Becher Sahne

1/2 TL Zimt

So geht’s:

Mehl, Zucker und Salz in einer Schüssel mischen. In die Mitte eine kleine Mulde drücken. Hefe dort hineingeben und mit einigen Löffeln der handwarmen Milch verrühren. Dabei immer etwas Mehl vom Rand verrühren. Diesen Vorteig für den Hefeteig an einem warmen Ort zugedeckt ca. 15 Minuten gehen lassen.

Dann die restliche Milch und die flüssige (nicht heiße!) Butter zum Teig zugeben und zu einem schönen, glatten Teig verkneten. Wieder mit einem Tuch bedeckt zur Seite stellen und weitere 30 Minuten gehen lassen. Der Teig darf keinen Zug bekommen, muss aber „atmen“ können.

Backofen auf 190 Grad vorheizen.

Nach dem Gehen habe ich die Hälfte des Teiges eingefroren. Die andere Hälfte habe ich noch mal durchgeknetet und anschließend in eine gebutterte Springform gegeben. Darauf verteilt habe ich einige Semmelbrösel, damit der Saft der Quetschen aufgegangen wird.

Die Quetschen habe ich – während der Teig ging – vom bEdW halbieren und entsteinen lassen. Die Hälften dann jeweils noch mal soweit einschneiden, dass man sie platt auf den Kuchen legen kann. Sonst bilden sie eine Mulde, in der sich der Saft sammelt.

Die Quetschen jetzt schön aufrecht auf den Teig setzen und von außen nach innen in Kreisen anordnen.

Die Springform auf das Rost in der zweiten Schiene von unten geben und 30 Minuten backen.

Dann etwas Muscovado-Zucker auf die Quetschen geben und noch mal etwa 10 Minuten backen.

Die Backzeit ist stark von Eurem Backofen und der Dicke der Früchte abhängig. Da müsst Ihr selber ein bisschen mitdenken und mich bitte nicht festnageln!

Kuchen herausnehmen, fast (!) ganz abkühlen lassen und währendessen Sahne und Zimt aufschlagen.

Ein lauwarmes Stück Quetschen-Kuchen mit ordentlich Zimtsahne servieren und direkt in die Knie gehen vor Glück!

Soviel lila Pflaumenglück nimmt Teil an Highfoodalitys Cookbook of Colors-Event im September:

HighFoodality Blog-Event Cookbook of Colors

Und Apropos, weil wir fast zeitgleich veröffentlichen: An dieser Stelle wieder eine Leseempfehlung für die bezaubernde Katharina, die doch tatsächlich auch den Herbst einläutet mit Zwetschgendatschi und – natürlich! – ordentlich Sahne! Auf die Idee, den Kuchen mit Haselnüssen zu bestreuen, bin ich noch nie gekommen. Ist sicherlich schön crunchy! (Unnötig zu erwähnen, dass Katharina auch zuckersüße Zwetschgenfotos veröffentlicht hat!)

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  1. Auch wenn er noch etwas weg ist…..aber soooo weit ist der Weg zu Oma´s Kuchen auch nicht mehr, vor allem, wenn man das Torverhältnis bedenkt!

  2. Yeah!! Ehrlicher schnörkelloser Kuchen nach Omas Rezept ohne Pipapo! Finde ich klasse! Und kann kaum glauben, dass du erst 10 Kuchen in deinem 29-jährigen (:-)) Leben gebacken hast – deiner sieht nämlich prima aus!

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Carina

  3. Der ist genauso schön wie der von meiner Mami 😀
    Und mein Vater der auch aus Hessen kommt, vergöttert sie wegen diesem Kuchen!

    http://jung-arras.blogspot.de/2012/09/mamas-zwetschgenkuchen.html

  4. @Markus Das Torverhältnis ist fast so wie derzeit zwischen FCB und Eintracht. Ich wäre damit also schon in der Champions League angekommen 🙂

    @Carina Vielen Dank! Aber mehr als 10 waren es wirklich nicht. Ich arbeite dran…

    @Carlotta Mit einem guten Kuchen kann man schon mal ein Herz gewinnen…

  5. Uiii, Du erinnerst mich daran, dass ich ja auch noch lila kochen wollte. Mist – das ist einfach eine Farbe, die mich total langweilt 🙁
    Aber Dein Kuchen würde mich nicht langweilen – so ein Stück täte ich gerne davon nehmen. Mit viel Sahne bitte! 🙂

  6. Scheinbar kennen Deine Oma und meine Oma sich, die Zutatenliste ist exakt gleich, nur die Butter ist im Rezept meiner Oma nicht verflüssigt.
    Bei uns wird oben auf die Pflaumen noch eine Schicht Zucker gestreut, bevor die Sahne oben drauf kommt.
    Da ich gestern stundenlang Quetschen vom Baum gepflückt habe, wird heute Abend auch gebacken.

  7. Bei meiner Oma hieß der Hefekuchen Blootz. In der Quetschezeit hat sie jeden Freitagvormittag einige große Bleche Blootz gebacken und alle Kinder und Enkel zum Mittagskaffee (!) eingeladen. (Wer arbeiten musste, kam am Nachmittag.)

    Und die Lieblingsenkelin bekam immer ein Extra-Stück Blootz mit Äpfeln oder Quark belegt, weil die junge Dame (mittlerweile seit einigen Jahren 39) keine Quetschen mag. 😉

    1. Jeden Freitagvormittag? Himmlisch! Hefeblootz kenne ich als Begriff auch irgendwie. Da klingelt was…

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