Das Ende der Saison. Von Rhabarber-Streußel-Kuchen, der weltbesten Oma und tanzenden Bären

Streusel schreibt man mit s? Also einfachem s? Das hätte mir ja ruhig mal jemand sagen können 🙂

Was freuen wir uns immer auf den ersten Spargel, den ersten Rhabarber, die ersten heimischen Tomaten oder Erdbeeren der Saison. Und immer gegen Ende der zuerst unendlich scheinenden Zeit merken wir, dass wir wieder viel zu wenig Spargel, Rhabarber, Erdbeeren gegessen haben… Überhaupt: Rhabarber! Wenig weckt süßere Kindheitserinnerungen als ein Stück Streußelkuchen mit Rhabarber. Und zwar so, wie meine wunderbare, süße, kleine Oma ihn macht: mit viel Butter, viel Zucker, dicken krossen Streußeln und reichlich Rhabarber. Kein Mohn, kein Pudding, kein Schnixlapeng!

Da ich nicht so gerne backe und auch nicht mehr als ein Stück Kuchen esse, habe ich mich immer mal wieder bei Bäckern und Konditoreien umgeschaut. Aber falls es überhaupt mal die Rhabarber-Streußel-Variante gab, war sie oft viel zu matschig, mit schrecklich dickem Hefeteig, lächerlich winzigen Streußeln oder so viel Backpulver, dass einem die Zähne davon stumpf wurden.

Also führt am Selberbacken kein Weg vorbei. Deshalb wurde der Telefon-Joker für Kuchen angerufen, sprich: meine Oma (89). Sie backt seit sie 14 ist himmlische Kuchen. Das sind jetzt also 75 Jahre. Geht man mal von einem Kuchen pro Woche und von 50 Wochen pro Jahr aus, sind das etwa 3750 Kuchen, die meine Oma seither gebacken hat! Wenn also jemand Routine hat, dann die Oma! Und nirgends schmeckt Zwetschgenkuchen, Kakaozopf, Mohngewickelter, Streußelkuchen besser…

Folgendes Telefonat müsst Ihr Euch jetzt auf hessisch vorstellen:

Ich: „Omma, wie mach‘ isch’n Rhabarber-Kuchen?“

Oma: „Ei, Kind, da schält mer de Rhabarber, zuckert ihn und legt ihn uff de Teisch…“

Ich: „Äh… Ja, klar. Aber: Könne mer bitte gaaaanz vorn anfange? Wie mach‘ ich denn de Teisch??“

Oma erklärt mir Schritt für Schritt, wie man Teig, Rhabarber und Streußel zubereitet, in die Form packt, backt und so weiter. Minutiös und mit viel Geduld.

Ich: „Ohjeh, hoffentlich schaff ich das, damit der so schmeckt wie bei Dir!“

Oma: „Ei, Kind, mer lehrt doch en Bär es Danze!“ (Anm. d. Übers.: Man bringt einem Bär das Tanzen bei)

Na dann!!

Ich muss mal ganz unbescheiden sagen: Der war GENAU so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Sauer, süß, knusprig und noch lauwarm.

Für eine 26 cm große Springform benötigt Ihr folgende Zutaten:

Butter, um die Form zu fetten

Für den Mürbeteig-Boden:

1 Ei (M)

125 gr Butter

125 gr Zucker

225 gr Mehl

1 gehäufter TL Backpulver (Omas Tipp: Der ist wichtig, da sonst der Rhabarber den Teig „runterdrückt“)

1 Prise Salz

Für den Rhabarber:

3-4 Stangen Rhabarber, gewaschen, geschält, in Stücke gehackt

1 EL Zucker

Für die Streußel:

150 gr Mehl

100 gr Butter

100 gr Zucker (ich habe hierfür Muscovado-Zucker genommen, der einen schönen karamelligen Geschmack hat)

Los geht’s:

Die Rhabarber-Stücke zuckern, gut vermischen und zur Seite stellen. Die Springform buttern. Den Backofen auf 200 gr vorheizen.

Omas Tipp: Nicht zu viel Zucker verwenden, da der Rhabarber sonst Wasser zieht und den Teig knatschig macht!

Alle Zutaten für den Mürbeteig zusammenkneten. Den Boden der Springform damit auslegen und einen kleinen Rand formen, damit der Rhabarber später nicht runterläuft.

Für die Streußel erst Butter und Zucker miteinander vermischen. Dann nach und nach Mehl hinzugeben, sodass kleine (oder größere) Streußel entstehen. Wenn das nicht klappt (wie bei mir!), dann einfach die Streußel mit den Fingern formen, indem man kleine Kügelchen rollte und etwas uneben zurechtdrückt. Ist ziemlich aufwendig, geht aber zur Not auch…

Omas Tipp: Wer nach dem Belegen des Kuchens noch Streußel übrig hat, kann diese 14 Tage im Kühlschrank aufbewahren und somit für einen anderen Kuchen nutzen.

Jetzt den Rhabarber (ohne mögliche Brühe, die in der Schüssel zusammenläuft) auf dem Boden verteilen.

Zum Schluss die Streußel schön flächendeckend verteilen. Ein bisschen Rhabarber sollte aber noch durchgucken.

Jetzt den Kuchen auf der mittleren Schiene in den Backofen schieben und die Hitze auf 180 Grad senken.

Omas Tipp: Auf den Backofen-Boden etwas Backpapier legen, da hin und wieder Rhabarber-Saft aus der Form tropfen kann.

Die Backzeit beträgt etwa 30-40 Minuten. Um die Streußel schön braun zu bekommen, könnt ihr für die letzten 5 Minuten noch mal den Grill anschalten.

Der Kuchen duftet herrlich, ist wahrlich nichts für die schlanke Linie und schmeckt lauwarm am allerbesten. Ein Klecks Schlagsahne und eine Tasse handaufgebrühter Filterkaffe dazu sind dann die absolute Krönung, um mich endgültig in die Wohnküche meiner Oma zu beamen – mit Blümchentapete und einem Sträußchen aus Gartenblumen auf dem Tisch!

Wie gut, dass dieser Kuchen auch mit Apfelschnitzen, Zwetschgen und anderem Obst funktioniert… Aber bis zum nächsten Backvorgang geht der Bär jetzt erstmal ein bisschen tanzen!

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  1. Super!
    Und morsche frägsch die Oma nachm nächschte Kuche!

  2. Daniela says:

    Herrlich schön! Danke für den Tipps, werde ich bestimmt mal nachbacken Ich werde heute gleich auch noch mal Rhabarber kaufen und Kompott mit Griesspudding machen. Auch köstlich ! Und deine Oma ist ja Gold Wert!

  3. @Heike Ganz obbe uff de List steht de Quetschekuche

    @Daniela Oh ja, sie ist Gold wert. Ich richte es ihr aus. Auch wenn ich dann erstmal das Prinzip Foodblog erklären muss. Und Internet. Und überhaupt… Aber: Me lehrt en Bär es Danze, gell?!

  4. Ich liebe es wie Du schreibst… herrlich, vom Kuchen-Rezept mal ganz abgesehen…

    1. Vielen Dank, meine Liebe!

  5. Klingt phantastisch!

  6. Annette Nebelung says:

    Habe heute das Rezept ausprobiert – fantastisch! Die Streuseln werden übrigens himmlisch, wenn man die Zutaten nicht verknetet, sondern verrührt; ausserdem haben wir hier in Norwegen keine deutschen Springformen, also habe ich die Auflaufform genommen – was den Vorteil hat, dass nichts tropfen kann! Viele Grüsse auch an Deine Oma!!!

    1. Vielen Dank für die Tipps! Und die Gruesse richte ich sehr gerne aus. Um den eigenen Rhabarber beneide ich Dich echt!

  7. Annette Nebelung says:

    Ach so … übrigens stammte der Rhabarber aus unserem eigenen Garten, das hat das Resultat noch einen Hack besser gemacht! ;o))

  8. Herrlich! Das sind tolle hessische Kindheits- und Heimaterinnerungen 🙂

    Viele Grüße,
    Maja

  9. Hach! Die Omis sind doch die besten! 🙂 Köstlich, euer Telefonat sowie das Rezept.

  10. Was für eine nette Beschreibung, sie erinnert mich so an meine Oma, von der ich leider nicht viele Rezepte habe. So mag ich den Rhabarbarkuchen auch am liebsten!

  11. Rhabarber und Streusel sind eine tolle Kombination. Das Saure, das auf der Zunge bitzelt und sofort die Süße..ich liebe es! Schade nur, dass Rhabarber so unbeliebt ist. Zumindest in meiner Umgebung essen ihn (leider) nicht viele.

  12. Tamara Jaitner says:

    Herzlichen Dank für dieses Rezept. Klassikernsind doch immer noch die beste Bank. Habe Angesichts der derzeitigen „Mehlknappheit“ die Streusel mit 70% Haferflocken und 30%% Hafermehl gemacht. Ein vergessenes und schon recht hartes Stückchen Marzipan zum Backen kam auch noch rein. (Reibe) War gut. FCK MhD. Hoffentlich können wir die Kohlequadrate bald wieder abtrainieren. Es war göttlich.
    Alles Gute, Gesundheit und bis neulich
    Tamara

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