Pacific Palisades Shrimp Pasta. Eine kleine Philosophie über das Kochen

Einer der Auslöser, weshalb ich vor ziemlich genau einem Jahr mit dem German Abendbrot Food-Blog Experiment angefangen habe, waren die vielen Fragen von Freunden, Bekannten und Kollegen: Maaaaan, was soll ich nur kochen? Heute Abend kommt Besuch. Was würdest Du denn jetzt spontan zu Essen machen? Ich hab‘ nix im Kühlschrank. Wie soll man daraus denn eine Mahlzeit hinbekommen? Woher nimmst DU nur immer die Zeit? Und so weiter… Ihr kennt das vielleicht. Mit dem Blog wollte und will ich u.a. ein paar Ideen und Anregungen liefern.

(Wer jetzt schnell zum Rezept will, sollte etwas scrollen…)

Jedenfalls habe ich immer gerne Tipps geliefert, weil ich auch unter Zeit- oder Budgetdruck immer den Wunsch hatte, irgendwas Leckeres hinzubekommen, statt mir einfach eine Pizza kommen zu lassen. Natürlich gelingt nicht immer alles. Und manchmal hole ich mir auch einfach einen Döner auf dem Heimweg. So what? Wenn ich koche, ist das Ergebnis nie Haute Cuisine, wie Ihr beim Surfen durch das Blog schnell merken könnt, sondern möglichst ehrliches, nachvollziehbares Essen, das auch Vollzeit-Berufstätige hinbekommen.

Warum fällt es aber so vielen Leuten schwer, etwas zu kochen? Liegt es an unserem Hang zur Perfektion? Was bei Jamie Oliver oder gar Johann Lafer schwupp die wupp auf dem Teller ist, schreckt den „normalen“ Hobbykoch wahrscheinlich erstmal ab.  Ist es die Bequemlichkeit? In einem Land, in dem an jeder Ecke permanent und überall Essen verfügbar ist und konsumiert werden kann, ist das Selberkochen ja eher Luxus (weil etwas zeitaufwendiger) als Notwendigkeit. Eine Pizza ist nunmal schneller bestellt als selbergemacht. Oder ist es die Stressbelastung, der wir ohnehin den ganzen Tag ausgesetzt sind? Jetzt auch noch einkaufen, an der Kasse stehen, Essen zubereiten, hinterher spülen. Och nöö…

Ich habe auch oft erst nach 20 Uhr Zeit zum Kochen. Das Einkaufen ist eine elende Hetzerei. Und es ärgert mich maßlos, dass in München die Läden um 20 Uhr zumachen. Zudem bekommt man als Berufstätiger, der nach 19 Uhr schnell noch einkaufen radelt, nur noch die Reste und angewelktes Gemüse, da sich die Ladenbesitzer eh schon auf den Feierabend eingestellt haben (O-Ton: „Neee, also die Wurstschneidemaschine hab‘ ich jetzt schon sauber gemacht…“).

Dabei kann der Umgang mit Lebensmitteln so viel Spaß machen. Ein großer Einkauf ist gar nicht immer nötig, wenn ein paar Basics im Haus sind. Etwas mehr Geld und Zeit verwende ich beim Kochen eher am Wochenende oder für Gäste. Alltags lässt sich aber abends relativ schnell etwas zubereiten, ohne dass man noch unnötig Zeit an der Kasse verliert. Beim Kochen kann ich außerdem wunderbar abschalten. Das ist für mich ähnlich meditativ wie das Laufen. Etwas mehr Lässigkeit und weniger Perfektionsanspruch sind vielleicht ein erster Schritt hin zur Freude am Kochen.

Mit meiner Blog-Rubrik „Schnell & lecker“ habe ich immer solche Rezepte verschlagwortet, die wirklich fix zuzubereiten sind. Meistens in etwa einer halben Stunde – vom „Durch-die-Tür-Kommen“ bis zum „Hinsetzen-und-Essen“. Das finde ich relativ überschaubar, weil ich persönlich sowieso erstmal eine Zeit brauche, um runterzukommen, die Schuhe von mir zu schmeißen und durchzuatmen.

Außerdem mache ich mir den Aufenthalt in der Küche einfach schön: Bequeme Klamotten an, Musik einlegen, Gläschen Wein zum Kochen braucht man eh…und los geht’s!

Außerdem mag ich den Vorher-Nachher-Effekt! Ich habe schon immer Menschen mit handwerklichem Geschick oder gar ebensolchen Berufen beneidet. Man sieht mit jedem Handgriff ein Ergebnis, kann den Beruf überall auf der Welt ausüben, braucht dazu nicht mal unbedingt teures oder schweres Werkzeug. Nicht umsonst gibt es zahlreiche Bäcker, die im Ausland mit deutschem Brot reich geworden sind!

Da ich bei aller Liebe zu meinem Job nicht gerade behaupten kann, am Abend auf einen geschreinerten Stuhl, eine getöpferte Vase oder ein repariertes Auto blicken zu können, freue ich mich an dem Vorher-Nachher aus der Küche.

Auf diese Freude am Kochen muss man sich vielleicht etwas einlassen: Auch schnelle Pasta-Gerichte sind „echtes Kochen“. Es muss nicht immer alles, alles, alles selberproduziert sein – ein fertig gekauftes Chutney oder eine Currymischung sind nichts Schlechtes. Zwar macht die Eigenproduktion Spaß. Aber es geht auch mal ohne. (Sogar die m.E. völlig überschätzte Sarah Wiener ist sich nicht zu blöd, für Fleischpflanzerl von der Tanke zu werben oder im ICE Bordrestaurant Glutamat-Geschleuder ranzubieten). Aber: Wer selber kocht, weiß eher, was er isst. In Zeiten zunehmender Lebensmittelskandale ein echtes Plus. Dafür muss man nicht jeden Rucola-Halm nachverfogen können. Aber zu wissen, dass das hausgemachte Pesto weder mit Cashewnüssen noch mit Sonnenblumenöl gestreckt ist, dürfte nicht nur für Nussallergiker interessant sein.

Auch der Einwand, als Single (oder Teilzeit-Single, so wie ich derzeit) lohne der „Aufwand“ nicht, irrt. Selberkochen ist nicht nur häufig günstiger, sondern kann auch deshalb Spaß machen, weil man sich nach keinem anderen richten muss. „Ich mag keine Rosinen“ oder „Für mich bitte nicht so scharf“ können dem Single-Koch egal sein!

Also mehr Mut, liebe Leute. Schaut mal in die „Schnell&lecker“-getaggten Rezepte und legt los!

Schmeißt Musik rein, deckt Euch den Tisch, vergesst den Wein nicht und vor allem: Denkt Euch einen fancy Namen für Euer Gericht aus. Wer schon mal über Schaumsüppchen an XY lächelt, vergisst, dass die Verpackung die halbe Miete ist. Eine hübsche Serviette, der nett angerichtete Teller, passende Musik im Hintergrund… All das macht aus „was zum Essen“ ein Gericht.

Und somit sind wir auch endlich bei der Pacific Palisades Shrimp Pasta angelangt 🙂

Eine schnelle Kleinigkeit, die aber ein kleiner Blitzurlaub war. Da spielte nicht nur das Wetter mit, so dass ich endlich mal wieder auf dem Balkon essen und in den Sonnenuntergang schauen konnte. Auch die neue Brigitte lag im Postkasten, Jack Johnson im CD-Player und ein kühler Weißer im Glas. Da hört man förmlich das Meer rauschen – selbst in München.

Und weil heute der 4. Juli ist und ich mit Pacific Palisades, dem Stadtteil von Los Angeles, in dem in den 30ern viele Exil-Europäer ein luxuriöses Zuhause fanden, immer weiße Veranden, fließende Stoffe und kühle Drinks verbinde, habe ich meine Shrimps-Nudeln so genannt. Außerdem gibt der Frischkäse (Zutaten s.u.) der Sauce eine leichte Süße, die ich irgendwie mit Kalifornien verbinde. Total weit hergeholt – aber das ist das Schaumsüppchen meistens auch. Und es macht Spaß, schon beim Kochen drüber nachzudenken 🙂

Zutaten:

1 kleine fein gehackte Chilischote

1 EL Tomatenmark

1 grüne Spitzpaprika (3/4 klein gehackt, der Rest in dünne Ringe geschnitten)

6 Pacific Shrimps (oder andere Garnelen). Je nachdem, ob Ihr rohe oder gekochte verwendet, ändert sich die Garzeit. Ich hatte gekochte.

2 EL Frischkäse natur

1 großer Schluck trockener Weißwein

6 entkernte und klein gehackte Cocktailtomaten

Salz, Pfeffer, Zucker

Basilikumblätter, gehackt

2 EL Olivenöl

So geht’s:

Nudelwasser aufsetzen und Nudeln kochen. Währendessen etwas Olivenöl in einer großen Pfanne erhitzen. Chili und Tomatenmark darin anrösten. Etwas zuckern (nimmt dem Mark die Säure). Mit Weißwein ablöschen. Frischkäse schmelzen lassen und verrühren. Gehackte Spitzpaprika hineingeben und kurz köcheln lassen. Wenn die Nudeln schon fast gar sind, die Tomaten und die Shrimps hineingeben. Mit Salz und Pfeffer würzen. Nur noch heißwerden lassen (falls die Garnelen roh sind, bitte entsprechend länger mitkochen lassen). 

Wenn die Nudeln fertig und abgegossen sind, in die Pfanne geben und mit der Sauce gut vermischen. Servieren, Basilikum darübergeben, Ringe Spitzpaprika arrangieren und fertig!

Geht blitzschnell, kann aus den Vorräten bestritten und variiert werden, schmeckt wirklich gut und ist mit dem entsprechenden Drumherum (s.o.) alles andere als eine Verlegenheitslösung. Das ist keine Sterneküche, ich weiß. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wer nach einem langen, heftigen Tag nach Hause kommt, Kohldampf hat und schnell was Gutes will, den machen Nudeln einfach glücklich!

Eure Meinung interessiert mich. Sollten Food-Blogs nur die hohe Kunst des Kochens zeigen? Surft im Internet sowieso nur der nach Rezepten, der eh gerne kocht? Entspannt Euch das Kochen oder ist es eher Frust und elende Pflicht? Und lasst mich Eure fancy Namen wissen, die Ihr Euch für Gerichte ausgedacht habt 🙂

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  1. Du schreibst mir aus der Seele. Und natürlich sollten Food-Blogs nicht die hohe Kunst des Kochens zeigen. Erste Erfolge sind bei Küchenlatein – the Next Generation – zu verbuchen: Da wird im Blog gesucht, das Rezept umgesetzt und zur Party, Picknick, etc. mitgebracht. Nachfragen nach dem gelungenen Rezept werden mit der Blog-Adresse beantwortet und Raid-the-Fridge-Reis ist immer ein Renner

    1. Na, von Dir lernen heißt ja auch, von den ganz großen unter den Food-Bloggern lernen, liebe Ulrike 🙂 Aber Du hast recht: Wenn Freunde/Blog-Besucher nachkochen, ist das immer das schönste Lob!

  2. Mit diesem Beitrag hast du mir gerade aus der Seele gesprochen. Auch wenn ich vielleicht etwas mehr Zeit zum kochen habe….so lege ich trotzdem oder gerade deswegen , viel Wert auf das was ich esse und Vorratshaltung……..und alleine den Vorrat anlegen…ist schon ein Vergnügen für sich.Ich finde , ein selbstgemachtes Pesto oder Chutney, Marmelade oder Salz……kann mir kein Sternekoch aus dem Regal ersetzen.Auch surfe ich viel in den anderen Blogs …….schon allein um neue Denkanstöße zu bekommen.Im übrigen finde ich, gerade für Singles lohnt es sich dreifach selbst zu kochen und Vorräte anzulegen. Günstig in größeren Mengen einkaufen und dann passgenau den Vorrat anlegen. In kleine Gläschen oder in kleinen Portionen schon fix und fertig einfrieren.Selbst Kuchen geht……..wo also liegt da das Problem? Ich denke vielen Leuten ist das einfach zu viel Arbeit. Ich für meinen Teil, bin froh um Blogs die gute ,einfache und leckere Rezepte haben.
    LG
    Martina

  3. Danke für das Kompliment, aber Sterneküche koche ich ja nun bestimmt nicht, sondern alltagstaugliche Gerichte für jeden Tag

  4. Sandra_aus_München says:

    uiuiui, das hat sich wirklich gelohnt, den GANZEN Text zu lesen und nicht schon nach dem ersten Absatz zum Rezept weiterzuscrollen!!

    Echt schön geschrieben und auch MIR aus der Seele gesprochen….ich verfolge ja nun seit etwa einem halben Jahr regelmäßig Foodblogs, davor wußte ich noch nicht mal, dass es sowas überhaupt gibt…und ich bin wirklich süchtig geworden!! Und ich mag da ehrlich gesagt alle Genre…..deinen Blog mag ich so gerne, weil du mir schon so oft aus der Seele gesprochen hast und ich mochte ihn seit dem ersten Artikel, den ich von dir gelesen habe ( Bolognese! ;o) ) und ich mag ihn, weil du in einer Ecke von München wohnst, in der ich auch mal gewohnt habe und ich mich da beim lesen wie daheim fühle… ;o) Und ich habe auch schon das eine oder andere Rezept von dir aufgegriffen und in meine Kocherei mit einfliessen lassen…z.B. ist der asiatische Salat mit Gurke und Möhre bei uns der totale Knaller als Vorspeise geworden! Ich tue da dann immer noch gehackte undgesalzene Erdnüsse drüber – ein Traum!

    Aber ich für mich kann auch immer nicht verstehen, das Leute nicht so gerne kochen – für mich ist das eine Selbstverständlichkeit, ein Hobby, eine Art zu entspannen und auch etwas, wobei ich meiner Kreativität freien Lauf lassen kann….und das größte Kompliment hat mir neulich mein Freund gemacht, nachdem wir in einer meiner Meinung nach wirklich guten bayerischen Gaststätte waren und gut gegessen hatten……ich fragte ihn, ob er mit seinem Braten zufireden gewesen war ( ich fands mein Essen echt sehr lecker!) und er meinte: „Ja, passt schon. Aber wenn ich ehrlich bin, dann schmeckt es mir eigentlich in fast keinem Restaurant mehr so gut wie zuhause. Außer vielleicht im Aquarello, aber das ist ja auch eine gaaaanz andre Katehgorie…“
    *uffz* das hat mir dann schon die Schuhe ausgezogen…ich weiß, dass ich gut kochen kann und wenn ich zum essen einlade, dann freuen sich immer alle wie ein Schnitzel, aber ich gehe auch mal gerne essen und probiere da vielleicht auch Dinge aus, die ich selber noch nicht zubereitet habe oder es von den Herstellungsmethoden daheim auch nicht kann….aber wenn man dann gesagt bekommt, dass es jemanden bei mir am besten schmeckt, da war ich dann schon echt ein bisschen verwundert.

    Ich koche auch gerne für mich alleine…gestern abend z.B., da war mein Freund außer Haus, ich dachte mir, ich finde schon was daheim, woraus ich was basteln kann und bin auch nicht mehr extra einkaufen gegangen…und so war es dann auch….ich hatte noch Kartoffeln, eine Aubergine, einige Fleischtomaten, etwas selbstgemachte Kräuterbutter, Gemüsefond, Käse…..
    Dann ist mir so ein Gelüst auf Moussaka durch den Kopf geschossen und ich habe die Kartoffeln gekocht und in Scheiben geschnitten, die Aubergine in Scheiben schonmal mit etwas Olibenöl im Ofen auf einem Backblech langsam vor sich hinschmoren lassen….dann alles mit den in Scheiben geschnittenen Tomaten in einer Auflaifform geschichtet, mit Salz, Cayennpfeffer und Zimt gewürzt, nocht Kräuterbutter und Fond angegossen, mit ger. Käse bestreut und ab damit in den Ofen…und die Zubereitung hat nicht mehr als 30 Min. gedauert…….und ich entspanne dabei……..

    Für mich gehört Kochen echt zum Alltag….aber ich mag auch große Herausforderungen, Menüs für 12 Personen zu kreieren, Brot selber backen, Marmeladen und Sirups kochen, sleber mal eine Balsamicoreduktion herstellen und nicht das gezuckerte Zeug aus dem Supermarkt kaufen, etc……das bedeute für mich Lebensqualität. Und wenn ich ohne Küche sein müßte, dann würde ich Leiden wie ein Hund.

    Von daher kann ich nur sagen, bitte mach so weiter in deinem Foodblog – ich liebe ihn! :o)

    Liebe Grüße, Sandra

  5. @Ulrike Es geht ja nicht um Sterneküche, sondern um die Qualität Deines Blogs, den ich wirklich sehr mag. 🙂 Deshalb: Chapeau!

    @Sandra Vielen herzlichen Dank. Das geht runter wie (bestes Oliven-)Öl. Ich freue mich sehr über so viel nettes Feedback. Wenn Leser Rezepte nachkochen, ist das das schönste Lob für einen Food-Blogger!

    @Martina Na, dann bist Du hier ja sicher richtig. Auch unprätentiös kann lecker und gesund sein. Und beim Thema Chutneys rennst Du bei mir offene Türen ein 🙂

  6. Liebe Julia,

    das Schöne an den Foodblogs ist doch die Vielschichtigkeit. Eben von Sterneküche bis Alltagsküche, von Gefasel bis Präzise, von grell bis schwarz-weiß, leise und laut ist alles vorhanden und noch mehr. Die Interessantesten sind für mich immer die Blogs die etwas Besonderes haben und da gehört deiner für mich dazu. Meistens kann ich es gar nicht so genau sagen, warum mir einer gefällt und der andere nicht. Muss ich ja auch nicht, ich kann ja einfach nur lesen.

    Mit lesendem Gruße

    Martin

  7. hey
    hab dein rezept bei „scheiße, was koche ich heute?“ gefunden.
    für wie viel personen ist denn das gericht gedacht?

    1. Hallo Kerstin, ich habe das alleine gegessen, bin aber auch ein guter Esser. Mit der anderthalbfachen Menge reicht es sicher für 2. Schön, dass Du den Weg zu mir gefunden hast 🙂 Viel Spaß!

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