Biergarten oder Wirtsgarten? Kleine Einführung für München-Besucher und Zug’roaste

Immer wieder gerne hört man von Besuch oder beim Besuch in anderen Städten: „Da gibt’s soooo einen schönen Biergarten!“ und findet sich plötzlich in einem Innenhof mit gedeckten Tischen und Bedienungen wieder. Kann ja wunderschön sein. Ist aber kein klassischer Biergarten.

Da derzeit viele Touristen bereits in München sind oder ihren Besuch während der Wiesn planen (am schönsten sind übrigens die goldenen Oktobertage NACH der Wiesn…), hier eine kleine Einführung zu einem heiligen Thema für Münchner: Der Biergarten.

Um einen solchen handelt es sich ausschließlich dann, wenn

– das eigene Essen (Brotzeit kann wirklich alles heißen: vom Kanten Brot mit Käse bis zu Sushi, Pizza oder kaltem Schweinsbraten. Alles ist erlaubt!) mitgebracht werden darf

– der Boden nicht zementiert oder gepflastert ist sondern aus Kieseln, Erde, Schotter usw. besteht

– in Selbstbedienung an der Schänke das Bier geholt wird

– es Buden gibt, die Essen verkaufen

– ausreichend Kastanien im Biergarten stehen, die nicht nur Besuchern Schatten spenden, sondern auch früher das Bier gekühlt haben, das unter den Gärten gelagert wurde

Alles andere sind Wirtsgärten. Zu erkennen an gedeckten Tischen, Bedienungen und komischen Blicken, wenn man die eigene Brotzeit auspackt.

Der Geschichte nach haben die Münchner Brauereien ihr Bier vor Ort ausgeschenkt, da es nicht lange lagerfähig war und die Leute auch keine Möglichkeit hatten, es daheim zu kühlen. Weil aber die Bierkutscher, Handwerker und sonstige einfache Leute nicht das Geld hatten, ins Restaurant zu gehen, durften sie ihr Essen mitbringen. Erst später gingen dann die Brauereien dazu über, auch Speisen zu servieren.

Eine andere Anekdote sagt, die Bierkutscher wurden mit bis zu 10 (!) Maß am Tag entlohnt, weshalb sie sich vor Ort hinsetzen und ihre Brotzeit auspacken durften. (Die Augustiner-Brauerei gibt angeblich heute noch jedem Mitarbeiter einen Kasten pro Woche aus. Kann das jemand bestätigen?).

Jedenfalls sind den Münchnern die Biergärten heilig. Das Schönste ist allerdings, dass wirklich jeder willkommen ist und alle zusammenrücken, ins Gespräch kommen und manchmal sogar ihre Brotzeiten austauschen (unbedingt mit dem ganzen Tisch anstoßen, wenn man trinkt. Sonst gilt man gleich als unhöflich!). Wer die Stadt wirklich kennenlernen will, sollte auf die Wiesn verzichten und stattdessen in den schönen Herbsttagen noch schnell einen Biergarten aufsuchen, bevor sie wieder in ihren Dornröschenschlaf versinken (bis zum nächsten Föhn – da machen die Großen auch mal mitten im Winter spontan auf).

Hier meine 5 Favourites unter den Biergärten. Einige davon sind definitiv keine Geheimtipps, andere kennt Ihr vielleicht noch nicht… (Einer meiner schon erwähnten Lieblinge – der Biergarten aufm Viktualienmarkt – ist streng genommen auch keiner, weil der Untergrund gepflastert ist. Dafür gibt es die größte Auswahl an Schmankerl drum herum und abwechselnd das Bier der 6 Münchner Brauereien (dumm nur, wenn Löwenbräu ausgeschenkt wird :())

Platz Nr. 5:

„Spektakel“ (Hacker-Pschorr): Der vielleicht kleinste Biergarten der Welt ist in der Pfeuferstraße 32 in Sendling gelegen. Sehr versteckt und deshalb ein echter Geheimtipp. Auch wenn der Biergarten zu hat, ist die Terrasse sehr hübsch. Und im Winter muss man das Spektakel unbedingt einmal besuchen. Ihr werdet Euer blaues Wunder erleben 🙂  

Platz Nr. 4:

Hofbräukeller am Wiener Platz: Alles andere als ein Geheimtipp aber dennoch nicht zu sehr mit Touristen überlaufen (und bitte nicht mit dem Hofbräuhaus am Platzl verwechseln – dort gibt es „nur“ einen Wirtsgarten!). Die Auswahl an Speisen ist immens und auch die Händl sind gigantisch lecker. Leider sind die Bänke sehr eng gestellt. Dafür gibt’s aber auch einen Ableger vom Sausalitos und damit Cocktails!

Platz Nr. 3:

Augustinerkeller in der Arnulfstraße: Ok, jetzt wird’s langsam touristisch. Aber dafür ist es der zentralste Biergarten und sowieso einer der größten. Aber Obacht, es wird ausschließlich Augustiner Edelstoff (!) ausgeschenkt, von dem sogar mal ein Augustiner-Vertreter dem bEdW gegenüber zugeben musste: „Edelstoff macht komische Menschen!“. Manche vertragen’s einfach nicht. Und dann wird der Heimweg zur Herausforderung. Einen Platz findet man hier eigentlich immer. Allerdings sind die Preise wirklich abgeschmackt – vor allem für die Speisen. Nicht selten habe ich Leute kopfschüttelnd oder käseweiß an der Kasse stehen sehen. Also unbedingt etwas zum Essen mitbringen!

Platz Nr. 2:

Münchner Haupt (Kaltenberg Bier): Also hierzu ist ja langsam alles gesagt 🙂

Platz Nr. 1 und ewiger Sieger:

Hirschgarten (Augustiner, Tegernseer): Der mit 7000 Plätze wohl größte Biergarten Münchens, der aber dennoch immer gemütlich ist. Manchmal riecht das Wild ein bissl gegen den Wind (daher der Name) und übertüncht den Steckerlfisch-Geruch. Aber schön isses trotzdem. Der Clou: Das Bier holt man sich nicht nur selbst, man muss auch die Krüge aus einem großen Holzregal holen und noch mal am Brunnen ausspülen, bevor man zur Schänke geht. Dadurch sind die Gläser immer schön gekühlt und ohne Lippenstiftreste 🙂 Die Spare-Ribs-Sauce ist definitiv die beste, die ich je gegessen habe. Und das hausgemachte Eis macht vor allem Kinder glücklich. Hier kann man es wirklich bis in den späten Abend hinein aushalten. (Plus für Autofahrer: Das Tegernseer-Bier gibt’s auch in 0,5l-Gläsern!)

Es gibt noch ganz viele andere, wunderschöne Biergärten wie etwa den „Alten Wirt“ direkt an der Würm, das „Seehaus“ mit der größten Sonnenbrillen- und Blondinen-Dichte der Stadt, den kleinen, versteckten „Paulaner“ gegenüber vom Arbeitsamt, wo nicht selten einer mittags seinen Frust ertränkt und viele mehr.  

Eine tolle Quelle für sämtliche Münchner Biergärten und die im Umland ist übrigens „Der Biergartenführer“ aus dem Knürr-Verlag. Für 4,99 Euro (gibt’s in (fast) allen Münchner Buchhandlungen) findet man hier jeden echten (!) Biergarten beschrieben inkl. Biersorte (sehr wichtig!), Anfahrt, Radlweg, Infos zu Spielplätzen, Speisen und Besonderheiten usw. Ein toller Stadtführer der anderen Art, um auch mal Neues kennenzulernen.

Welcher Biergarten ist Euch der Liebste?

Fotos: Hirschgarten, Augustiner, Hofbräukeller, Spektakel

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  1. Soweit ich weiß, bekommen die Augustiner Mitarbeiter Pro Monat einen Kasten Bier auf’s Haus bzw. die Brauerei. Wobei ich nicht weiß, ob das noch aktuell ist.

    Die Augustiner Brauerei in der Landsberger Str. ist übrigens empfehelnswert. Hier kann man sehr leckeren Schweinebraten essen und leckeres Bier dazu trinken. In der Bierhalle in sehr geselliger Atmosphäre. Übrigens auch ein guter Tipp, wenn man Geburtstag feiern will ohne danach vollkommen verarmt zu sein. Man kann seinen Freunden einige Edelstoff spendieren. 😉

    So, und jetzt endlich zur Frage: mein Lieblingsbiergarten ist der Taxisgarten. Sehr schöner, kleiner Biergarten mit leckeren Spareribs 🙂 und sehr leckeren Kartoffelspalten mit Avocadodip. Wobei ich manchmal aufgrund der Erreichbarkeit Abstriche mache und wir uns dann meist zentral (mit Brotzeit) im Augustiner treffen.

  2. Und lecker ist heute definitv mein Lieblingswort 😉

  3. Also 1 Kasten im Monat klingt ja auch schon realistischer als 1 Kasten in der Woche 🙂 Und der in der Landsberger (leider ohne Biergarten) ist echt super. Während der Wiesn stehen hier die Bierkutschen-Pferde im anschließenden Stall. Das sind Wahnsinns-Rösser. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist super dort. Aber ein bisschen laut manchmal zum Unterhalten. Hoffentlich wird der Herbst schön, dann können noch ein paar Biergärten ausprobiert (steckt auch das Wort Bier drin!) werden 🙂

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