Chicken Tikka Masala oder: Kleine Philosophie über das Kochen

 

Manchmal habe ich keine Zeit zu kochen, manchmal habe ich keine Lust dazu, manchmal schon und manchmal freue ich mich richtig drauf! Samstag war so ein Tag. Ich war HEISS auf’s Kochen, darauf stundenlang in der Küche zu stehen und ganz viele Sachen zuzubereiten. Das Beste für so einen Koch-Flash ist – Ihr ahnt es schon – die indische Küche. Hier geht’s nämlich nicht nur um Hauptgericht und Beilage, sondern um viele Beilagen, Relishs, Chutneys usw. Perfekt für den Koch-Flash!

Und als ich dann so über dem Mörser hing und Gewürze gemörsert habe, musste ich daran denken, was für ein Privileg es ist, kochen zu können, wenn man wirklich Lust dazu hat. Aber nicht kochen zu müssen. (Wer jetzt endlich über das Chicken Tikka mehr erfahren will, sollte besser runter scrollen. Beim Mörsern werde ich immer etwas philosophisch!) Anders als unsere Mütter oder Großmütter müssen die wenigsten Frauen meiner Generation jeden Tag eine warme Mahlzeit auf den Tisch bringen und quängelige Esser zufriedenstellen. Stattdessen können wir uns aussuchen, ob wir kochen wollen oder nicht. Ob wir es lieber unseren Partnern überlassen (auch wenn meine Oma heute noch den Kopf darüber schüttelt, dass mein Mann kocht. Sie bedauert ihn dann immer, weil sie denkt, er tue das, weil ich ihm nichts koche…), mal mit einem belegten Brot zufrieden sind oder auch einfach mal zum Vietnamesen gegenüber gehen.

Dadurch ist das Kochen für uns eben nicht mehr ungeliebte Hausfrauenpflicht sondern im besten Fall Hobby, Ausgleich zum Job, Kreativ-Schub etc. Und es stehen uns alle Küchen der Welt offen. In einer Großstadt gibt es kaum Zutaten, die es nicht irgendwo zu kaufen oder zumindest zu bestellen gibt.

Gleichzeitig fangen wir aber an, uns auf unsere Wurzeln zu besinnen. Kartoffelsuppe, Schweinsbraten oder Zwetschgenmus erscheinen uns plötzlich himmlisch, weil es uns in unsere Kindheit versetzt und weil es nach all den exotischen Genüssen, so einfach und so gut schmeckt. Ich wünsche mir manchmal, ich könnte bestimmte Gerichte noch mal „zum ersten Mal“ schmecken. Zum Beispiel Sushi. Ich war wie elektrisiert, dass sowas „Ekliges“ wie roher Fisch so unglaublich phantastisch schmecken konnte und so überhaupt nicht eklig war. Heute gibt es Sushi in jedem Supermarkt und ist als Fast Food fast so beliebt wie Currywurst und Pommes. Nach geschätzten 1000 Mal Sushi würde ich viel dafür geben noch mal das erste Sushi meines Lebens zu schmecken.

Ok, ich bin etwas abgeschweift. Das passiert schon mal, wenn ich über dem Mörser hänge und meine Gewürze mahle. Es gibt in modernen Küchen keine archaischere Tätigkeit. Vielleicht kommt man deshalb manchmal etwas ins Philosophieren? Vielleicht hat ja einst eine kluge Frau in Fell gewickelt und Urkorn mahlend das Rad erfunden 😉

Aber jetzt endlich zum Chicken Tikka! Also: Es heißt ja ständig, das sei kein indisches Gericht, sondern von Engländern entwickelt. Ähnlich wie es keinen Döner in der Türkei gibt. Aber alleine die Zutaten sind schon sehr indisch. Und schmecken tut’s auch. Also: Who cares? Allerdings gibt es so viele unterschiedliche Rezepte. Ich habe mir aus mindestens 4-5 verschiedenen mein eigenes Rezept zusammengestellt. Here we go!

Zutaten:

500 gr Hühnerbrust (reicht für 4 Esser)

2 Dosen Tomaten

500 gr Naturjoghurt (ich nehme 1,5% oder fetter)

Ghee (geklärte Butter – ersatzweise Pflanzenöl)

Sahne oder Sahneersatz

1 große Zwiebel – gehackt

2 Zehen Knoblauch – gehackt

1 grüne Chilischote – in feine Ringe geschnitten

1 Stück Ingwer – geschält und gehackt

Folgende Gewürze gemahlen:

1 Stück Zimt

4 TL Cumin (Kreuzkümmel)

2 TL schwarzer Pfeffer

1 TL Paprika

3 TL Chilipulver (oder weniger, wenn man es nicht so scharf möchte)

2 TL Koriander

Salz, Zucker

2 TL Zitronensaft

Garam Masala

Und so geht’s: Hühnchen abwaschen, trockentupfen und in mundgerechte, nicht zu kleine Brocken schneiden. Die Hälfte des Joghurts mit dem Zitronensaft, 2 TL vom Cumin, 2 TL des Chilipulvers, dem schwarzen Pfeffer, Zimt, 1 TL Salz und dem Ingwer mischen. Hühnchenbrocken mit der Joghurt-Sauce marinieren. Am besten mindestens 2 Stunden oder auch über Nacht.

Während das Hühnchen mariniert, hat man Zeit, sich um die „Beilagen“ zu kümmern. Bei uns gab es diesmal wieder Gurken-Raita. Außerdem indischen Möhrensalat, den Anne vom Blog Vitamin A bis Z auf www.eatsmarter.de entdeckt hat, sowie ein Tomaten Relish und (gekauftes) Riesling-Chutney vom Weingut Wehrhof, die nicht nur gutes Chutney machen ;-). Für das Relish zwei Hand voll Cocktailtomaten vierteln, entkernen und klein hacken. Korianderblätter hacken, grüne Chilischote klitzeklein hacken, mit etwas Limettensaft, Cumin, Salz und einer Prise Zucker würzen und gut durchziehen lassen. Außerdem gab es noch Naan-Brot, das ich ehrlich gesagt nicht selber mache. Ich bin einfach nicht gut im Backen und finde, dass der Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis steht. Naan-Brot gibt es zum Aufbacken im Supermarkt oder Asia-Laden. Also zugreifen und am besten immer im Haus haben. Ist super zu Dips, Gegrilltem, Salaten und natürlich jedem indischen Gericht.

Wenn man die Beilagen fertig und sich zwischendrin vielleicht eine Tasse Kaffe gegönnt hat, kann man mit dem fertig marinierten Hühnchen weitermachen:

Die Hühnerstücke aus der Marinade nehmen (es darf ruhig noch ordentlich Joghurt am Fleisch hängen bleiben) und auf vorher gewässerte Holzspieße stecken. Das Ganze dann im vorgewärmten Ofen auf der obersten Schiene unterm Grill ca. 8 Minuten garen lassen. Dadurch sickert die Marinade schön ins Fleisch, das ganz zart bleibt und einen leckeren Grillgeschmack bekommt.

Dann das abgekühlte Hühnchen von den Spießen schieben und zur Seite stellen (das riecht schon soooo lecker und kann auch jetzt schon mit etwas Brot und Salat gegessen werden, wenn es mal schnell gehen muss). In einer Schmorpfanne Ghee schmelzen und darin Knobi, Zwiebeln und einen Großteil der grünen Chiliringe anschmoren. Mit dem Koriander, dem restlichen Cumin, Paprikapulzer und Salz würzen, bis die Gewürze schön angeröstet sind. Dann die Tomaten zugeben und rund 15 Minuten einkochen lassen (in dieser Zeit schon mal den Reis aufsetzen und das Brot in den Ofen schieben). Die Sauce sollte nicht zu flüssig sein. Wenn das doch der Fall ist: Hitze hochdrehen und weiter reduzieren lassen oder eine rohe Kartoffel reinreiben.

Jetzt die Hitze runter drehen, bis die Sauce nicht mehr kocht. Jetzt etwas Sahne und den restlichen Joghurt zugeben. Dafür ist es wichtig, dass die Sauce nicht mehr zu heiß ist, sonst flockt der Joghurt. Das macht zwar für den Geschmack nichts, sieht aber nicht so schön aus. Je fetter der Joghurt, desto cremiger wird die Sauce. Aber das ist natürlich auch eine Frage des Geschmacks. Ich versuche immer unnötiges Fett zu vermeiden.

Zum Schluss das Hühnchen dazu geben und noch mal heiß ziehen lassen (aber nicht kochen!). Ganz am Ende mit Zucker, Salz und Garam Masala final würzen. Auch das GM sollte nicht kochen, damit es nicht bitter wird.

Jetzt alles (Chicken Tikka, Reis, Raita, Möhrensalat, Tomatenrelish, Brot) in die Mitte des Tischs stellen und sich wie ein Maharadscha fühlen. Am besten geht das mit Thali-Geschirr, das man aus indischen Restaurants kennt: unzählige Metallschüsselchen in unterschiedlichen Größen. Geht aber natürlich auch in ganz normalen Schälchen…

Dazu passt übrigens einfach kein Wein. Wir haben’s ausprobiert und noch keinen entdeckt, der mit all den Gewürzen, der Schärfe, dem Joghurt usw. mithalten kann. Wer einen Tipp hat, darf sich gerne melden. Ich wollte heute nach 4 (!) Stunden in der Küche einfach nur noch ein kühles, herbes Bier. Prost!

Kleine Warnung: Die Küche sieht nach so einer Aktion wirklich aus wie ein Schlachtfeld. Die 5. Stunde ging dann für’s Spülen und Aufräumen drauf. Aber der bEdW (=beste Ehemann der Welt) hat dann den Boden aufgewischt, während ich glücklich, satt und schnurrend wie ein indischer Tiger auf die Couch gesunken bin und eine DVD eingelegt habe (lustigerweise den Food-Blogger-Film Julia & Julie mit der unbeschreiblich göttlichen Meryl Streep). Apropos: Steffi vom Ohhh…Mhhh Foodblog hat einen unglaublichen Schoko-Kuchen nach Julia Child-Rezept gebacken. Das Ding ist der Hammer! (Ich rede vom Kuchen. Aber auch das Blog ist eines meiner Lieblingsseiten im Web und immer einen Besuch wert!)

Kommt Ihr beim Kochen auch manchmal ins Philosophieren? Gibt es noch andere meditative Tätigkeiten in der Küche außer dem Mörsern? Und was war Euer letzter Koch-Flash? Lasst es mich wissen. Ich freue mich drauf.

Chicken Tikka Masala Rezept.
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